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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Spielen.
ihrem Eigensinn unangenehm ist, vermeyden, ob
es gleich sonst bey der Ausübung des Spieles un-
ter andern Personen gewöhnlich, wenn nur das
Wesen des Spieles hierdurch nicht verrücket wird.
Man muß durch ihr widriges Bezeugen, von der
Höflichkeit u. Freundlichkeit nicht abgehen, sondern
von der Klugheit seyn, alles geneigt aufzunehmen,
und weder von dem Respect noch der Beruhigung
seines Gemüths weichen. Hat die höhere Person
vergessen zu bezahlen oder zuzusetzen, so muß man
sich keiner Befehls-Worte gebrauchen, sondern
höflicher und gelinder Redens-Arten. Verliert
sie, so muß man das Spiel nicht quittiren, dafern
sie eine Begierde länger zu spielen, und eine Hof-
nung zum gewinnen blicken läst. Stehen wir
zugleich mit ihr in einer Parthie, so muß man wie-
der seine Mitspieler durchaus nicht sagen, wir ha-
ben gewonnen, sondern wir müssen nur der höhern
Person Erwehnung thun, und von uns nichts sa-
gen.

§. 35. Ob es nun zwar, wie ich in dem vorher-
gehenden angeführt, die Höflichkeit und der Wohl-
stand im geringsten nicht erfodert, daß wir andern
Leuten zu Gefallen unser Geld verlieren, so solten
doch diejenigen, denen entweder das Glück bestän-
dig günstig, oder die durch ihre Geschicklichkeit und
Nachsinnen allezeit gewinnen, der Klugheit nach
ihres Glückes sich bißweilen mit Fleiß ein wenig
begeben, und einem andern den Sieg lassen.
Sonst erwecken sie sich nicht allein bey denen an-

dern
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Vom Spielen.
ihrem Eigenſinn unangenehm iſt, vermeyden, ob
es gleich ſonſt bey der Ausuͤbung des Spieles un-
ter andern Perſonen gewoͤhnlich, wenn nur das
Weſen des Spieles hierdurch nicht verruͤcket wird.
Man muß durch ihr widriges Bezeugen, von der
Hoͤflichkeit u. Freundlichkeit nicht abgehen, ſondern
von der Klugheit ſeyn, alles geneigt aufzunehmen,
und weder von dem Reſpect noch der Beruhigung
ſeines Gemuͤths weichen. Hat die hoͤhere Perſon
vergeſſen zu bezahlen oder zuzuſetzen, ſo muß man
ſich keiner Befehls-Worte gebrauchen, ſondern
hoͤflicher und gelinder Redens-Arten. Verliert
ſie, ſo muß man das Spiel nicht quittiren, dafern
ſie eine Begierde laͤnger zu ſpielen, und eine Hof-
nung zum gewinnen blicken laͤſt. Stehen wir
zugleich mit ihr in einer Parthie, ſo muß man wie-
der ſeine Mitſpieler durchaus nicht ſagen, wir ha-
ben gewonnen, ſondern wir muͤſſen nur der hoͤhern
Perſon Erwehnung thun, und von uns nichts ſa-
gen.

§. 35. Ob es nun zwar, wie ich in dem vorher-
gehenden angefuͤhrt, die Hoͤflichkeit und der Wohl-
ſtand im geringſten nicht erfodert, daß wir andern
Leuten zu Gefallen unſer Geld verlieren, ſo ſolten
doch diejenigen, denen entweder das Gluͤck beſtaͤn-
dig guͤnſtig, oder die durch ihre Geſchicklichkeit und
Nachſinnen allezeit gewinnen, der Klugheit nach
ihres Gluͤckes ſich bißweilen mit Fleiß ein wenig
begeben, und einem andern den Sieg laſſen.
Sonſt erwecken ſie ſich nicht allein bey denen an-

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[423/0443] Vom Spielen. ihrem Eigenſinn unangenehm iſt, vermeyden, ob es gleich ſonſt bey der Ausuͤbung des Spieles un- ter andern Perſonen gewoͤhnlich, wenn nur das Weſen des Spieles hierdurch nicht verruͤcket wird. Man muß durch ihr widriges Bezeugen, von der Hoͤflichkeit u. Freundlichkeit nicht abgehen, ſondern von der Klugheit ſeyn, alles geneigt aufzunehmen, und weder von dem Reſpect noch der Beruhigung ſeines Gemuͤths weichen. Hat die hoͤhere Perſon vergeſſen zu bezahlen oder zuzuſetzen, ſo muß man ſich keiner Befehls-Worte gebrauchen, ſondern hoͤflicher und gelinder Redens-Arten. Verliert ſie, ſo muß man das Spiel nicht quittiren, dafern ſie eine Begierde laͤnger zu ſpielen, und eine Hof- nung zum gewinnen blicken laͤſt. Stehen wir zugleich mit ihr in einer Parthie, ſo muß man wie- der ſeine Mitſpieler durchaus nicht ſagen, wir ha- ben gewonnen, ſondern wir muͤſſen nur der hoͤhern Perſon Erwehnung thun, und von uns nichts ſa- gen. §. 35. Ob es nun zwar, wie ich in dem vorher- gehenden angefuͤhrt, die Hoͤflichkeit und der Wohl- ſtand im geringſten nicht erfodert, daß wir andern Leuten zu Gefallen unſer Geld verlieren, ſo ſolten doch diejenigen, denen entweder das Gluͤck beſtaͤn- dig guͤnſtig, oder die durch ihre Geſchicklichkeit und Nachſinnen allezeit gewinnen, der Klugheit nach ihres Gluͤckes ſich bißweilen mit Fleiß ein wenig begeben, und einem andern den Sieg laſſen. Sonſt erwecken ſie ſich nicht allein bey denen an- dern D d 4

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 423. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/443>, abgerufen am 24.11.2024.