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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. VI. Capitul.
mehrentheils zweyerley Hindernisse: Zum ersten
wissen sie nicht, welche Materien ihnen am ange-
nehmsten seyn möchte; und zum andern fehlet es
ihnen gar öffters an der Erkäntniß und Erfahrung
von mancherley Sachen, davon die Damen gerne
hören oder selbst sprechen, einen vernünfftigen Di-
scours
zu formiren. Damit nun dem ersten Hin-
derniß einiger maßen abgeholffen werde, so muß
man überhaupt die Classen wissen, wovon das
Frauenzimmer gerne spricht, oder doch hört. Mei-
nes Erachtens discouriren oder hören die meisten
Dames nach dem Unterschied ihrer Neigungen, ent-
weder von GOtt und seinem Worte und andern
geistlichen Dingen, oder von mancherley morali-
schen Anmerckungen nach der Vernunfft, oder von
der Wirthschafft, vom Kochen, Einmachen, Was-
ser-brennen und andern, was dahin gehörig, oder
von Staats-Geschichten, neuen Zeitungen, von der
Poesie, von mancherley guten Büchern, Reise-Be-
schreibungen, und dergleichen, oder von allerhand,
was zur Galanterie und Eitelkeit gehört, von neuen
Moden, von der Kleidung, von Comödien, Opern,
Lustbarkeiten, Spielen, Liebes-Affairen Romainen
und dergleichen. Nach Anleitung dieser Classen
muß man Gelegenheit nehmen, nach denen äusserli-
chen Merckmahlen des Frauenzimmers, so viel uns
davon in die Sinne fällt, zu beurtheilen, zu welchen
sie wohl geneigt seyn möchten. Hierbey muß man
zuglelch scharff Acht haben, bey welcher Materie,
die von andern in der Gesellschafft vorgebracht

wird,

II. Theil. VI. Capitul.
mehrentheils zweyerley Hinderniſſe: Zum erſten
wiſſen ſie nicht, welche Materien ihnen am ange-
nehmſten ſeyn moͤchte; und zum andern fehlet es
ihnen gar oͤffters an der Erkaͤntniß und Erfahrung
von mancherley Sachen, davon die Damen gerne
hoͤren oder ſelbſt ſprechen, einen vernuͤnfftigen Di-
ſcours
zu formiren. Damit nun dem erſten Hin-
derniß einiger maßen abgeholffen werde, ſo muß
man uͤberhaupt die Claſſen wiſſen, wovon das
Frauenzimmer gerne ſpricht, oder doch hoͤrt. Mei-
nes Erachtens diſcouriren oder hoͤren die meiſten
Dames nach dem Unterſchied ihrer Neigungen, ent-
weder von GOtt und ſeinem Worte und andern
geiſtlichen Dingen, oder von mancherley morali-
ſchen Anmerckungen nach der Vernunfft, oder von
der Wirthſchafft, vom Kochen, Einmachen, Waſ-
ſer-brennen und andern, was dahin gehoͤrig, oder
von Staats-Geſchichten, neuen Zeitungen, von der
Poëſie, von mancherley guten Buͤchern, Reiſe-Be-
ſchreibungen, und dergleichen, oder von allerhand,
was zur Galanterie und Eitelkeit gehoͤrt, von neuen
Moden, von der Kleidung, von Comoͤdien, Opern,
Luſtbarkeiten, Spielen, Liebes-Affairen Romainen
und dergleichen. Nach Anleitung dieſer Claſſen
muß man Gelegenheit nehmen, nach denen aͤuſſerli-
chen Merckmahlen des Frauenzimmers, ſo viel uns
davon in die Sinne faͤllt, zu beurtheilen, zu welchen
ſie wohl geneigt ſeyn moͤchten. Hierbey muß man
zuglelch ſcharff Acht haben, bey welcher Materie,
die von andern in der Geſellſchafft vorgebracht

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[372/0392] II. Theil. VI. Capitul. mehrentheils zweyerley Hinderniſſe: Zum erſten wiſſen ſie nicht, welche Materien ihnen am ange- nehmſten ſeyn moͤchte; und zum andern fehlet es ihnen gar oͤffters an der Erkaͤntniß und Erfahrung von mancherley Sachen, davon die Damen gerne hoͤren oder ſelbſt ſprechen, einen vernuͤnfftigen Di- ſcours zu formiren. Damit nun dem erſten Hin- derniß einiger maßen abgeholffen werde, ſo muß man uͤberhaupt die Claſſen wiſſen, wovon das Frauenzimmer gerne ſpricht, oder doch hoͤrt. Mei- nes Erachtens diſcouriren oder hoͤren die meiſten Dames nach dem Unterſchied ihrer Neigungen, ent- weder von GOtt und ſeinem Worte und andern geiſtlichen Dingen, oder von mancherley morali- ſchen Anmerckungen nach der Vernunfft, oder von der Wirthſchafft, vom Kochen, Einmachen, Waſ- ſer-brennen und andern, was dahin gehoͤrig, oder von Staats-Geſchichten, neuen Zeitungen, von der Poëſie, von mancherley guten Buͤchern, Reiſe-Be- ſchreibungen, und dergleichen, oder von allerhand, was zur Galanterie und Eitelkeit gehoͤrt, von neuen Moden, von der Kleidung, von Comoͤdien, Opern, Luſtbarkeiten, Spielen, Liebes-Affairen Romainen und dergleichen. Nach Anleitung dieſer Claſſen muß man Gelegenheit nehmen, nach denen aͤuſſerli- chen Merckmahlen des Frauenzimmers, ſo viel uns davon in die Sinne faͤllt, zu beurtheilen, zu welchen ſie wohl geneigt ſeyn moͤchten. Hierbey muß man zuglelch ſcharff Acht haben, bey welcher Materie, die von andern in der Geſellſchafft vorgebracht wird,

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 372. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/392>, abgerufen am 25.11.2024.