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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. II. Capitul.
und Welt-Manieren aufhören; iedoch muß man
auch mit Abstattung der Pflichten, die man dem
großen GOtt schuldig, die Höfligkeit und Christ-
liche Klugheit vereinigen. Man thut wohl, wenn
man nicht selbst decidirt, sondern die Sätze und
Gründe aus GOttes Wort anführt, da er dieses
oder jenes verboten, und wenn man alles auf eine
überzeugende Weise vorgestellt, alsdenn der Uber-
legung der Höhern selbst anheim stellt, auf was
vor Art sie dergleichen Handlung anzusehen ha-
ben.

§. 11. Gleichwie unsere vernünfftige Hand-
lungen mit einander harmoniren müssen, also muß
man auch dahin sehen, daß unter den Materien der
Rede eine Verwandtschafft sey, und man nicht
leicht etwas vorbringe, als was mit dem, so man
vorher gesprochen, einige Verbindung habe, oder
wozu des andern Discourse Gelegenheit geben.
Unsere Gedancken schweifen wohl bald auf dieses,
bald auf jenes aus, und finden aus des andern Re-
den einige Verknüpffung, wenn aber den andern
aus der Gesellschafft dieselbige etwas fremde und
unbekannt anscheinen möchte, so muß man diese
Gedancken lieber bey sich behalten, und sie nicht
mündlich ausdrücken.

§. 12. Es ist nichts so unangenehm und verdrieß-
lich, als die Discourse gewisser Leute, welche sich
befleißigen, und gleichsam eine Ehre darinnen su-
chen, daß sie alles sagen, was sie gedencken. Ein
Mensch von solcher Gemüths-Beschaffenheit, wird

kein

II. Theil. II. Capitul.
und Welt-Manieren aufhoͤren; iedoch muß man
auch mit Abſtattung der Pflichten, die man dem
großen GOtt ſchuldig, die Hoͤfligkeit und Chriſt-
liche Klugheit vereinigen. Man thut wohl, wenn
man nicht ſelbſt decidirt, ſondern die Saͤtze und
Gruͤnde aus GOttes Wort anfuͤhrt, da er dieſes
oder jenes verboten, und wenn man alles auf eine
uͤberzeugende Weiſe vorgeſtellt, alsdenn der Uber-
legung der Hoͤhern ſelbſt anheim ſtellt, auf was
vor Art ſie dergleichen Handlung anzuſehen ha-
ben.

§. 11. Gleichwie unſere vernuͤnfftige Hand-
lungen mit einander harmoniren muͤſſen, alſo muß
man auch dahin ſehen, daß unter den Materien der
Rede eine Verwandtſchafft ſey, und man nicht
leicht etwas vorbringe, als was mit dem, ſo man
vorher geſprochen, einige Verbindung habe, oder
wozu des andern Diſcourſe Gelegenheit geben.
Unſere Gedancken ſchweifen wohl bald auf dieſes,
bald auf jenes aus, und finden aus des andern Re-
den einige Verknuͤpffung, wenn aber den andern
aus der Geſellſchafft dieſelbige etwas fremde und
unbekannt anſcheinen moͤchte, ſo muß man dieſe
Gedancken lieber bey ſich behalten, und ſie nicht
muͤndlich ausdruͤcken.

§. 12. Es iſt nichts ſo unangenehm und verdrieß-
lich, als die Diſcourſe gewiſſer Leute, welche ſich
befleißigen, und gleichſam eine Ehre darinnen ſu-
chen, daß ſie alles ſagen, was ſie gedencken. Ein
Menſch von ſolcher Gemuͤths-Beſchaffenheit, wird

kein
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[286/0306] II. Theil. II. Capitul. und Welt-Manieren aufhoͤren; iedoch muß man auch mit Abſtattung der Pflichten, die man dem großen GOtt ſchuldig, die Hoͤfligkeit und Chriſt- liche Klugheit vereinigen. Man thut wohl, wenn man nicht ſelbſt decidirt, ſondern die Saͤtze und Gruͤnde aus GOttes Wort anfuͤhrt, da er dieſes oder jenes verboten, und wenn man alles auf eine uͤberzeugende Weiſe vorgeſtellt, alsdenn der Uber- legung der Hoͤhern ſelbſt anheim ſtellt, auf was vor Art ſie dergleichen Handlung anzuſehen ha- ben. §. 11. Gleichwie unſere vernuͤnfftige Hand- lungen mit einander harmoniren muͤſſen, alſo muß man auch dahin ſehen, daß unter den Materien der Rede eine Verwandtſchafft ſey, und man nicht leicht etwas vorbringe, als was mit dem, ſo man vorher geſprochen, einige Verbindung habe, oder wozu des andern Diſcourſe Gelegenheit geben. Unſere Gedancken ſchweifen wohl bald auf dieſes, bald auf jenes aus, und finden aus des andern Re- den einige Verknuͤpffung, wenn aber den andern aus der Geſellſchafft dieſelbige etwas fremde und unbekannt anſcheinen moͤchte, ſo muß man dieſe Gedancken lieber bey ſich behalten, und ſie nicht muͤndlich ausdruͤcken. §. 12. Es iſt nichts ſo unangenehm und verdrieß- lich, als die Diſcourſe gewiſſer Leute, welche ſich befleißigen, und gleichſam eine Ehre darinnen ſu- chen, daß ſie alles ſagen, was ſie gedencken. Ein Menſch von ſolcher Gemuͤths-Beſchaffenheit, wird kein

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 286. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/306>, abgerufen am 22.11.2024.