Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.II. Theil. IX. Capitul. zumahl denjenigen, die von dem Trunck Liebhabersind, einen Rausch zubringen müste. Doch diese wissen und bedencken nicht, daß man auf GOtt und auf die Vorschrifft der Vernunfft mehr zu sehen habe, als auf die Satzungen der Welt, die Satan zur Mode gemacht. Man trincke nach Appetit, so viel als das Christenthum und die Gesundheit zuläst, und gönne seinen Gästen eine gleichmäßige Freyheit. Jhro Königliche Majestät in Preußen haben nach einem höchstrühmlichen Exempel Anno 1718. den 31. Martii ein sehr scharffes Edict we- gen Abstellung des Vollsauffens, publiciren las- sen; Wolten andere Potentaten hierinnen nach- folgen, so würde dieses schändliche Laster in Teutsch- land nicht mehr so herrschen, als wie es leider biß anher im Schwange gegangen. Der Autor der Einleitung zur neuesten Historie der Welt, gedenckt in dem XXVII. Stück p. 131. wie Anno 1724. aus Constantinopel verlautet, daß der Groß-Vezier mit Genehmhaltung des Sultans ein Edict zu Constantinopel publiciren lassen, vermöge dessen ein Christ daselbst, wenn er sich an gewissen Tagen betrincken würde, eine Straffe von 29. Fuß- Schlägen, in Tureto aber in solchem Fall 39. zu gewarten haben solte. §. 39. Ob nun wohl vor sehr unanständig und wenn
II. Theil. IX. Capitul. zumahl denjenigen, die von dem Trunck Liebhaberſind, einen Rauſch zubringen muͤſte. Doch dieſe wiſſen und bedencken nicht, daß man auf GOtt und auf die Vorſchrifft der Vernunfft mehr zu ſehen habe, als auf die Satzungen der Welt, die Satan zur Mode gemacht. Man trincke nach Appetit, ſo viel als das Chriſtenthum und die Geſundheit zulaͤſt, und goͤnne ſeinen Gaͤſten eine gleichmaͤßige Freyheit. Jhro Koͤnigliche Majeſtaͤt in Preußen haben nach einem hoͤchſtruͤhmlichen Exempel Anno 1718. den 31. Martii ein ſehr ſcharffes Edict we- gen Abſtellung des Vollſauffens, publiciren laſ- ſen; Wolten andere Potentaten hierinnen nach- folgen, ſo wuͤrde dieſes ſchaͤndliche Laſter in Teutſch- land nicht mehr ſo herrſchen, als wie es leider biß anher im Schwange gegangen. Der Autor der Einleitung zur neueſten Hiſtorie der Welt, gedenckt in dem XXVII. Stuͤck p. 131. wie Anno 1724. aus Conſtantinopel verlautet, daß der Groß-Vezier mit Genehmhaltung des Sultans ein Edict zu Conſtantinopel publiciren laſſen, vermoͤge deſſen ein Chriſt daſelbſt, wenn er ſich an gewiſſen Tagen betrincken wuͤrde, eine Straffe von 29. Fuß- Schlaͤgen, in Tureto aber in ſolchem Fall 39. zu gewarten haben ſolte. §. 39. Ob nun wohl vor ſehr unanſtaͤndig und wenn
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0470" n="450"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">II.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">IX.