Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.II. Theil. VII. Capitul. Willen dann und wann spielen müssen, werden aufden Assembleen kein so gar groß Vergnügen fin- den, und dieselben nicht gar offters besuchen; sinte- mahl die meisten in der Gesellschafft nichts anders thun, als spielen. Es ist auch der Nutzen, den sie aus offtmahliger Besuchung öffentlicher Gesell- schafften ziehen solten, vor diejenigen, die die Reali- taeten mehr als die Galanterien lieben, so gar groß eben nicht. Man bekommt nichts als einerley Ge- sichter und einerley Handlungen zu sehen, die in nichts anders bestehen, als in spielen, plaudern, herumlauffen, badiniren mit den Damen, essen und trincken. Wohnet man ihnen an fremden und einheimischen Oertern so offt bey, als es der Endzweck, den man sich vorgesetzt, oder der unver- meydliche Wohlstand, und die Gewinnung neuer oder die Unterhaltung der vorigen Bekandschafften erfordert, an denen uns zur Beförderung unserer Glückseeligkeit etwas gelegen, so ist es schon gut. Wer aber Geld und Zeit nichts achtet, und alle sei- ne Verrichtungen in lauter Divertissements sucht, kan es halten, wie er will. §. 21. Ein Cavalier, der in Fürstlichen Diensten samste
II. Theil. VII. Capitul. Willen dann und wann ſpielen muͤſſen, werden aufden Aſſembleen kein ſo gar groß Vergnuͤgen fin- den, und dieſelben nicht gar offters beſuchen; ſinte- mahl die meiſten in der Geſellſchafft nichts anders thun, als ſpielen. Es iſt auch der Nutzen, den ſie aus offtmahliger Beſuchung oͤffentlicher Geſell- ſchafften ziehen ſolten, vor diejenigen, die die Reali- tæten mehr als die Galanterien lieben, ſo gar groß eben nicht. Man bekommt nichts als einerley Ge- ſichter und einerley Handlungen zu ſehen, die in nichts anders beſtehen, als in ſpielen, plaudern, herumlauffen, badiniren mit den Damen, eſſen und trincken. Wohnet man ihnen an fremden und einheimiſchen Oertern ſo offt bey, als es der Endzweck, den man ſich vorgeſetzt, oder der unver- meydliche Wohlſtand, und die Gewinnung neuer oder die Unterhaltung der vorigen Bekandſchafften erfordert, an denen uns zur Befoͤrderung unſerer Gluͤckſeeligkeit etwas gelegen, ſo iſt es ſchon gut. Wer aber Geld und Zeit nichts achtet, und alle ſei- ne Verrichtungen in lauter Divertiſſements ſucht, kan es halten, wie er will. §. 21. Ein Cavalier, der in Fuͤrſtlichen Dienſten ſamſte
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II. Theil. VII. Capitul.
Willen dann und wann ſpielen muͤſſen, werden auf
den Aſſembleen kein ſo gar groß Vergnuͤgen fin-
den, und dieſelben nicht gar offters beſuchen; ſinte-
mahl die meiſten in der Geſellſchafft nichts anders
thun, als ſpielen. Es iſt auch der Nutzen, den ſie
aus offtmahliger Beſuchung oͤffentlicher Geſell-
ſchafften ziehen ſolten, vor diejenigen, die die Reali-
tæten mehr als die Galanterien lieben, ſo gar groß
eben nicht. Man bekommt nichts als einerley Ge-
ſichter und einerley Handlungen zu ſehen, die in
nichts anders beſtehen, als in ſpielen, plaudern,
herumlauffen, badiniren mit den Damen, eſſen
und trincken. Wohnet man ihnen an fremden
und einheimiſchen Oertern ſo offt bey, als es der
Endzweck, den man ſich vorgeſetzt, oder der unver-
meydliche Wohlſtand, und die Gewinnung neuer
oder die Unterhaltung der vorigen Bekandſchafften
erfordert, an denen uns zur Befoͤrderung unſerer
Gluͤckſeeligkeit etwas gelegen, ſo iſt es ſchon gut.
Wer aber Geld und Zeit nichts achtet, und alle ſei-
ne Verrichtungen in lauter Divertiſſements ſucht,
kan es halten, wie er will.
§. 21. Ein Cavalier, der in Fuͤrſtlichen Dienſten
ſteht, und ſeine Lebens-Jahre nicht der bloſſen Ei-
telkeit und Galanterie wiedmen will, muß ſich zwar
in Beſuchung der Hof-Aſſembleen nach dem
Befehl und dem Willen ſeiner Herrſchafft richten,
jedoch muß er nach und nach bezeugen, daß er begie-
riger ſey bey ſolchen Verrichtungen, die ſeinem
Herrn und dem Lande erſprießlich ſind, treu gehor-
ſamſte
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