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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. X. Capitul.
Versammlungen geschehen eben zu der Zeit des
Schreckens und der Finsterniß, da der Geist der
Finsterniß herrschet, sie anordnet, und da ihm alles
gehorchet. Hierbey versammlen sich alle Laster,
die Verschwendung erscheinet in ihrer gantzen
Pracht, da gläntzet die gefährliche Schönheit, da
herrscht der Hochmuth, da geschehen lasterhaffte
Zusammenfindungen, da fängt die Hurerey an, da
entstehet Ehebruch, da finden Jungfrauen ihrer
Keuschheit sehr gefährliche Fallstricke, die meisten
Personen, welche dahin gehen, haben alle ein zum
Laster eingerichtetes Hertz. Das Mannsvolck
sucht daselbst zu versuchen, und das Frauenzimmer
folgt ohne Widerstand, weil sie ohnedem zu solcher
Verführung geneigt sind, es ist alles ihren bösen
Willen gönstig. Die Finsterniß, die Verstrickun-
gen, die Masquen, unter welchen man sich verbirgt,
geben offt schändliche Freyheiten, und machen, daß
man gar leicht einander die Mittel alle Arten der
Schande zu begehen, an die Hand geben kan.
Jch habe wider diese Stelle nichts zu erinnern, als
daß der Autor, was er von allen sagt, dieses von den
meisten hätte sollen urtheilen.

§. 3. Meines Erachtens bestehet die sündliche
Unordnung, so gröstentheils bey allerhand Art des
Dantzens vorzukommen pflegt, in folgenden: Man
treibt Ubermaß dabey in Ansehung der Zeit, man
höret nicht zu rechter Zeit auf, die Nacht, die
doch von GOtt zur Ruhe erschaffen, wird bey die-
ser Uppigkeit gar öffters in Tag verwandelt, man

dantzet

II. Theil. X. Capitul.
Verſammlungen geſchehen eben zu der Zeit des
Schreckens und der Finſterniß, da der Geiſt der
Finſterniß herrſchet, ſie anordnet, und da ihm alles
gehorchet. Hierbey verſammlen ſich alle Laſter,
die Verſchwendung erſcheinet in ihrer gantzen
Pracht, da glaͤntzet die gefaͤhrliche Schoͤnheit, da
herrſcht der Hochmuth, da geſchehen laſterhaffte
Zuſammenfindungen, da faͤngt die Hurerey an, da
entſtehet Ehebruch, da finden Jungfrauen ihrer
Keuſchheit ſehr gefaͤhrliche Fallſtricke, die meiſten
Perſonen, welche dahin gehen, haben alle ein zum
Laſter eingerichtetes Hertz. Das Mannsvolck
ſucht daſelbſt zu verſuchen, und das Frauenzimmer
folgt ohne Widerſtand, weil ſie ohnedem zu ſolcher
Verfuͤhrung geneigt ſind, es iſt alles ihren boͤſen
Willen goͤnſtig. Die Finſterniß, die Verſtrickun-
gen, die Masquen, unter welchen man ſich verbirgt,
geben offt ſchaͤndliche Freyheiten, und machen, daß
man gar leicht einander die Mittel alle Arten der
Schande zu begehen, an die Hand geben kan.
Jch habe wider dieſe Stelle nichts zu erinnern, als
daß der Autor, was er von allen ſagt, dieſes von den
meiſten haͤtte ſollen urtheilen.

§. 3. Meines Erachtens beſtehet die ſuͤndliche
Unordnung, ſo groͤſtentheils bey allerhand Art des
Dantzens vorzukommen pflegt, in folgenden: Man
treibt Ubermaß dabey in Anſehung der Zeit, man
hoͤret nicht zu rechter Zeit auf, die Nacht, die
doch von GOtt zur Ruhe erſchaffen, wird bey die-
ſer Uppigkeit gar oͤffters in Tag verwandelt, man

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[468/0488] II. Theil. X. Capitul. Verſammlungen geſchehen eben zu der Zeit des Schreckens und der Finſterniß, da der Geiſt der Finſterniß herrſchet, ſie anordnet, und da ihm alles gehorchet. Hierbey verſammlen ſich alle Laſter, die Verſchwendung erſcheinet in ihrer gantzen Pracht, da glaͤntzet die gefaͤhrliche Schoͤnheit, da herrſcht der Hochmuth, da geſchehen laſterhaffte Zuſammenfindungen, da faͤngt die Hurerey an, da entſtehet Ehebruch, da finden Jungfrauen ihrer Keuſchheit ſehr gefaͤhrliche Fallſtricke, die meiſten Perſonen, welche dahin gehen, haben alle ein zum Laſter eingerichtetes Hertz. Das Mannsvolck ſucht daſelbſt zu verſuchen, und das Frauenzimmer folgt ohne Widerſtand, weil ſie ohnedem zu ſolcher Verfuͤhrung geneigt ſind, es iſt alles ihren boͤſen Willen goͤnſtig. Die Finſterniß, die Verſtrickun- gen, die Masquen, unter welchen man ſich verbirgt, geben offt ſchaͤndliche Freyheiten, und machen, daß man gar leicht einander die Mittel alle Arten der Schande zu begehen, an die Hand geben kan. Jch habe wider dieſe Stelle nichts zu erinnern, als daß der Autor, was er von allen ſagt, dieſes von den meiſten haͤtte ſollen urtheilen. §. 3. Meines Erachtens beſtehet die ſuͤndliche Unordnung, ſo groͤſtentheils bey allerhand Art des Dantzens vorzukommen pflegt, in folgenden: Man treibt Ubermaß dabey in Anſehung der Zeit, man hoͤret nicht zu rechter Zeit auf, die Nacht, die doch von GOtt zur Ruhe erſchaffen, wird bey die- ſer Uppigkeit gar oͤffters in Tag verwandelt, man dantzet

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 468. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/488>, abgerufen am 22.11.2024.