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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Tractiren und denen Gastereyen.
Caffe-Trinckens enthalten, werden sie desto länger
ohne Beschwerlichkeit über der Tafel können sitzen
bleiben.

§. 59. Einige begehen darinnen einen besondern
Fehler, daß sie bey dem vornehmen Ministre, mit
dem sie die Ehre gehabt zu speisen, so viel Conte-
stationes
machen, daß er sich so grosse Ungelegen-
heit gemacht, und ihm wegen dieser vermuthlichen
Ungelegenheit viel Complimens vorsagen; das-
jenige welches sie oder ihres gleichen incommo-
di
rt haben würde, incommodirt eben nicht diesen
Ministre, was sie vor extraordinair ansehen, ist
vielleicht sein ordinair, und wenn er auch die Mahl-
zeit auf das propreste angestellt, und es an nichts
fehlen lassen, ist es doch nicht um ihrenthalber ge-
schehen, sondern um der vornehmen Gäste, die er
zu sich gebeten. So machen auch einige junge
Leute, denen die Gast-Gebotherar sind, offt allzu-
viel Ceremonien bey dem Dancksagungs-Com-
pliment,
daß ein Wirth bißweilen gantz scham-
roth hierüber wird; Sie dancken vor eine Mahl-
zeit, als ob ihnen die gröste Wohlthat von der Welt
hiedurch wäre erzeiget worden. Es ist aber eben
so pedantisch auf eine allzu ceremonieuse Weise
zu dancken, als es unhöflich ist, einem andern vor
die uns erzeigte Höflichkeit gar nicht zu dancken.

§. 60. Es ist ein gar gewöhnlich Formulgen,
daß die Gäste nach geendigter Gasterey sich ver-
lauten lassen, sie wolten sich wieder revengiren, es
ist aber auch in der That ein gar gemeines Com-

pliment,
G g

Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
Caffe-Trinckens enthalten, werden ſie deſto laͤnger
ohne Beſchwerlichkeit uͤber der Tafel koͤnnen ſitzen
bleiben.

§. 59. Einige begehen darinnen einen beſondern
Fehler, daß ſie bey dem vornehmen Miniſtre, mit
dem ſie die Ehre gehabt zu ſpeiſen, ſo viel Conte-
ſtationes
machen, daß er ſich ſo groſſe Ungelegen-
heit gemacht, und ihm wegen dieſer vermuthlichen
Ungelegenheit viel Complimens vorſagen; das-
jenige welches ſie oder ihres gleichen incommo-
di
rt haben wuͤrde, incommodirt eben nicht dieſen
Miniſtre, was ſie vor extraordinair anſehen, iſt
vielleicht ſein ordinair, und wenn er auch die Mahl-
zeit auf das propreſte angeſtellt, und es an nichts
fehlen laſſen, iſt es doch nicht um ihrenthalber ge-
ſchehen, ſondern um der vornehmen Gaͤſte, die er
zu ſich gebeten. So machen auch einige junge
Leute, denen die Gaſt-Gebotherar ſind, offt allzu-
viel Ceremonien bey dem Danckſagungs-Com-
pliment,
daß ein Wirth bißweilen gantz ſcham-
roth hieruͤber wird; Sie dancken vor eine Mahl-
zeit, als ob ihnen die groͤſte Wohlthat von der Welt
hiedurch waͤre erzeiget worden. Es iſt aber eben
ſo pedantiſch auf eine allzu ceremonieuſe Weiſe
zu dancken, als es unhoͤflich iſt, einem andern vor
die uns erzeigte Hoͤflichkeit gar nicht zu dancken.

§. 60. Es iſt ein gar gewoͤhnlich Formulgen,
daß die Gaͤſte nach geendigter Gaſterey ſich ver-
lauten laſſen, ſie wolten ſich wieder revengiren, es
iſt aber auch in der That ein gar gemeines Com-

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[465/0485] Vom Tractiren und denen Gaſtereyen. Caffe-Trinckens enthalten, werden ſie deſto laͤnger ohne Beſchwerlichkeit uͤber der Tafel koͤnnen ſitzen bleiben. §. 59. Einige begehen darinnen einen beſondern Fehler, daß ſie bey dem vornehmen Miniſtre, mit dem ſie die Ehre gehabt zu ſpeiſen, ſo viel Conte- ſtationes machen, daß er ſich ſo groſſe Ungelegen- heit gemacht, und ihm wegen dieſer vermuthlichen Ungelegenheit viel Complimens vorſagen; das- jenige welches ſie oder ihres gleichen incommo- dirt haben wuͤrde, incommodirt eben nicht dieſen Miniſtre, was ſie vor extraordinair anſehen, iſt vielleicht ſein ordinair, und wenn er auch die Mahl- zeit auf das propreſte angeſtellt, und es an nichts fehlen laſſen, iſt es doch nicht um ihrenthalber ge- ſchehen, ſondern um der vornehmen Gaͤſte, die er zu ſich gebeten. So machen auch einige junge Leute, denen die Gaſt-Gebotherar ſind, offt allzu- viel Ceremonien bey dem Danckſagungs-Com- pliment, daß ein Wirth bißweilen gantz ſcham- roth hieruͤber wird; Sie dancken vor eine Mahl- zeit, als ob ihnen die groͤſte Wohlthat von der Welt hiedurch waͤre erzeiget worden. Es iſt aber eben ſo pedantiſch auf eine allzu ceremonieuſe Weiſe zu dancken, als es unhoͤflich iſt, einem andern vor die uns erzeigte Hoͤflichkeit gar nicht zu dancken. §. 60. Es iſt ein gar gewoͤhnlich Formulgen, daß die Gaͤſte nach geendigter Gaſterey ſich ver- lauten laſſen, ſie wolten ſich wieder revengiren, es iſt aber auch in der That ein gar gemeines Com- pliment, G g

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 465. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/485>, abgerufen am 25.11.2024.