Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.Vom Briefschreiben u. Correspondenz. ich finde unterschiedenes hiebey zu erinnern. DieWörter, gehorsamster, dienstschuldigster, dienst- willigster oder verbundenster Diener sind im ge- ringsten nicht in einerley Elasse mit einander zu setzen. Gehorsamst ist weit mehr, als dienstschul- digst, dienstschuldigst mehr als dienstwilligst, ver- bundenst auch noch mehr als dienstwilligst. Wenn ich mich gegen einen als Knecht unterschreibe, so erniedrige ich mich dadurch mehr, als wenn ich Diener setze. Gegen seines gleichen ist gehor- samst zu viel, an statt dessen ist gnug, gehorsamer Diener, oder dienstverbundenster, dienstergeben- ster, treuester Diener. Gegen die Höhern un- terschreibet man sich nach dem Unterscheid ihrer Hoheit, unterthänigst-gehorsamster, unterthänigster oder gehorsamster, allerunterthäniger oder gehor- samer, u. s. w. Gegen Käyserliche, Königliche und Chur-Fürstliche Personen unterschreibet man sich, allerunterthänigster, allergehorsamster. Hat man die Gnade, in ihren Diensten zu stehen, so setzet man noch dazu, Pflicht-schuldigster, oder Pflicht- verbundenster, allergetreuester, u. s. w. Gegen die Geringern unterschreibet man sich wiederum mit einigem Unterschiede, dienstwilligster, dienstwilliger, dienstschuldiger, dienstfertiger, dienstgeneigter u. s. w. Das Frauenzimmer pflegt gar öffters, um allen bö- sen Verdacht hiedurch von sich abzulehnen, bey ih- ren Unterschrifften an die Manns-Personen, das Wort Ehren dazu zu setzen, z. E. Ehren-gehor- samste, Ehren-dienstwilligste u. s. w. Doch, es ist dieses, Y
Vom Briefſchreiben u. Correſpondenz. ich finde unterſchiedenes hiebey zu erinnern. DieWoͤrter, gehorſamſter, dienſtſchuldigſter, dienſt- willigſter oder verbundenſter Diener ſind im ge- ringſten nicht in einerley Elaſſe mit einander zu ſetzen. Gehorſamſt iſt weit mehr, als dienſtſchul- digſt, dienſtſchuldigſt mehr als dienſtwilligſt, ver- bundenſt auch noch mehr als dienſtwilligſt. Wenn ich mich gegen einen als Knecht unterſchreibe, ſo erniedrige ich mich dadurch mehr, als wenn ich Diener ſetze. Gegen ſeines gleichen iſt gehor- ſamſt zu viel, an ſtatt deſſen iſt gnug, gehorſamer Diener, oder dienſtverbundenſter, dienſtergeben- ſter, treueſter Diener. Gegen die Hoͤhern un- terſchreibet man ſich nach dem Unterſcheid ihrer Hoheit, unterthaͤnigſt-gehorſamſter, unterthaͤnigſter oder gehorſamſter, allerunterthaͤniger oder gehor- ſamer, u. ſ. w. Gegen Kaͤyſerliche, Koͤnigliche und Chur-Fuͤrſtliche Perſonen unterſchreibet man ſich, allerunterthaͤnigſter, allergehorſamſter. Hat man die Gnade, in ihren Dienſten zu ſtehen, ſo ſetzet man noch dazu, Pflicht-ſchuldigſter, oder Pflicht- verbundenſter, allergetreueſter, u. ſ. w. Gegen die Geringern unterſchreibet man ſich wiederum mit einigem Unterſchiede, dienſtwilligſter, dienſtwilliger, dienſtſchuldiger, dienſtfertiger, dienſtgeneigter u. ſ. w. Das Frauenzimmer pflegt gar oͤffters, um allen boͤ- ſen Verdacht hiedurch von ſich abzulehnen, bey ih- ren Unterſchrifften an die Manns-Perſonen, das Wort Ehren dazu zu ſetzen, z. E. Ehren-gehor- ſamſte, Ehren-dienſtwilligſte u. ſ. w. Doch, es iſt dieſes, Y
