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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Gottesdienst.
GOttes und zum Seelen-Heyl seines Nächsten,
in seinen Discoursen etwas mit vorbringen möge.
Jnsonderheit giebet er auf das tempo Acht, da er
eine gute Gelegenheit vor sich findet, etwas aus
GOttes Wort zu reden, und da er versichert, daß
er willigere Zuhörer finden möchte. Bey gewis-
sen Umständen kan es die Welt vertragen, daß man
ihr etwas aus GOttes Wort vorschwatzt. Wenn
sie in recht große Noth gekommen, so geben ihr die
Widerwärtigkeiten bißweilen eine Erinnerung.
Hat ein geistreicher Lehrer ihr Hertze einmahl ge-
rühret, so bekommen sie einen fliegenden Andachts-
Trieb, ist ein hefftiges Ungewitter am Himmel, daß
ihnen den Tod drohet, so fällt manchen von den
Welt-Kindern eine Gedancke ein von der Furcht
und Ehrerbietung gegen GOtt. Sehen sie, daß
einer von ihren Cameraden sich mit einer erbärm-
lichen Kranckheit herum schleppet, und sich sein
Zustand so verschlimmert, daß er den Pforten der
Ewigkeit nunmehr gantz nahe, so würcket die Vor-
stellung, der Flüchtigkeit der menschlichen Dinge,
und der künfftigen Veränderung einige gute Bewe-
gungen in ihren Seelen. Diese und andere der-
gleichen Umstände mehr, machet sich ein vernünff-
tiger Christ wohl zu Nutze, und giebet ihnen entwe-
der einige erbauliche Lehren zu ihrer Erinnerung
und Aufmunterung, oder setzt die gottseeligen Ge-
spräche, die sie in der Angst selbst angefangen, wei-
ter fort.

§. 22. Er zeiget auf eine überführende Weise,

wie

Vom Gottesdienſt.
GOttes und zum Seelen-Heyl ſeines Naͤchſten,
in ſeinen Diſcourſen etwas mit vorbringen moͤge.
Jnſonderheit giebet er auf das tempo Acht, da er
eine gute Gelegenheit vor ſich findet, etwas aus
GOttes Wort zu reden, und da er verſichert, daß
er willigere Zuhoͤrer finden moͤchte. Bey gewiſ-
ſen Umſtaͤnden kan es die Welt vertragen, daß man
ihr etwas aus GOttes Wort vorſchwatzt. Wenn
ſie in recht große Noth gekommen, ſo geben ihr die
Widerwaͤrtigkeiten bißweilen eine Erinnerung.
Hat ein geiſtreicher Lehrer ihr Hertze einmahl ge-
ruͤhret, ſo bekommen ſie einen fliegenden Andachts-
Trieb, iſt ein hefftiges Ungewitter am Himmel, daß
ihnen den Tod drohet, ſo faͤllt manchen von den
Welt-Kindern eine Gedancke ein von der Furcht
und Ehrerbietung gegen GOtt. Sehen ſie, daß
einer von ihren Cameraden ſich mit einer erbaͤrm-
lichen Kranckheit herum ſchleppet, und ſich ſein
Zuſtand ſo verſchlimmert, daß er den Pforten der
Ewigkeit nunmehr gantz nahe, ſo wuͤrcket die Vor-
ſtellung, der Fluͤchtigkeit der menſchlichen Dinge,
und der kuͤnfftigen Veraͤnderung einige gute Bewe-
gungen in ihren Seelen. Dieſe und andere der-
gleichen Umſtaͤnde mehr, machet ſich ein vernuͤnff-
tiger Chriſt wohl zu Nutze, und giebet ihnen entwe-
der einige erbauliche Lehren zu ihrer Erinnerung
und Aufmunterung, oder ſetzt die gottſeeligen Ge-
ſpraͤche, die ſie in der Angſt ſelbſt angefangen, wei-
ter fort.

§. 22. Er zeiget auf eine uͤberfuͤhrende Weiſe,

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[269/0289] Vom Gottesdienſt. GOttes und zum Seelen-Heyl ſeines Naͤchſten, in ſeinen Diſcourſen etwas mit vorbringen moͤge. Jnſonderheit giebet er auf das tempo Acht, da er eine gute Gelegenheit vor ſich findet, etwas aus GOttes Wort zu reden, und da er verſichert, daß er willigere Zuhoͤrer finden moͤchte. Bey gewiſ- ſen Umſtaͤnden kan es die Welt vertragen, daß man ihr etwas aus GOttes Wort vorſchwatzt. Wenn ſie in recht große Noth gekommen, ſo geben ihr die Widerwaͤrtigkeiten bißweilen eine Erinnerung. Hat ein geiſtreicher Lehrer ihr Hertze einmahl ge- ruͤhret, ſo bekommen ſie einen fliegenden Andachts- Trieb, iſt ein hefftiges Ungewitter am Himmel, daß ihnen den Tod drohet, ſo faͤllt manchen von den Welt-Kindern eine Gedancke ein von der Furcht und Ehrerbietung gegen GOtt. Sehen ſie, daß einer von ihren Cameraden ſich mit einer erbaͤrm- lichen Kranckheit herum ſchleppet, und ſich ſein Zuſtand ſo verſchlimmert, daß er den Pforten der Ewigkeit nunmehr gantz nahe, ſo wuͤrcket die Vor- ſtellung, der Fluͤchtigkeit der menſchlichen Dinge, und der kuͤnfftigen Veraͤnderung einige gute Bewe- gungen in ihren Seelen. Dieſe und andere der- gleichen Umſtaͤnde mehr, machet ſich ein vernuͤnff- tiger Chriſt wohl zu Nutze, und giebet ihnen entwe- der einige erbauliche Lehren zu ihrer Erinnerung und Aufmunterung, oder ſetzt die gottſeeligen Ge- ſpraͤche, die ſie in der Angſt ſelbſt angefangen, wei- ter fort. §. 22. Er zeiget auf eine uͤberfuͤhrende Weiſe, wie

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 269. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/289>, abgerufen am 24.11.2024.