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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Dantzen und Bällen.
ohne die nöthige Einschränckung, das Dantzen, und
noch dazu das Sontags-Dantzen in öffentlichen
Schrifften vertheidiget, die Grentzen der Zuläßig-
keit nach der Vorschrifft des göttlichen Wortes
nicht genau bestimmt, und dadurch die gottlose
Welt bey ihrem sündlichen Dantzen noch weit
mehr verstärckt. Noch andere aber haben auf ei-
ne vernünfftige und einen Gottesgelehrten anstän-
dige Weise den Mißbrauch von dem Gebrauch
wohl abgesondert, alles was bey dem weltlichen
Dantzen vorkommt, geprüft, das sündliche Wesen,
so sich gar leicht damit einflechten kan, angezeigt
und verworffen, und das wenige Gute, als zuläßig
erkandt und behalten.

§. 2. Wenn ich das Dantzen, wie es heutiges
Tages, theils unter den Hohen auf ihren so ge-
nandten Bällen, theils unter den Adelichen und
Bürgerlichen, auf ihren mancherley Zusammen-
künfften, theils unter dem Pöbel, in den Schen-
cken, und auf denen Dantz-Plähnen gebräuchlich
ist, in einige genaue moralische Betrachtung ziehe,
so muß ich bekennen, daß ich mehr Mißbrauch als
Gebrauch dabey antreffe, und daß die meisten
Menschen sich dessen als einer solchen Ergötzlich-
keit, die durch sie sündlich und unzuläßig wird, be-
dienen. Es ist allerdings der Wahrheit gemäß,
was der Autor der Pflicht und Schuldigkeit, wel-
che man in seinem Haußwesen zu beobachten hat,
p. 270. von vielen Bällen der Hohen schreibet:
Die Bälle der Hohen, oder die schnöden Dantz-

Ver-
G g 2

Vom Dantzen und Baͤllen.
ohne die noͤthige Einſchraͤnckung, das Dantzen, und
noch dazu das Sontags-Dantzen in oͤffentlichen
Schrifften vertheidiget, die Grentzen der Zulaͤßig-
keit nach der Vorſchrifft des goͤttlichen Wortes
nicht genau beſtimmt, und dadurch die gottloſe
Welt bey ihrem ſuͤndlichen Dantzen noch weit
mehr verſtaͤrckt. Noch andere aber haben auf ei-
ne vernuͤnfftige und einen Gottesgelehrten anſtaͤn-
dige Weiſe den Mißbrauch von dem Gebrauch
wohl abgeſondert, alles was bey dem weltlichen
Dantzen vorkommt, gepruͤft, das ſuͤndliche Weſen,
ſo ſich gar leicht damit einflechten kan, angezeigt
und verworffen, und das wenige Gute, als zulaͤßig
erkandt und behalten.

§. 2. Wenn ich das Dantzen, wie es heutiges
Tages, theils unter den Hohen auf ihren ſo ge-
nandten Baͤllen, theils unter den Adelichen und
Buͤrgerlichen, auf ihren mancherley Zuſammen-
kuͤnfften, theils unter dem Poͤbel, in den Schen-
cken, und auf denen Dantz-Plaͤhnen gebraͤuchlich
iſt, in einige genaue moraliſche Betrachtung ziehe,
ſo muß ich bekennen, daß ich mehr Mißbrauch als
Gebrauch dabey antreffe, und daß die meiſten
Menſchen ſich deſſen als einer ſolchen Ergoͤtzlich-
keit, die durch ſie ſuͤndlich und unzulaͤßig wird, be-
dienen. Es iſt allerdings der Wahrheit gemaͤß,
was der Autor der Pflicht und Schuldigkeit, wel-
che man in ſeinem Haußweſen zu beobachten hat,
p. 270. von vielen Baͤllen der Hohen ſchreibet:
Die Baͤlle der Hohen, oder die ſchnoͤden Dantz-

Ver-
G g 2
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[467/0487] Vom Dantzen und Baͤllen. ohne die noͤthige Einſchraͤnckung, das Dantzen, und noch dazu das Sontags-Dantzen in oͤffentlichen Schrifften vertheidiget, die Grentzen der Zulaͤßig- keit nach der Vorſchrifft des goͤttlichen Wortes nicht genau beſtimmt, und dadurch die gottloſe Welt bey ihrem ſuͤndlichen Dantzen noch weit mehr verſtaͤrckt. Noch andere aber haben auf ei- ne vernuͤnfftige und einen Gottesgelehrten anſtaͤn- dige Weiſe den Mißbrauch von dem Gebrauch wohl abgeſondert, alles was bey dem weltlichen Dantzen vorkommt, gepruͤft, das ſuͤndliche Weſen, ſo ſich gar leicht damit einflechten kan, angezeigt und verworffen, und das wenige Gute, als zulaͤßig erkandt und behalten. §. 2. Wenn ich das Dantzen, wie es heutiges Tages, theils unter den Hohen auf ihren ſo ge- nandten Baͤllen, theils unter den Adelichen und Buͤrgerlichen, auf ihren mancherley Zuſammen- kuͤnfften, theils unter dem Poͤbel, in den Schen- cken, und auf denen Dantz-Plaͤhnen gebraͤuchlich iſt, in einige genaue moraliſche Betrachtung ziehe, ſo muß ich bekennen, daß ich mehr Mißbrauch als Gebrauch dabey antreffe, und daß die meiſten Menſchen ſich deſſen als einer ſolchen Ergoͤtzlich- keit, die durch ſie ſuͤndlich und unzulaͤßig wird, be- dienen. Es iſt allerdings der Wahrheit gemaͤß, was der Autor der Pflicht und Schuldigkeit, wel- che man in ſeinem Haußweſen zu beobachten hat, p. 270. von vielen Baͤllen der Hohen ſchreibet: Die Baͤlle der Hohen, oder die ſchnoͤden Dantz- Ver- G g 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 467. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/487>, abgerufen am 22.11.2024.