klaget seine Noth zuförderst GOtt, und denjenigen, von denen er sich mit gutem Grund Hülffe oder Trost zu versprechen hat, im übrigen weiter niemand nicht.
§. 21. Bey seinen Reden beobachtet er nicht al- lein die Umstände der Personen, und der Zeit, son- dern auch des Ortes: Bey Tische enthält er sich alles dessen, wodurch der Appetit zum Speisen kön- te gemindert werden. Es war demnach ein gar un- sauberer Discours, wie ein gewisser Priester über der Tafel einer hohen Standes-Person erzehlte: daß seine selige Frau mit unsäglichen Steinschmer- tzen beschweret gewesen, es wäre ihr auch noch kurtz vor ihrem Tode ein Stein aus der Harn-Röhre gegangen, der so groß gewesen, als die Mandelkerne, die die Fürstliche Person damahls in der Hand hat- te. Bey dieser Erzehlung ward der Teller mit den Mandelkernen geschwinde hervor gegeben, und der Tisch-Gesellschafft der Appetit zum Mandelkernen ziemlich vermindert.
§. 22. Von gesalbten Häuptern, Durchlauch- tigen und illustren Personen beyderley Geschlechts, bevorab von seiner eigenen Landes-Herrschafft, re- det er mit besonderer Ehrerbietung, als welche GOtt gewürdiget, seine Stelle auf Erden zu verwalten, denn er weiß ihre geheimen Absichten nicht, deren guter Ausgang ihm offt weisen kan, wie sehr er sich in seinem unbedachtsamen Urthel vergangen. Er ist nicht zum Schiedsmann und Richter ihrer Tha- ten gesetzt, welches sich GOtt allein vorbehalten;
er
II. Theil. II. Capitul.
klaget ſeine Noth zufoͤrderſt GOtt, und denjenigen, von denen er ſich mit gutem Grund Huͤlffe oder Troſt zu verſprechen hat, im uͤbrigen weiter niemand nicht.
§. 21. Bey ſeinen Reden beobachtet er nicht al- lein die Umſtaͤnde der Perſonen, und der Zeit, ſon- dern auch des Ortes: Bey Tiſche enthaͤlt er ſich alles deſſen, wodurch der Appetit zum Speiſen koͤn- te gemindert werden. Es war demnach ein gar un- ſauberer Diſcours, wie ein gewiſſer Prieſter uͤber der Tafel einer hohen Standes-Perſon erzehlte: daß ſeine ſelige Frau mit unſaͤglichen Steinſchmer- tzen beſchweret geweſen, es waͤre ihr auch noch kurtz vor ihrem Tode ein Stein aus der Harn-Roͤhre gegangen, der ſo groß geweſen, als die Mandelkerne, die die Fuͤrſtliche Perſon damahls in der Hand hat- te. Bey dieſer Erzehlung ward der Teller mit den Mandelkernen geſchwinde hervor gegeben, und der Tiſch-Geſellſchafft der Appetit zum Mandelkernen ziemlich vermindert.
§. 22. Von geſalbten Haͤuptern, Durchlauch- tigen und illuſtren Perſonen beyderley Geſchlechts, bevorab von ſeiner eigenen Landes-Herrſchafft, re- det er mit beſonderer Ehrerbietung, als welche GOtt gewuͤrdiget, ſeine Stelle auf Erden zu verwalten, denn er weiß ihre geheimen Abſichten nicht, deren guter Ausgang ihm offt weiſen kan, wie ſehr er ſich in ſeinem unbedachtſamen Urthel vergangen. Er iſt nicht zum Schiedsmann und Richter ihrer Tha- ten geſetzt, welches ſich GOtt allein vorbehalten;
er
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II. Theil. II. Capitul.
klaget ſeine Noth zufoͤrderſt GOtt, und denjenigen,
von denen er ſich mit gutem Grund Huͤlffe oder
Troſt zu verſprechen hat, im uͤbrigen weiter niemand
nicht.
§. 21. Bey ſeinen Reden beobachtet er nicht al-
lein die Umſtaͤnde der Perſonen, und der Zeit, ſon-
dern auch des Ortes: Bey Tiſche enthaͤlt er ſich
alles deſſen, wodurch der Appetit zum Speiſen koͤn-
te gemindert werden. Es war demnach ein gar un-
ſauberer Diſcours, wie ein gewiſſer Prieſter uͤber
der Tafel einer hohen Standes-Perſon erzehlte:
daß ſeine ſelige Frau mit unſaͤglichen Steinſchmer-
tzen beſchweret geweſen, es waͤre ihr auch noch kurtz
vor ihrem Tode ein Stein aus der Harn-Roͤhre
gegangen, der ſo groß geweſen, als die Mandelkerne,
die die Fuͤrſtliche Perſon damahls in der Hand hat-
te. Bey dieſer Erzehlung ward der Teller mit den
Mandelkernen geſchwinde hervor gegeben, und der
Tiſch-Geſellſchafft der Appetit zum Mandelkernen
ziemlich vermindert.
§. 22. Von geſalbten Haͤuptern, Durchlauch-
tigen und illuſtren Perſonen beyderley Geſchlechts,
bevorab von ſeiner eigenen Landes-Herrſchafft, re-
det er mit beſonderer Ehrerbietung, als welche GOtt
gewuͤrdiget, ſeine Stelle auf Erden zu verwalten,
denn er weiß ihre geheimen Abſichten nicht, deren
guter Ausgang ihm offt weiſen kan, wie ſehr er ſich
in ſeinem unbedachtſamen Urthel vergangen. Er
iſt nicht zum Schiedsmann und Richter ihrer Tha-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 292. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/312>, abgerufen am 22.11.2024.
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