Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.Vom Tractiren und denen Gastereyen. ser Schimpff/ wenn man eine Gesundheit zu trin-cken abschlägt; Doch der Christ antwortet drauf: Man muß GOtt mehr gehorchen, als den Men- schen, der Welt Freundschafft ist GOttes Feind- schafft, wenn man GOttes Diener seyn will, muß man sich in die Trübsahl schicken, und ein Christ kan nicht von der Welt hoch geachtet noch geliebet werden, weil die Welt nur das ihre lieb hat. Die Welt sagt: wie soll man es denn nun machen, wenn man von einem großen Herrn zum Trunck genöthiget wird? Der Christ antwortet: man soll sich entschuldigen, und um Vershchohnung bitten; Die Welt, wenn aber kein Bitten helffen will? Ein Christ, du solt den übermäßigen Trunck den- noch abschlagen; Die Welt, so komm ich bey den großen Herren in Ungnade, und werde zu nichts gebraucht; Der Christ, wenn dich ein großer Herr zu nichts braucht, so braucht dich der Allergröste HErr, der dich in der heiligen Tauffe in seine Dien- ste genommen, zu etwas wichtigern, nemlich zu Aus- übung der Gottseligkeit. Zudem ist auch nicht al- lemahl zu befürchten, was du dir einbildest. Ein vernünfftiger grosser Herr wird einen Diener, wel- chen er wegen seiner Treue und Geschicklichkeit nütz- lich gebrauchen kan, deswegen nicht alsobald ver- stossen, und mit Ungnade belohnen, weil er nicht gleich, als andere, alle Gläser ausleeret, und alle Ge- sundheiten Bescheid thut; vielmehr wird er geden- cken, daß ein mäßiger Mann zu wichtigen Geschäff- ten weit geschickter sey, als ein solcher, welcher sich in
Vom Tractiren und denen Gaſtereyen. ſer Schimpff/ wenn man eine Geſundheit zu trin-cken abſchlaͤgt; Doch der Chriſt antwortet drauf: Man muß GOtt mehr gehorchen, als den Men- ſchen, der Welt Freundſchafft iſt GOttes Feind- ſchafft, wenn man GOttes Diener ſeyn will, muß man ſich in die Truͤbſahl ſchicken, und ein Chriſt kan nicht von der Welt hoch geachtet noch geliebet werden, weil die Welt nur das ihre lieb hat. Die Welt ſagt: wie ſoll man es denn nun machen, wenn man von einem großen Herrn zum Trunck genoͤthiget wird? Der Chriſt antwortet: man ſoll ſich entſchuldigen, und um Verſhchohnung bitten; Die Welt, wenn aber kein Bitten helffen will? Ein Chriſt, du ſolt den uͤbermaͤßigen Trunck den- noch abſchlagen; Die Welt, ſo komm ich bey den großen Herren in Ungnade, und werde zu nichts gebraucht; Der Chriſt, wenn dich ein großer Herr zu nichts braucht, ſo braucht dich der Allergroͤſte HErr, der dich in der heiligen Tauffe in ſeine Dien- ſte genommen, zu etwas wichtigern, nemlich zu Aus- uͤbung der Gottſeligkeit. Zudem iſt auch nicht al- lemahl zu befuͤrchten, was du dir einbildeſt. Ein vernuͤnfftiger groſſer Herr wird einen Diener, wel- chen er wegen ſeiner Treue und Geſchicklichkeit nuͤtz- lich gebrauchen kan, deswegen nicht alſobald ver- ſtoſſen, und mit Ungnade belohnen, weil er nicht gleich, als andere, alle Glaͤſer ausleeret, und alle Ge- ſundheiten Beſcheid thut; vielmehr wird er geden- cken, daß ein maͤßiger Mann zu wichtigen Geſchaͤff- ten weit geſchickter ſey, als ein ſolcher, welcher ſich in
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Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
ſer Schimpff/ wenn man eine Geſundheit zu trin-
cken abſchlaͤgt; Doch der Chriſt antwortet drauf:
Man muß GOtt mehr gehorchen, als den Men-
ſchen, der Welt Freundſchafft iſt GOttes Feind-
ſchafft, wenn man GOttes Diener ſeyn will, muß
man ſich in die Truͤbſahl ſchicken, und ein Chriſt
kan nicht von der Welt hoch geachtet noch geliebet
werden, weil die Welt nur das ihre lieb hat. Die
Welt ſagt: wie ſoll man es denn nun machen,
wenn man von einem großen Herrn zum Trunck
genoͤthiget wird? Der Chriſt antwortet: man
ſoll ſich entſchuldigen, und um Verſhchohnung bitten;
Die Welt, wenn aber kein Bitten helffen will?
Ein Chriſt, du ſolt den uͤbermaͤßigen Trunck den-
noch abſchlagen; Die Welt, ſo komm ich bey den
großen Herren in Ungnade, und werde zu nichts
gebraucht; Der Chriſt, wenn dich ein großer Herr
zu nichts braucht, ſo braucht dich der Allergroͤſte
HErr, der dich in der heiligen Tauffe in ſeine Dien-
ſte genommen, zu etwas wichtigern, nemlich zu Aus-
uͤbung der Gottſeligkeit. Zudem iſt auch nicht al-
lemahl zu befuͤrchten, was du dir einbildeſt. Ein
vernuͤnfftiger groſſer Herr wird einen Diener, wel-
chen er wegen ſeiner Treue und Geſchicklichkeit nuͤtz-
lich gebrauchen kan, deswegen nicht alſobald ver-
ſtoſſen, und mit Ungnade belohnen, weil er nicht
gleich, als andere, alle Glaͤſer ausleeret, und alle Ge-
ſundheiten Beſcheid thut; vielmehr wird er geden-
cken, daß ein maͤßiger Mann zu wichtigen Geſchaͤff-
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