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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. I. Capitul.
Handlungen des Gottesdienstes auf eine solche Art
profaniren, in einem Hause, welches der Ehre
GOttes gewidmet.

§. 14. Ein vernünfftiger Mensch läst sich durch
die Exempel anderer nicht irre machen, er versäu-
met den an den Sonn- und Fest-Tägen angeord-
neten Gottesdienst niemahls ohne Noth, er ist der
erste mit von denen die in die Kirche gehen, und der
letzte, der heraus gehet, er enthält sich alles dessen,
wodurch seine Andacht gestöhret werden könte, und
giebt bey der Predigt einen aufmercksamen Zuhö-
rer ab. Bey dem singen der Christlichen Gesän-
ge, achtet er sichs nicht vor eine Schande, das Ge-
sang-Buch in die Hand zu nehmen, sintemahl er
wohl weiß, daß man nicht allein die Lieder, zumahl
die fremden und unbekandten genauer mitsingen
kan, sondern auch die Andacht durch das Buch
mehr erweckt, und den fremden Gedancken ge-
wehret wird. Er beklaget die Thorheit der Welt-
gesinnten, die bey dem Gesang der Christlichen
Lieder, entweder als die steinern Oehl-Götzen da
sitzen, oder doch die Lieder verstümmelt, falsch und
ohne Aufmercksamkeit zum Aergerniß, und bißwei-
len gar zum Gelächter ihrer Nachbarn mitsingen,
da sie doch fast niemahls in ein Opern- Hauß ge-
hen, wenn sie nicht das gedruckete Opern-Buch
mitnehmen solten, und nachgehends fast kein Auge
davon verwenden.

§. 15. Bey den allgemeinen Fast-Buß- und
Beth-Tägen, die zu gewissen Zeiten ausgeschrieben

wor-

II. Theil. I. Capitul.
Handlungen des Gottesdienſtes auf eine ſolche Art
profaniren, in einem Hauſe, welches der Ehre
GOttes gewidmet.

§. 14. Ein vernuͤnfftiger Menſch laͤſt ſich durch
die Exempel anderer nicht irre machen, er verſaͤu-
met den an den Sonn- und Feſt-Taͤgen angeord-
neten Gottesdienſt niemahls ohne Noth, er iſt der
erſte mit von denen die in die Kirche gehen, und der
letzte, der heraus gehet, er enthaͤlt ſich alles deſſen,
wodurch ſeine Andacht geſtoͤhret werden koͤnte, und
giebt bey der Predigt einen aufmerckſamen Zuhoͤ-
rer ab. Bey dem ſingen der Chriſtlichen Geſaͤn-
ge, achtet er ſichs nicht vor eine Schande, das Ge-
ſang-Buch in die Hand zu nehmen, ſintemahl er
wohl weiß, daß man nicht allein die Lieder, zumahl
die fremden und unbekandten genauer mitſingen
kan, ſondern auch die Andacht durch das Buch
mehr erweckt, und den fremden Gedancken ge-
wehret wird. Er beklaget die Thorheit der Welt-
geſinnten, die bey dem Geſang der Chriſtlichen
Lieder, entweder als die ſteinern Oehl-Goͤtzen da
ſitzen, oder doch die Lieder verſtuͤmmelt, falſch und
ohne Aufmerckſamkeit zum Aergerniß, und bißwei-
len gar zum Gelaͤchter ihrer Nachbarn mitſingen,
da ſie doch faſt niemahls in ein Opern- Hauß ge-
hen, wenn ſie nicht das gedruckete Opern-Buch
mitnehmen ſolten, und nachgehends faſt kein Auge
davon verwenden.

§. 15. Bey den allgemeinen Faſt-Buß- und
Beth-Taͤgen, die zu gewiſſen Zeiten ausgeſchrieben

wor-
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[260/0280] II. Theil. I. Capitul. Handlungen des Gottesdienſtes auf eine ſolche Art profaniren, in einem Hauſe, welches der Ehre GOttes gewidmet. §. 14. Ein vernuͤnfftiger Menſch laͤſt ſich durch die Exempel anderer nicht irre machen, er verſaͤu- met den an den Sonn- und Feſt-Taͤgen angeord- neten Gottesdienſt niemahls ohne Noth, er iſt der erſte mit von denen die in die Kirche gehen, und der letzte, der heraus gehet, er enthaͤlt ſich alles deſſen, wodurch ſeine Andacht geſtoͤhret werden koͤnte, und giebt bey der Predigt einen aufmerckſamen Zuhoͤ- rer ab. Bey dem ſingen der Chriſtlichen Geſaͤn- ge, achtet er ſichs nicht vor eine Schande, das Ge- ſang-Buch in die Hand zu nehmen, ſintemahl er wohl weiß, daß man nicht allein die Lieder, zumahl die fremden und unbekandten genauer mitſingen kan, ſondern auch die Andacht durch das Buch mehr erweckt, und den fremden Gedancken ge- wehret wird. Er beklaget die Thorheit der Welt- geſinnten, die bey dem Geſang der Chriſtlichen Lieder, entweder als die ſteinern Oehl-Goͤtzen da ſitzen, oder doch die Lieder verſtuͤmmelt, falſch und ohne Aufmerckſamkeit zum Aergerniß, und bißwei- len gar zum Gelaͤchter ihrer Nachbarn mitſingen, da ſie doch faſt niemahls in ein Opern- Hauß ge- hen, wenn ſie nicht das gedruckete Opern-Buch mitnehmen ſolten, und nachgehends faſt kein Auge davon verwenden. §. 15. Bey den allgemeinen Faſt-Buß- und Beth-Taͤgen, die zu gewiſſen Zeiten ausgeſchrieben wor-

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 260. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/280>, abgerufen am 24.11.2024.