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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Tractiren und denen Gastereyen.
mahl mehr als einerley Nachtheil aus den banque-
ti
ren zu entstehen pflegt. Das Geld und die Zeit
könten offtermahls nützlicher angewendet werden,
die Haußwirthschafft wird versäumet, die Bedien-
ten machen was sie wollen, und man erweckt sich
offt, ohne seine Schuld, mehr Unwillen und Ver-
druß damit, als Liebe und Freundschafft.

§. 17. Damit die Gesellschafft vergnügt seyn
möge, muß man solche Gäste zusammen bitten, die
nicht allein von ziemlich gleichem Stand und Cha-
racter,
sondern auch deren Gemüther, mit einander
harmoniren; die einen Rang-Streit unter einan-
der haben, oder sonst nicht recht gute Freunde sind,
lasse man lieber davon, es wäre denn, daß die
Disputen kleine wären, und man sich bemühen
wolte, bey dieser Gelegenheit sie wieder mit einan-
der auszusöhnen, und eine Freundschafft unter ih-
nen aufzurichten.

§. 18. Man muß vorhero unter denen Bedien-
ten gute Anstalten machen, damit ein jedes wisse,
was es bey der Tafel und bey der Aufwartung zu
besorgen habe; denn sonst, wenn der Wirth über
der Mahlzeit gar zu scharf commandirt, und sich in
Gegenwart seiner Gäste über seine Bedienten zu
sehr ereifert, erweckt er einen Ubelstand, es dürfften
auch wohl einige Gäste aus diesen seinem Eyfer
schlüssen, als ob ihre Gegenwart ihm vielleicht nicht
gar angenehm seyn möchte.

§. 19. Der von uns zu unterschiedenen mahlen
angeführte Groß-Cantzler in Franckreich Monsieur

Che-
E e 3

Vom Tractiren und denen Gaſtereyen.
mahl mehr als einerley Nachtheil aus den banque-
ti
ren zu entſtehen pflegt. Das Geld und die Zeit
koͤnten offtermahls nuͤtzlicher angewendet werden,
die Haußwirthſchafft wird verſaͤumet, die Bedien-
ten machen was ſie wollen, und man erweckt ſich
offt, ohne ſeine Schuld, mehr Unwillen und Ver-
druß damit, als Liebe und Freundſchafft.

§. 17. Damit die Geſellſchafft vergnuͤgt ſeyn
moͤge, muß man ſolche Gaͤſte zuſammen bitten, die
nicht allein von ziemlich gleichem Stand und Cha-
racter,
ſondern auch deren Gemuͤther, mit einander
harmoniren; die einen Rang-Streit unter einan-
der haben, oder ſonſt nicht recht gute Freunde ſind,
laſſe man lieber davon, es waͤre denn, daß die
Diſputen kleine waͤren, und man ſich bemuͤhen
wolte, bey dieſer Gelegenheit ſie wieder mit einan-
der auszuſoͤhnen, und eine Freundſchafft unter ih-
nen aufzurichten.

§. 18. Man muß vorhero unter denen Bedien-
ten gute Anſtalten machen, damit ein jedes wiſſe,
was es bey der Tafel und bey der Aufwartung zu
beſorgen habe; denn ſonſt, wenn der Wirth uͤber
der Mahlzeit gar zu ſcharf commandirt, und ſich in
Gegenwart ſeiner Gaͤſte uͤber ſeine Bedienten zu
ſehr ereifert, erweckt er einen Ubelſtand, es duͤrfften
auch wohl einige Gaͤſte aus dieſen ſeinem Eyfer
ſchluͤſſen, als ob ihre Gegenwart ihm vielleicht nicht
gar angenehm ſeyn moͤchte.

§. 19. Der von uns zu unterſchiedenen mahlen
angefuͤhrte Groß-Cantzler in Franckreich Monſieur

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[437/0457] Vom Tractiren und denen Gaſtereyen. mahl mehr als einerley Nachtheil aus den banque- tiren zu entſtehen pflegt. Das Geld und die Zeit koͤnten offtermahls nuͤtzlicher angewendet werden, die Haußwirthſchafft wird verſaͤumet, die Bedien- ten machen was ſie wollen, und man erweckt ſich offt, ohne ſeine Schuld, mehr Unwillen und Ver- druß damit, als Liebe und Freundſchafft. §. 17. Damit die Geſellſchafft vergnuͤgt ſeyn moͤge, muß man ſolche Gaͤſte zuſammen bitten, die nicht allein von ziemlich gleichem Stand und Cha- racter, ſondern auch deren Gemuͤther, mit einander harmoniren; die einen Rang-Streit unter einan- der haben, oder ſonſt nicht recht gute Freunde ſind, laſſe man lieber davon, es waͤre denn, daß die Diſputen kleine waͤren, und man ſich bemuͤhen wolte, bey dieſer Gelegenheit ſie wieder mit einan- der auszuſoͤhnen, und eine Freundſchafft unter ih- nen aufzurichten. §. 18. Man muß vorhero unter denen Bedien- ten gute Anſtalten machen, damit ein jedes wiſſe, was es bey der Tafel und bey der Aufwartung zu beſorgen habe; denn ſonſt, wenn der Wirth uͤber der Mahlzeit gar zu ſcharf commandirt, und ſich in Gegenwart ſeiner Gaͤſte uͤber ſeine Bedienten zu ſehr ereifert, erweckt er einen Ubelſtand, es duͤrfften auch wohl einige Gaͤſte aus dieſen ſeinem Eyfer ſchluͤſſen, als ob ihre Gegenwart ihm vielleicht nicht gar angenehm ſeyn moͤchte. §. 19. Der von uns zu unterſchiedenen mahlen angefuͤhrte Groß-Cantzler in Franckreich Monſieur Che- E e 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 437. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/457>, abgerufen am 22.11.2024.