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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Abstatt- u. Annehmung der Besuche.
meidlichen Wohlstandes wegen sich dergleichen
müssen gefallen lassen, nach dem sind ihnen diese
Besuche angenehme, oder mehr zuwieder.

§. 20. Man thut am besten, daß man sich aller
derjenigen Oerter enthält, wo einem entweder eine
gesuchte Visite zu vielen mahlen abgeschlagen, und
doch nachgehends andern von unsers gleichen erlau-
bet wird; oder da derjenige, den man besuchen will,
zu Hause ist, sich aber, ohne eine wichtige Raison,
entweder entschuldigen, oder wohl gar verläugnen,
oder uns zwar kommen läst, aber nicht so empfängt,
als es unserm Stand und Umständen gemäß, und
er andere von unsers gleichen wohl zu tractiren
pflegt.

§. 21. Bey Abstattung des Besuchs, und nach
gemachten Compliment, muß man Acht haben, ob
der Höhere selbst anfange zu sprechen, und uns etwas
zu fragen oder nicht; oder thut er dieses, so müssen wir
auf seine Fragen Acht haben, dieselben gehörig be-
antworten, oder ihn sonst sprechen lassen, was er
will, und die von ihm angefangene Materie fortse-
tzen, wo aber nicht, so müssen wir selbst reden, und
ihn, so lange wir bey ihm sind, von demjenigen un-
terhalten, was ihm am angenehmsten zu hören, wie
wir dieses schon vorher müssen erfahren haben.

§. 22. An der Titulatur, die wir ihm bey der
Entre geben, ist sehr viel gelegen. Die erste An-
rede macht den ersten Eindruck von uns, da wir zu
ihm kommen, in seinem Gemüthe. Versehen wir
es nun hierinnen, und nennen denjenigen Minister,

den
Z

Von Abſtatt- u. Annehmung der Beſuche.
meidlichen Wohlſtandes wegen ſich dergleichen
muͤſſen gefallen laſſen, nach dem ſind ihnen dieſe
Beſuche angenehme, oder mehr zuwieder.

§. 20. Man thut am beſten, daß man ſich aller
derjenigen Oerter enthaͤlt, wo einem entweder eine
geſuchte Viſite zu vielen mahlen abgeſchlagen, und
doch nachgehends andern von unſers gleichen erlau-
bet wird; oder da derjenige, den man beſuchen will,
zu Hauſe iſt, ſich aber, ohne eine wichtige Raiſon,
entweder entſchuldigen, oder wohl gar verlaͤugnen,
oder uns zwar kommen laͤſt, aber nicht ſo empfaͤngt,
als es unſerm Stand und Umſtaͤnden gemaͤß, und
er andere von unſers gleichen wohl zu tractiren
pflegt.

§. 21. Bey Abſtattung des Beſuchs, und nach
gemachten Compliment, muß man Acht haben, ob
der Hoͤhere ſelbſt anfange zu ſprechen, und uns etwas
zu fragen oder nicht; oder thut er dieſes, ſo muͤſſen wir
auf ſeine Fragen Acht haben, dieſelben gehoͤrig be-
antworten, oder ihn ſonſt ſprechen laſſen, was er
will, und die von ihm angefangene Materie fortſe-
tzen, wo aber nicht, ſo muͤſſen wir ſelbſt reden, und
ihn, ſo lange wir bey ihm ſind, von demjenigen un-
terhalten, was ihm am angenehmſten zu hoͤren, wie
wir dieſes ſchon vorher muͤſſen erfahren haben.

§. 22. An der Titulatur, die wir ihm bey der
Entré geben, iſt ſehr viel gelegen. Die erſte An-
rede macht den erſten Eindruck von uns, da wir zu
ihm kommen, in ſeinem Gemuͤthe. Verſehen wir
es nun hierinnen, und nennen denjenigen Miniſter,

den
Z
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[353/0373] Von Abſtatt- u. Annehmung der Beſuche. meidlichen Wohlſtandes wegen ſich dergleichen muͤſſen gefallen laſſen, nach dem ſind ihnen dieſe Beſuche angenehme, oder mehr zuwieder. §. 20. Man thut am beſten, daß man ſich aller derjenigen Oerter enthaͤlt, wo einem entweder eine geſuchte Viſite zu vielen mahlen abgeſchlagen, und doch nachgehends andern von unſers gleichen erlau- bet wird; oder da derjenige, den man beſuchen will, zu Hauſe iſt, ſich aber, ohne eine wichtige Raiſon, entweder entſchuldigen, oder wohl gar verlaͤugnen, oder uns zwar kommen laͤſt, aber nicht ſo empfaͤngt, als es unſerm Stand und Umſtaͤnden gemaͤß, und er andere von unſers gleichen wohl zu tractiren pflegt. §. 21. Bey Abſtattung des Beſuchs, und nach gemachten Compliment, muß man Acht haben, ob der Hoͤhere ſelbſt anfange zu ſprechen, und uns etwas zu fragen oder nicht; oder thut er dieſes, ſo muͤſſen wir auf ſeine Fragen Acht haben, dieſelben gehoͤrig be- antworten, oder ihn ſonſt ſprechen laſſen, was er will, und die von ihm angefangene Materie fortſe- tzen, wo aber nicht, ſo muͤſſen wir ſelbſt reden, und ihn, ſo lange wir bey ihm ſind, von demjenigen un- terhalten, was ihm am angenehmſten zu hoͤren, wie wir dieſes ſchon vorher muͤſſen erfahren haben. §. 22. An der Titulatur, die wir ihm bey der Entré geben, iſt ſehr viel gelegen. Die erſte An- rede macht den erſten Eindruck von uns, da wir zu ihm kommen, in ſeinem Gemuͤthe. Verſehen wir es nun hierinnen, und nennen denjenigen Miniſter, den Z

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 353. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/373>, abgerufen am 27.11.2024.