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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von dem Umgang mit Frauenzimmer.
ziehen, die seine Vollkommenheit gar sehr beein-
trächtiget. Es können sich leicht Umstände ereig-
nen, da er genöthiget wird, dasjenige, was er zu
dieser Zeit, und wider das Frauenzimmer selbst, als
einen Schertz geredet, zu einer andern Zeit, und vor
einer höhern Gesellschafft zu wiederhohlen, und also
zu einer Frau kommen, die er nicht verlangt gehabt,
und ehe er es vermuthend gewesen. Dafern er
weiß, daß er seine verliebten Thorheiten am ehesten
zu der Zeit an den Tag legt, da er einige Gläser
Wein mehr getruncken, als sonst gewöhnlich, so
muß er sich überhaupt in acht nehmen, daß er nicht
mehr Wein oder andere hitzigen Geträncke zu sich
nimmt, als er ohne Abbruch seiner Gesundheit, und
des Gebrauchs seiner gesunden Vernunfft vertra-
gen kan, oder muß alsdenn den Frauenzimmer-
Gesellschafften aus dem Wege gehen.

§. 7. Bißweilen finden sich unverschämte Wei-
bes-Personen, die den frechsten Männern an Frech-
heit gleich sind, und dieselbe in ihren Geberden,
Worten und Handlungen erweisen. Diese ma-
chen sich ein Vergnügen davon, wenn sie Gele-
genheit finden, durch eine und andre unehrbahre
Frage, oder sonst durch ihr wildes Wesen, einem
jungen Menschen, der die Tugend liebt, eine
Schamröthe auszujagen. Jhrer viele, die den
Regeln einer falschen Politic nachgehen, und ihre
Ceremoniel-Wissenschafften nicht auf die Tugend-
Lehre gründen, meynen, es wäre am besten, wenn
man ein solch Frauenzimmer mit gleicher Müntze

bezahl-

Von dem Umgang mit Frauenzimmer.
ziehen, die ſeine Vollkommenheit gar ſehr beein-
traͤchtiget. Es koͤnnen ſich leicht Umſtaͤnde ereig-
nen, da er genoͤthiget wird, dasjenige, was er zu
dieſer Zeit, und wider das Frauenzimmer ſelbſt, als
einen Schertz geredet, zu einer andern Zeit, und vor
einer hoͤhern Geſellſchafft zu wiederhohlen, und alſo
zu einer Frau kommen, die er nicht verlangt gehabt,
und ehe er es vermuthend geweſen. Dafern er
weiß, daß er ſeine verliebten Thorheiten am eheſten
zu der Zeit an den Tag legt, da er einige Glaͤſer
Wein mehr getruncken, als ſonſt gewoͤhnlich, ſo
muß er ſich uͤberhaupt in acht nehmen, daß er nicht
mehr Wein oder andere hitzigen Getraͤncke zu ſich
nimmt, als er ohne Abbruch ſeiner Geſundheit, und
des Gebrauchs ſeiner geſunden Vernunfft vertra-
gen kan, oder muß alsdenn den Frauenzimmer-
Geſellſchafften aus dem Wege gehen.

§. 7. Bißweilen finden ſich unverſchaͤmte Wei-
bes-Perſonen, die den frechſten Maͤnnern an Frech-
heit gleich ſind, und dieſelbe in ihren Geberden,
Worten und Handlungen erweiſen. Dieſe ma-
chen ſich ein Vergnuͤgen davon, wenn ſie Gele-
genheit finden, durch eine und andre unehrbahre
Frage, oder ſonſt durch ihr wildes Weſen, einem
jungen Menſchen, der die Tugend liebt, eine
Schamroͤthe auszujagen. Jhrer viele, die den
Regeln einer falſchen Politic nachgehen, und ihre
Ceremoniel-Wiſſenſchafften nicht auf die Tugend-
Lehre gruͤnden, meynen, es waͤre am beſten, wenn
man ein ſolch Frauenzimmer mit gleicher Muͤntze

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[367/0387] Von dem Umgang mit Frauenzimmer. ziehen, die ſeine Vollkommenheit gar ſehr beein- traͤchtiget. Es koͤnnen ſich leicht Umſtaͤnde ereig- nen, da er genoͤthiget wird, dasjenige, was er zu dieſer Zeit, und wider das Frauenzimmer ſelbſt, als einen Schertz geredet, zu einer andern Zeit, und vor einer hoͤhern Geſellſchafft zu wiederhohlen, und alſo zu einer Frau kommen, die er nicht verlangt gehabt, und ehe er es vermuthend geweſen. Dafern er weiß, daß er ſeine verliebten Thorheiten am eheſten zu der Zeit an den Tag legt, da er einige Glaͤſer Wein mehr getruncken, als ſonſt gewoͤhnlich, ſo muß er ſich uͤberhaupt in acht nehmen, daß er nicht mehr Wein oder andere hitzigen Getraͤncke zu ſich nimmt, als er ohne Abbruch ſeiner Geſundheit, und des Gebrauchs ſeiner geſunden Vernunfft vertra- gen kan, oder muß alsdenn den Frauenzimmer- Geſellſchafften aus dem Wege gehen. §. 7. Bißweilen finden ſich unverſchaͤmte Wei- bes-Perſonen, die den frechſten Maͤnnern an Frech- heit gleich ſind, und dieſelbe in ihren Geberden, Worten und Handlungen erweiſen. Dieſe ma- chen ſich ein Vergnuͤgen davon, wenn ſie Gele- genheit finden, durch eine und andre unehrbahre Frage, oder ſonſt durch ihr wildes Weſen, einem jungen Menſchen, der die Tugend liebt, eine Schamroͤthe auszujagen. Jhrer viele, die den Regeln einer falſchen Politic nachgehen, und ihre Ceremoniel-Wiſſenſchafften nicht auf die Tugend- Lehre gruͤnden, meynen, es waͤre am beſten, wenn man ein ſolch Frauenzimmer mit gleicher Muͤntze bezahl-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 367. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/387>, abgerufen am 25.11.2024.