<TEI> <text> <body> <div n="1"> <p><pb facs="#f0357" n="337"/><fw place="top" type="header"><hi rendition="#b">Vom Briefſchreiben u. <hi rendition="#aq">Correſpondenz.</hi></hi></fw><lb/> ich finde unterſchiedenes hiebey zu erinnern. Die<lb/> Woͤrter, gehorſamſter, dienſtſchuldigſter, dienſt-<lb/> willigſter oder verbundenſter Diener ſind im ge-<lb/> ringſten nicht in einerley Elaſſe mit einander zu<lb/> ſetzen. Gehorſamſt iſt weit mehr, als dienſtſchul-<lb/> digſt, dienſtſchuldigſt mehr als dienſtwilligſt, ver-<lb/> bundenſt auch noch mehr als dienſtwilligſt. Wenn<lb/> ich mich gegen einen als Knecht unterſchreibe, ſo<lb/> erniedrige ich mich dadurch mehr, als wenn ich<lb/> Diener ſetze. Gegen ſeines gleichen iſt gehor-<lb/> ſamſt zu viel, an ſtatt deſſen iſt gnug, gehorſamer<lb/> Diener, oder dienſtverbundenſter, dienſtergeben-<lb/> ſter, treueſter Diener. Gegen die Hoͤhern un-<lb/> terſchreibet man ſich nach dem Unterſcheid ihrer<lb/> Hoheit, unterthaͤnigſt-gehorſamſter, unterthaͤnigſter<lb/> oder gehorſamſter, allerunterthaͤniger oder gehor-<lb/> ſamer, u. ſ. w. Gegen Kaͤyſerliche, Koͤnigliche<lb/> und Chur-Fuͤrſtliche Perſonen unterſchreibet man<lb/> ſich, allerunterthaͤnigſter, allergehorſamſter. Hat<lb/> man die Gnade, in ihren Dienſten zu ſtehen, ſo ſetzet<lb/> man noch dazu, Pflicht-ſchuldigſter, oder Pflicht-<lb/> verbundenſter, allergetreueſter, u. ſ. w. Gegen die<lb/> Geringern unterſchreibet man ſich wiederum mit<lb/> einigem Unterſchiede, dienſtwilligſter, dienſtwilliger,<lb/> dienſtſchuldiger, dienſtfertiger, dienſtgeneigter u. ſ. w.<lb/> Das Frauenzimmer pflegt gar oͤffters, um allen boͤ-<lb/> ſen Verdacht hiedurch von ſich abzulehnen, bey ih-<lb/> ren Unterſchrifften an die Manns-Perſonen, das<lb/> Wort <hi rendition="#fr">Ehren</hi> dazu zu ſetzen, z. E. Ehren-gehor-<lb/> ſamſte, Ehren-dienſtwilligſte u. ſ. w. Doch, es iſt<lb/> <fw place="bottom" type="sig">Y</fw><fw place="bottom" type="catch">dieſes,</fw><lb/></p> </div> </body> </text> </TEI> [337/0357]
Vom Briefſchreiben u. Correſpondenz.
ich finde unterſchiedenes hiebey zu erinnern. Die
Woͤrter, gehorſamſter, dienſtſchuldigſter, dienſt-
willigſter oder verbundenſter Diener ſind im ge-
ringſten nicht in einerley Elaſſe mit einander zu
ſetzen. Gehorſamſt iſt weit mehr, als dienſtſchul-
digſt, dienſtſchuldigſt mehr als dienſtwilligſt, ver-
bundenſt auch noch mehr als dienſtwilligſt. Wenn
ich mich gegen einen als Knecht unterſchreibe, ſo
erniedrige ich mich dadurch mehr, als wenn ich
Diener ſetze. Gegen ſeines gleichen iſt gehor-
ſamſt zu viel, an ſtatt deſſen iſt gnug, gehorſamer
Diener, oder dienſtverbundenſter, dienſtergeben-
ſter, treueſter Diener. Gegen die Hoͤhern un-
terſchreibet man ſich nach dem Unterſcheid ihrer
Hoheit, unterthaͤnigſt-gehorſamſter, unterthaͤnigſter
oder gehorſamſter, allerunterthaͤniger oder gehor-
ſamer, u. ſ. w. Gegen Kaͤyſerliche, Koͤnigliche
und Chur-Fuͤrſtliche Perſonen unterſchreibet man
ſich, allerunterthaͤnigſter, allergehorſamſter. Hat
man die Gnade, in ihren Dienſten zu ſtehen, ſo ſetzet
man noch dazu, Pflicht-ſchuldigſter, oder Pflicht-
verbundenſter, allergetreueſter, u. ſ. w. Gegen die
Geringern unterſchreibet man ſich wiederum mit
einigem Unterſchiede, dienſtwilligſter, dienſtwilliger,
dienſtſchuldiger, dienſtfertiger, dienſtgeneigter u. ſ. w.
Das Frauenzimmer pflegt gar oͤffters, um allen boͤ-
ſen Verdacht hiedurch von ſich abzulehnen, bey ih-
ren Unterſchrifften an die Manns-Perſonen, das
Wort Ehren dazu zu ſetzen, z. E. Ehren-gehor-
ſamſte, Ehren-dienſtwilligſte u. ſ. w. Doch, es iſt
dieſes,
Y
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools
|
URL zu diesem Werk: | https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728 |
URL zu dieser Seite: | https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/357 |
Zitationshilfe: | Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 337. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/357>, abgerufen am 20.07.2024. |