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/> zumahl denjenigen, die von dem Trunck Liebhaber<lb/> ſind, einen Rauſch zubringen muͤſte. Doch dieſe<lb/> wiſſen und bedencken nicht, daß man auf GOtt und<lb/> auf die Vorſchrifft der Vernunfft mehr zu ſehen<lb/> habe, als auf die Satzungen der Welt, die Satan<lb/> zur <hi rendition="#aq">Mode</hi> gemacht. Man trincke nach <hi rendition="#aq">Appetit,</hi><lb/> ſo viel als das Chriſtenthum und die Geſundheit<lb/> zulaͤſt, und goͤnne ſeinen Gaͤſten eine gleichmaͤßige<lb/> Freyheit. Jhro Koͤnigliche Majeſtaͤt in Preußen<lb/> haben nach einem hoͤchſtruͤhmlichen Exempel <hi rendition="#aq">Anno</hi><lb/> 1718. den 31. <hi rendition="#aq">Martii</hi> ein ſehr ſcharffes <hi rendition="#aq">Edict</hi> we-<lb/> gen Abſtellung des Vollſauffens, <hi rendition="#aq">publici</hi>ren laſ-<lb/> ſen; Wolten andere Potentaten hierinnen nach-<lb/> folgen, ſo wuͤrde dieſes ſchaͤndliche Laſter in Teutſch-<lb/> land nicht mehr ſo herrſchen, als wie es leider biß<lb/> anher im Schwange gegangen. Der <hi rendition="#aq">Autor</hi> der<lb/> Einleitung zur neueſten Hiſtorie der Welt, gedenckt<lb/> in dem <hi rendition="#aq">XXVII.</hi> Stuͤck <hi rendition="#aq">p.</hi> 131. wie <hi rendition="#aq">Anno</hi> 1724.<lb/> aus Conſtantinopel verlautet, daß der Groß-<hi rendition="#aq">Vezier</hi><lb/> mit Genehmhaltung des Sultans ein <hi rendition="#aq">Edict</hi> zu<lb/> Conſtantinopel <hi rendition="#aq">publici</hi>ren laſſen, vermoͤge deſſen<lb/> ein Chriſt daſelbſt, wenn er ſich an gewiſſen Tagen<lb/> betrincken wuͤrde, eine Straffe von 29. Fuß-<lb/> Schlaͤgen, in Tureto aber in ſolchem Fall 39. zu<lb/> gewarten haben ſolte.</p><lb/> <p>§. 39. Ob nun wohl vor ſehr unanſtaͤndig und<lb/> laſterhafft zu achten, wenn ſich ein Wirth ſelbſt be-<lb/> rauſcht, und durch mancherley Arten des noͤthigens<lb/> ſeine Gaͤſte berauſchen will, ſo iſt es doch vor et-<lb/> was gleichguͤltiges und unſchuldiges anzuſehen,<lb/> <fw place="bottom" type="catch">wenn</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [450/0470]
II. Theil. IX. Capitul.
zumahl denjenigen, die von dem Trunck Liebhaber
ſind, einen Rauſch zubringen muͤſte. Doch dieſe
wiſſen und bedencken nicht, daß man auf GOtt und
auf die Vorſchrifft der Vernunfft mehr zu ſehen
habe, als auf die Satzungen der Welt, die Satan
zur Mode gemacht. Man trincke nach Appetit,
ſo viel als das Chriſtenthum und die Geſundheit
zulaͤſt, und goͤnne ſeinen Gaͤſten eine gleichmaͤßige
Freyheit. Jhro Koͤnigliche Majeſtaͤt in Preußen
haben nach einem hoͤchſtruͤhmlichen Exempel Anno
1718. den 31. Martii ein ſehr ſcharffes Edict we-
gen Abſtellung des Vollſauffens, publiciren laſ-
ſen; Wolten andere Potentaten hierinnen nach-
folgen, ſo wuͤrde dieſes ſchaͤndliche Laſter in Teutſch-
land nicht mehr ſo herrſchen, als wie es leider biß
anher im Schwange gegangen. Der Autor der
Einleitung zur neueſten Hiſtorie der Welt, gedenckt
in dem XXVII. Stuͤck p. 131. wie Anno 1724.
aus Conſtantinopel verlautet, daß der Groß-Vezier
mit Genehmhaltung des Sultans ein Edict zu
Conſtantinopel publiciren laſſen, vermoͤge deſſen
ein Chriſt daſelbſt, wenn er ſich an gewiſſen Tagen
betrincken wuͤrde, eine Straffe von 29. Fuß-
Schlaͤgen, in Tureto aber in ſolchem Fall 39. zu
gewarten haben ſolte.
§. 39. Ob nun wohl vor ſehr unanſtaͤndig und
laſterhafft zu achten, wenn ſich ein Wirth ſelbſt be-
rauſcht, und durch mancherley Arten des noͤthigens
ſeine Gaͤſte berauſchen will, ſo iſt es doch vor et-
was gleichguͤltiges und unſchuldiges anzuſehen,
wenn
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |