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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Vom Gottesdienste.
über Land verschicken, oder ihn doch sonst von der
Kirche abhalten, inzwischen wird er bey diesem Fall
eben nicht von dem äusserlichen Gottesdienst abge-
halten. GOtt wohnet nicht im Tempel, der mit
Händen gemacht, sondern er kan allenthalben ver-
ehret werden. Jst einer des Sonntags allein auf
der Strasse, oder in der Gesellschafft derer, die ihn
von dem äusserlichen Gottesdienst nicht abhalten
dürffen noch können, so kan er seinen GOtt mit lau-
ter Stimme so wohl anruffen und ihm dancken, als
mit der Gemeinde; befindet er sich an diesem Tage
an einem solchen Ort, da er es nicht mit lauter
Stimme thun darf, als, ein Soldat auf der Schild-
wache, ein Hof-Cavalier in dem Vorgemach sei-
nes Herrn, u. s. w. so wird er doch nicht verhindert,
mit sachter Stimme seinen GOtt anzuflehen, in sei-
ner Seele geistliche Betrachtungen anzustellen, auch
wohl GOttes Wort und ein ander geistlich Buch
zu lesen; und also gehet bey diesem Fall im gering-
sten nicht der Herren Dienst über GOttes Dienst.
Gesetzt aber, daß auch einer an dem äusserlichen
Gottesdienst verhindert werden solte, da er nemlich,
dem Herrn-Dienst nach, in der Gesellschafft ande-
rer Leute sich aufhalten muß, da er, ohne vor einen
Thoren gehalten zu werden, unmöglich mit dem
Munde beten, noch singen, oder lesen kan, (wiewohl
auch manche von denen, die sich, ihren Gedancken
nach, des Sonntags bey andern Leuten aufhalten
müssen, auf eine gute Zeit von den andern mit gu-
ter Manier entfernen, und ihrem GOtt in der Stil-

le

Vom Gottesdienſte.
uͤber Land verſchicken, oder ihn doch ſonſt von der
Kirche abhalten, inzwiſchen wird er bey dieſem Fall
eben nicht von dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt abge-
halten. GOtt wohnet nicht im Tempel, der mit
Haͤnden gemacht, ſondern er kan allenthalben ver-
ehret werden. Jſt einer des Sonntags allein auf
der Straſſe, oder in der Geſellſchafft derer, die ihn
von dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt nicht abhalten
duͤrffen noch koͤnnen, ſo kan er ſeinen GOtt mit lau-
ter Stimme ſo wohl anruffen und ihm dancken, als
mit der Gemeinde; befindet er ſich an dieſem Tage
an einem ſolchen Ort, da er es nicht mit lauter
Stimme thun darf, als, ein Soldat auf der Schild-
wache, ein Hof-Cavalier in dem Vorgemach ſei-
nes Herrn, u. ſ. w. ſo wird er doch nicht verhindert,
mit ſachter Stimme ſeinen GOtt anzuflehen, in ſei-
ner Seele geiſtliche Betrachtungen anzuſtellen, auch
wohl GOttes Wort und ein ander geiſtlich Buch
zu leſen; und alſo gehet bey dieſem Fall im gering-
ſten nicht der Herren Dienſt uͤber GOttes Dienſt.
Geſetzt aber, daß auch einer an dem aͤuſſerlichen
Gottesdienſt verhindert werden ſolte, da er nemlich,
dem Herrn-Dienſt nach, in der Geſellſchafft ande-
rer Leute ſich aufhalten muß, da er, ohne vor einen
Thoren gehalten zu werden, unmoͤglich mit dem
Munde beten, noch ſingen, oder leſen kan, (wiewohl
auch manche von denen, die ſich, ihren Gedancken
nach, des Sonntags bey andern Leuten aufhalten
muͤſſen, auf eine gute Zeit von den andern mit gu-
ter Manier entfernen, und ihrem GOtt in der Stil-

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[255/0275] Vom Gottesdienſte. uͤber Land verſchicken, oder ihn doch ſonſt von der Kirche abhalten, inzwiſchen wird er bey dieſem Fall eben nicht von dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt abge- halten. GOtt wohnet nicht im Tempel, der mit Haͤnden gemacht, ſondern er kan allenthalben ver- ehret werden. Jſt einer des Sonntags allein auf der Straſſe, oder in der Geſellſchafft derer, die ihn von dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt nicht abhalten duͤrffen noch koͤnnen, ſo kan er ſeinen GOtt mit lau- ter Stimme ſo wohl anruffen und ihm dancken, als mit der Gemeinde; befindet er ſich an dieſem Tage an einem ſolchen Ort, da er es nicht mit lauter Stimme thun darf, als, ein Soldat auf der Schild- wache, ein Hof-Cavalier in dem Vorgemach ſei- nes Herrn, u. ſ. w. ſo wird er doch nicht verhindert, mit ſachter Stimme ſeinen GOtt anzuflehen, in ſei- ner Seele geiſtliche Betrachtungen anzuſtellen, auch wohl GOttes Wort und ein ander geiſtlich Buch zu leſen; und alſo gehet bey dieſem Fall im gering- ſten nicht der Herren Dienſt uͤber GOttes Dienſt. Geſetzt aber, daß auch einer an dem aͤuſſerlichen Gottesdienſt verhindert werden ſolte, da er nemlich, dem Herrn-Dienſt nach, in der Geſellſchafft ande- rer Leute ſich aufhalten muß, da er, ohne vor einen Thoren gehalten zu werden, unmoͤglich mit dem Munde beten, noch ſingen, oder leſen kan, (wiewohl auch manche von denen, die ſich, ihren Gedancken nach, des Sonntags bey andern Leuten aufhalten muͤſſen, auf eine gute Zeit von den andern mit gu- ter Manier entfernen, und ihrem GOtt in der Stil- le

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 255. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/275>, abgerufen am 24.11.2024.