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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. VII. Capitul.
gen, als um der Gesellschafft willen, auf der Assem-
blee
erscheinen.

§. 26. Bey dieser Gelegenheit muß ich erinnern,
daß man wohl Acht zu geben habe, ob die Liqueurs,
gebrannte Wasser, und andere Douceurs, in Uber-
fluß ausgetheilet werden, oder kärglich; ob die Be-
dienten Ordre haben, nach dem Unterschied des
Ranges, denen Gästen und Fremden sie anzubieten,
oder, ob man keinen Unterschied hiebey beobachte.
Bißweilen sind solche gute Anstalten getroffen, daß
ein jeder, welcher vor würdig geachtet wird, auf der
Gesellschafft zu erscheinen, mit allem so wohl bedient
und versorgt wird, wenn er auch noch so von nie-
drigem Range seyn solte, als der von dem höchsten.
An andern Orten hingegen werden nur die Vor-
nehmsten bedacht, und die andern gehen grösten-
theils leer aus. Auf einigen Gesellschafften ist es
im geringsten nicht wider dem Wohlstand, da ein
Page oder Laquay unterschiedene Tassen oder Glä-
ser auf den Credenz-Teller denen Fremden anbie-
tet, wenn man pele mele nimmt, und ein junger
Cavalier, der neben einem grossen Minister stehet,
hat die Freyheit, mit ihm zugleich zuzulangen. An
andern hingegen beobachtet man den Rang, und
die Bedienten haben Ordre, denen Gästen eines
und das andere, was von Speisen und Geträncke
vorhanden, nach dem Unterscheid ihrer Characteres,
anzubieten. Wolte nun einer an einem solchen Or-
te selbst zulangen, ehe noch die Reyhe an ihm wäre,

so

II. Theil. VII. Capitul.
gen, als um der Geſellſchafft willen, auf der Aſſem-
blee
erſcheinen.

§. 26. Bey dieſer Gelegenheit muß ich erinnern,
daß man wohl Acht zu geben habe, ob die Liqueurs,
gebrannte Waſſer, und andere Douceurs, in Uber-
fluß ausgetheilet werden, oder kaͤrglich; ob die Be-
dienten Ordre haben, nach dem Unterſchied des
Ranges, denen Gaͤſten und Fremden ſie anzubieten,
oder, ob man keinen Unterſchied hiebey beobachte.
Bißweilen ſind ſolche gute Anſtalten getroffen, daß
ein jeder, welcher vor wuͤrdig geachtet wird, auf der
Geſellſchafft zu erſcheinen, mit allem ſo wohl bedient
und verſorgt wird, wenn er auch noch ſo von nie-
drigem Range ſeyn ſolte, als der von dem hoͤchſten.
An andern Orten hingegen werden nur die Vor-
nehmſten bedacht, und die andern gehen groͤſten-
theils leer aus. Auf einigen Geſellſchafften iſt es
im geringſten nicht wider dem Wohlſtand, da ein
Page oder Laquay unterſchiedene Taſſen oder Glaͤ-
ſer auf den Credenz-Teller denen Fremden anbie-
tet, wenn man péle méle nimmt, und ein junger
Cavalier, der neben einem groſſen Miniſter ſtehet,
hat die Freyheit, mit ihm zugleich zuzulangen. An
andern hingegen beobachtet man den Rang, und
die Bedienten haben Ordre, denen Gaͤſten eines
und das andere, was von Speiſen und Getraͤncke
vorhanden, nach dem Unterſcheid ihrer Charactéres,
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[402/0422] II. Theil. VII. Capitul. gen, als um der Geſellſchafft willen, auf der Aſſem- blee erſcheinen. §. 26. Bey dieſer Gelegenheit muß ich erinnern, daß man wohl Acht zu geben habe, ob die Liqueurs, gebrannte Waſſer, und andere Douceurs, in Uber- fluß ausgetheilet werden, oder kaͤrglich; ob die Be- dienten Ordre haben, nach dem Unterſchied des Ranges, denen Gaͤſten und Fremden ſie anzubieten, oder, ob man keinen Unterſchied hiebey beobachte. Bißweilen ſind ſolche gute Anſtalten getroffen, daß ein jeder, welcher vor wuͤrdig geachtet wird, auf der Geſellſchafft zu erſcheinen, mit allem ſo wohl bedient und verſorgt wird, wenn er auch noch ſo von nie- drigem Range ſeyn ſolte, als der von dem hoͤchſten. An andern Orten hingegen werden nur die Vor- nehmſten bedacht, und die andern gehen groͤſten- theils leer aus. Auf einigen Geſellſchafften iſt es im geringſten nicht wider dem Wohlſtand, da ein Page oder Laquay unterſchiedene Taſſen oder Glaͤ- ſer auf den Credenz-Teller denen Fremden anbie- tet, wenn man péle méle nimmt, und ein junger Cavalier, der neben einem groſſen Miniſter ſtehet, hat die Freyheit, mit ihm zugleich zuzulangen. An andern hingegen beobachtet man den Rang, und die Bedienten haben Ordre, denen Gaͤſten eines und das andere, was von Speiſen und Getraͤncke vorhanden, nach dem Unterſcheid ihrer Charactéres, anzubieten. Wolte nun einer an einem ſolchen Or- te ſelbſt zulangen, ehe noch die Reyhe an ihm waͤre, ſo

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 402. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/422>, abgerufen am 24.11.2024.