Gesellschafft, und sind auch verdrüßlich, wenn an- dere mit ihnen reden wollen; manche thun es aus Einfalt und Tummheit, und ist ihnen am liebsten, wenn sie bey der Gesellschafft müßig sitzen, und das Maul aufsperren sollen, oder stets essen und trin- cken; andere aber aus Leichtfertigkeit, damit sie Gelegenheit haben, die andern desto ungestörter zu beurtheilen, und über ihre Reden und Handlungen ihre Glossen zu machen. Findet man nun aus der Erfahrung, daß einem in der Gesellschafft vor die- sesmahl ein solch Maul- und Ohren-faules Frauen- zimmer zu theil geworden, die alles mit einem oder zwey Wörtern beantwortet, und keine gnädige und freundliche Mine dazu macht, wir mögen schwatzen was wir wollen, so ist am klügsten, daß man sich des Stillschweigens befleißiget, es mag nun der Fehler an uns oder am Frauenzimmer liegen; liegt er an uns, daß wir nicht die Geschicklichkeit haben, sie mit einem vernünfftigen Gespräch zu unterhalten, so ist am besten, daß man inne hält, und seine Ungeschick- lichkeit nicht weiter an Tag legt; liegt er an ihr, daß sie nicht reden oder hören will, so thut man ebenfalls wohl, daß man sich ihr hierinnen gefällig macht, und erweiset, daß man den guten Willen gehabt, sie mit Discoursen zu unterhalten, daß man aber auch ge- lernt zu schweigen.
§. 12. Bey der Conversation mit einem frem- den Frauenzimmer, welche etwan bey einer Tafel, oder auch bey einer andern Gelegenheit, einige Stunden fortgesetzt werden soll, finden junge Leute
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Von dem Umgang mit Frauenzimmer.
Geſellſchafft, und ſind auch verdruͤßlich, wenn an- dere mit ihnen reden wollen; manche thun es aus Einfalt und Tummheit, und iſt ihnen am liebſten, wenn ſie bey der Geſellſchafft muͤßig ſitzen, und das Maul aufſperren ſollen, oder ſtets eſſen und trin- cken; andere aber aus Leichtfertigkeit, damit ſie Gelegenheit haben, die andern deſto ungeſtoͤrter zu beurtheilen, und uͤber ihre Reden und Handlungen ihre Gloſſen zu machen. Findet man nun aus der Erfahrung, daß einem in der Geſellſchafft vor die- ſesmahl ein ſolch Maul- und Ohren-faules Frauen- zimmer zu theil geworden, die alles mit einem oder zwey Woͤrtern beantwortet, und keine gnaͤdige und freundliche Mine dazu macht, wir moͤgen ſchwatzen was wir wollen, ſo iſt am kluͤgſten, daß man ſich des Stillſchweigens befleißiget, es mag nun der Fehler an uns oder am Frauenzimmer liegen; liegt er an uns, daß wir nicht die Geſchicklichkeit haben, ſie mit einem vernuͤnfftigen Geſpraͤch zu unterhalten, ſo iſt am beſten, daß man inne haͤlt, und ſeine Ungeſchick- lichkeit nicht weiter an Tag legt; liegt er an ihr, daß ſie nicht reden oder hoͤren will, ſo thut man ebenfalls wohl, daß man ſich ihr hierinnen gefaͤllig macht, und erweiſet, daß man den guten Willen gehabt, ſie mit Diſcourſen zu unterhalten, daß man aber auch ge- lernt zu ſchweigen.
§. 12. Bey der Converſation mit einem frem- den Frauenzimmer, welche etwan bey einer Tafel, oder auch bey einer andern Gelegenheit, einige Stunden fortgeſetzt werden ſoll, finden junge Leute
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Von dem Umgang mit Frauenzimmer.
Geſellſchafft, und ſind auch verdruͤßlich, wenn an-
dere mit ihnen reden wollen; manche thun es aus
Einfalt und Tummheit, und iſt ihnen am liebſten,
wenn ſie bey der Geſellſchafft muͤßig ſitzen, und das
Maul aufſperren ſollen, oder ſtets eſſen und trin-
cken; andere aber aus Leichtfertigkeit, damit ſie
Gelegenheit haben, die andern deſto ungeſtoͤrter zu
beurtheilen, und uͤber ihre Reden und Handlungen
ihre Gloſſen zu machen. Findet man nun aus der
Erfahrung, daß einem in der Geſellſchafft vor die-
ſesmahl ein ſolch Maul- und Ohren-faules Frauen-
zimmer zu theil geworden, die alles mit einem oder
zwey Woͤrtern beantwortet, und keine gnaͤdige und
freundliche Mine dazu macht, wir moͤgen ſchwatzen
was wir wollen, ſo iſt am kluͤgſten, daß man ſich des
Stillſchweigens befleißiget, es mag nun der Fehler
an uns oder am Frauenzimmer liegen; liegt er an
uns, daß wir nicht die Geſchicklichkeit haben, ſie mit
einem vernuͤnfftigen Geſpraͤch zu unterhalten, ſo iſt
am beſten, daß man inne haͤlt, und ſeine Ungeſchick-
lichkeit nicht weiter an Tag legt; liegt er an ihr, daß
ſie nicht reden oder hoͤren will, ſo thut man ebenfalls
wohl, daß man ſich ihr hierinnen gefaͤllig macht, und
erweiſet, daß man den guten Willen gehabt, ſie mit
Diſcourſen zu unterhalten, daß man aber auch ge-
lernt zu ſchweigen.
§. 12. Bey der Converſation mit einem frem-
den Frauenzimmer, welche etwan bey einer Tafel,
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 371. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/391>, abgerufen am 20.07.2024.
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