Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.I. Theil. I. Capitul. dern als Sätze, bey denen man das Gegentheil be-obachten soll, und in besondern Anmerckungen, die man ihnen mit beyfüget, ihre Thorheit, Sündlich- keit und schändliche Gottlosigkeit den Lesern mit lebhafften Farben vormahlt. Es erinnert Fara- mond in dem I. Theil des von ihm übersetzten Engl. Spectateurs, mit Recht p. 224: Zu der Zeit, darin- nen wir leben, solten alle Künste und alle Wissen- schafften ein Verbündniß mit einander wider den gewaltigen Strohm der Laster und der Gottlosig- keit schlüssen, welche von Tage zu Tage weiter ein- reissen. Dieses würde viel zur Beförderung der Religion beytragen, wenn man alle Schrifften und alle andere Geburthen und Würckungen des menschlichen Verstandes darinnen übereinstim- men liesse, daß man zeigete, wofern man gegen die Annehmlichkeit der Tugend unempfindlich sey, so sey es eben so viel, als der schönsten innerlichen Be- trachtungen, und edelsten Empfindungen, die der Mensch jemahls empfinden könte, beraubet seyn. Es haben daher alle diejenigen Autores, die man- cherley unter den Menschen herrschenden Jrrthüme des Verstandes und Willens entdecket, eine nützli- che Arbeit unternommen, ob sie gleich bey ihrer vie- len eben keinen grossen Danck damit verdienet, und wäre zu wünschen, daß in allen Provintzien man- cherley unvernünfftig und schändlich Wesen, so hier und da an thörichten Gebräuchen, sonderlich auf dem Lande, noch angetroffen wird, hohen Landes- Obrigkeiten kund würde, damit dieselben vollends nach und nach ausgerottet würden. §. 26.
I. Theil. I. Capitul. dern als Saͤtze, bey denen man das Gegentheil be-obachten ſoll, und in beſondern Anmerckungen, die man ihnen mit beyfuͤget, ihre Thorheit, Suͤndlich- keit und ſchaͤndliche Gottloſigkeit den Leſern mit lebhafften Farben vormahlt. Es erinnert Fara- mond in dem I. Theil des von ihm uͤberſetzten Engl. Spectateurs, mit Recht p. 224: Zu der Zeit, darin- nen wir leben, ſolten alle Kuͤnſte und alle Wiſſen- ſchafften ein Verbuͤndniß mit einander wider den gewaltigen Strohm der Laſter und der Gottloſig- keit ſchluͤſſen, welche von Tage zu Tage weiter ein- reiſſen. Dieſes wuͤrde viel zur Befoͤrderung der Religion beytragen, wenn man alle Schrifften und alle andere Geburthen und Wuͤrckungen des menſchlichen Verſtandes darinnen uͤbereinſtim- men lieſſe, daß man zeigete, wofern man gegen die Annehmlichkeit der Tugend unempfindlich ſey, ſo ſey es eben ſo viel, als der ſchoͤnſten innerlichen Be- trachtungen, und edelſten Empfindungen, die der Menſch jemahls empfinden koͤnte, beraubet ſeyn. Es haben daher alle diejenigen Autores, die man- cherley unter den Menſchen herrſchenden Jrrthuͤme des Verſtandes und Willens entdecket, eine nuͤtzli- che Arbeit unternommen, ob ſie gleich bey ihrer vie- len eben keinen groſſen Danck damit verdienet, und waͤre zu wuͤnſchen, daß in allen Provintzien man- cherley unvernuͤnfftig und ſchaͤndlich Weſen, ſo hier und da an thoͤrichten Gebraͤuchen, ſonderlich auf dem Lande, noch angetroffen wird, hohen Landes- Obrigkeiten kund wuͤrde, damit dieſelben vollends nach und nach ausgerottet wuͤrden. §. 26.
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dern als Saͤtze, bey denen man das Gegentheil be-
obachten ſoll, und in beſondern Anmerckungen, die
man ihnen mit beyfuͤget, ihre Thorheit, Suͤndlich-
keit und ſchaͤndliche Gottloſigkeit den Leſern mit
lebhafften Farben vormahlt. Es erinnert Fara-
mond in dem I. Theil des von ihm uͤberſetzten Engl.
Spectateurs, mit Recht p. 224: Zu der Zeit, darin-
nen wir leben, ſolten alle Kuͤnſte und alle Wiſſen-
ſchafften ein Verbuͤndniß mit einander wider den
gewaltigen Strohm der Laſter und der Gottloſig-
keit ſchluͤſſen, welche von Tage zu Tage weiter ein-
reiſſen. Dieſes wuͤrde viel zur Befoͤrderung der
Religion beytragen, wenn man alle Schrifften und
alle andere Geburthen und Wuͤrckungen des
menſchlichen Verſtandes darinnen uͤbereinſtim-
men lieſſe, daß man zeigete, wofern man gegen die
Annehmlichkeit der Tugend unempfindlich ſey, ſo
ſey es eben ſo viel, als der ſchoͤnſten innerlichen Be-
trachtungen, und edelſten Empfindungen, die der
Menſch jemahls empfinden koͤnte, beraubet ſeyn.
Es haben daher alle diejenigen Autores, die man-
cherley unter den Menſchen herrſchenden Jrrthuͤme
des Verſtandes und Willens entdecket, eine nuͤtzli-
che Arbeit unternommen, ob ſie gleich bey ihrer vie-
len eben keinen groſſen Danck damit verdienet, und
waͤre zu wuͤnſchen, daß in allen Provintzien man-
cherley unvernuͤnfftig und ſchaͤndlich Weſen, ſo hier
und da an thoͤrichten Gebraͤuchen, ſonderlich auf
dem Lande, noch angetroffen wird, hohen Landes-
Obrigkeiten kund wuͤrde, damit dieſelben vollends
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Zitationshilfe: | Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/42>, abgerufen am 20.07.2024. |