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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Dantzen und Bällen.
dantzet gemeiniglich an Sonn- und Fest-Tägen,
die doch nicht zu den Lustbarkeiten der Welt, son-
dern zur Heiligung, zur Betrachtung des Wortes
GOttes, und seiner mancherley geistlichen und leib-
lichen Wohlthaten, die er uns erzeiget, zur Abstat-
tung Christlicher Liebes-Dienste, die man seinem
Nächsten schuldig ist, und zu einer GOtt gefälligen
Ruhe des Leibes und Gemüthes gewiedmet seyn
sollen, man schadet offters der Gesundheit durch
eine allzuhefftige Bewegung, man sieht das Dan-
tzen an, nicht als eine Abwechselung oder Verän-
derung, die man sich bißweilen damit machen kön-
te, sondern als eine stetswährende Lustbarkeit, die
man lieber alle Tage, wenn man nur stets Zeit und
Gelegenheit darzu hätte, auszuüben wünschet, man
will entweder dem andern Geschlecht dabey gefal-
len, oder sich sonst sehen lassen, man redet viel unnü-
tze Worte dabey, da man sich über seine Mitdäntzer,
die es ihren Gedancken nach, nicht so gut machen,
auf eine spöttische Weise aufhält, man erweckt
durch mancherley heßliche und einen Christen un-
anständige Geberden bey sich, bey seinen Mit-
däntzern und bey den Zuschauern mancherley un-
keusche Begierden.

§. 4. Nachdem nun so viel Greuel und Sün-
den bey dem Dantzen vorfallen, und die wenigsten
sich dabey zu mäßigen wissen, so thun Lehrer und
Prediger überaus wohl, daß sie in ihren Schriff-
ten und Predigten die Zuhörer davon abrathen so
viel als möglich. Sehen wir uns in den alten und

einen
G g 3

Vom Dantzen und Baͤllen.
dantzet gemeiniglich an Sonn- und Feſt-Taͤgen,
die doch nicht zu den Luſtbarkeiten der Welt, ſon-
dern zur Heiligung, zur Betrachtung des Wortes
GOttes, und ſeiner mancherley geiſtlichen und leib-
lichen Wohlthaten, die er uns erzeiget, zur Abſtat-
tung Chriſtlicher Liebes-Dienſte, die man ſeinem
Naͤchſten ſchuldig iſt, und zu einer GOtt gefaͤlligen
Ruhe des Leibes und Gemuͤthes gewiedmet ſeyn
ſollen, man ſchadet offters der Geſundheit durch
eine allzuhefftige Bewegung, man ſieht das Dan-
tzen an, nicht als eine Abwechſelung oder Veraͤn-
derung, die man ſich bißweilen damit machen koͤn-
te, ſondern als eine ſtetswaͤhrende Luſtbarkeit, die
man lieber alle Tage, wenn man nur ſtets Zeit und
Gelegenheit darzu haͤtte, auszuuͤben wuͤnſchet, man
will entweder dem andern Geſchlecht dabey gefal-
len, oder ſich ſonſt ſehen laſſen, man redet viel unnuͤ-
tze Worte dabey, da man ſich uͤber ſeine Mitdaͤntzer,
die es ihren Gedancken nach, nicht ſo gut machen,
auf eine ſpoͤttiſche Weiſe aufhaͤlt, man erweckt
durch mancherley heßliche und einen Chriſten un-
anſtaͤndige Geberden bey ſich, bey ſeinen Mit-
daͤntzern und bey den Zuſchauern mancherley un-
keuſche Begierden.

§. 4. Nachdem nun ſo viel Greuel und Suͤn-
den bey dem Dantzen vorfallen, und die wenigſten
ſich dabey zu maͤßigen wiſſen, ſo thun Lehrer und
Prediger uͤberaus wohl, daß ſie in ihren Schriff-
ten und Predigten die Zuhoͤrer davon abrathen ſo
viel als moͤglich. Sehen wir uns in den alten und

einen
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[469/0489] Vom Dantzen und Baͤllen. dantzet gemeiniglich an Sonn- und Feſt-Taͤgen, die doch nicht zu den Luſtbarkeiten der Welt, ſon- dern zur Heiligung, zur Betrachtung des Wortes GOttes, und ſeiner mancherley geiſtlichen und leib- lichen Wohlthaten, die er uns erzeiget, zur Abſtat- tung Chriſtlicher Liebes-Dienſte, die man ſeinem Naͤchſten ſchuldig iſt, und zu einer GOtt gefaͤlligen Ruhe des Leibes und Gemuͤthes gewiedmet ſeyn ſollen, man ſchadet offters der Geſundheit durch eine allzuhefftige Bewegung, man ſieht das Dan- tzen an, nicht als eine Abwechſelung oder Veraͤn- derung, die man ſich bißweilen damit machen koͤn- te, ſondern als eine ſtetswaͤhrende Luſtbarkeit, die man lieber alle Tage, wenn man nur ſtets Zeit und Gelegenheit darzu haͤtte, auszuuͤben wuͤnſchet, man will entweder dem andern Geſchlecht dabey gefal- len, oder ſich ſonſt ſehen laſſen, man redet viel unnuͤ- tze Worte dabey, da man ſich uͤber ſeine Mitdaͤntzer, die es ihren Gedancken nach, nicht ſo gut machen, auf eine ſpoͤttiſche Weiſe aufhaͤlt, man erweckt durch mancherley heßliche und einen Chriſten un- anſtaͤndige Geberden bey ſich, bey ſeinen Mit- daͤntzern und bey den Zuſchauern mancherley un- keuſche Begierden. §. 4. Nachdem nun ſo viel Greuel und Suͤn- den bey dem Dantzen vorfallen, und die wenigſten ſich dabey zu maͤßigen wiſſen, ſo thun Lehrer und Prediger uͤberaus wohl, daß ſie in ihren Schriff- ten und Predigten die Zuhoͤrer davon abrathen ſo viel als moͤglich. Sehen wir uns in den alten und einen G g 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 469. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/489>, abgerufen am 22.11.2024.