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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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II. Theil. I. Capitul.
oder auch nur bloß an Gelde übertreffen, bey vielen
Handlungen des bürgerlichen Lebens, vor den übri-
gen mancherley Vorzüge, theils durch Vergünsti-
gung der Höchsten im Lande erlangt, theils auch
sich nur bloß angemaßt, also wollen sie dieselben
auch auf die Handlungen des äusserlichen Gottes-
dienstes erstrecken, und allenthalben etwas eignes
haben, sie wollen nicht so beten, wie die gemeinen
Leute, das Wort GOttes nicht so hören, wie sie,
den Sonntag nicht so heiligen, nicht so beichten,
nicht so zum heiligen Abendmahl gehen, sich nicht
so trauen lassen, ihre Kinder nicht so tauffen lassen,
nicht so sterben, und auch auf die Weise nicht begra-
ben werden, wie die andern; wenn nur auch der
große GOtt vor solche eigensinnige Leute einen eig-
nen Himmel hätte, da sie wie hier auf Erden von
den andern abgesondert wären. Die Consistoria
erfahren den Hochmuth der Höhern und Reichern,
der vor die Haupt-Qvelle solcher Absonderung an-
zusehen, mehr als zu sehr. Denn ob ste schon bey
vielen Fällen wieder den Jnhalt der Kirchen-Ord-
nungen Dispensationes ertheilen, so wollen solche
Leute doch noch immer weiter gehen, und Ausnah-
men mit Ausnahmen häuffen: Daß bey solchen
äußerlichen Wesen in einem und dem andern man-
chen Leuten in Ansehung ihres Standes, Ranges
und Characters, einige Praerogativ gegönnet wer-
de, ist vor zuläßig zu achten; höchst unrecht und
sündlich aber ists, wenn dergleichen Leute bey eini-
gen Stücken wider die göttlichen Verordnungen

und

II. Theil. I. Capitul.
oder auch nur bloß an Gelde uͤbertreffen, bey vielen
Handlungen des buͤrgerlichen Lebens, vor den uͤbri-
gen mancherley Vorzuͤge, theils durch Verguͤnſti-
gung der Hoͤchſten im Lande erlangt, theils auch
ſich nur bloß angemaßt, alſo wollen ſie dieſelben
auch auf die Handlungen des aͤuſſerlichen Gottes-
dienſtes erſtrecken, und allenthalben etwas eignes
haben, ſie wollen nicht ſo beten, wie die gemeinen
Leute, das Wort GOttes nicht ſo hoͤren, wie ſie,
den Sonntag nicht ſo heiligen, nicht ſo beichten,
nicht ſo zum heiligen Abendmahl gehen, ſich nicht
ſo trauen laſſen, ihre Kinder nicht ſo tauffen laſſen,
nicht ſo ſterben, und auch auf die Weiſe nicht begra-
ben werden, wie die andern; wenn nur auch der
große GOtt vor ſolche eigenſinnige Leute einen eig-
nen Himmel haͤtte, da ſie wie hier auf Erden von
den andern abgeſondert waͤren. Die Conſiſtoria
erfahren den Hochmuth der Hoͤhern und Reichern,
der vor die Haupt-Qvelle ſolcher Abſonderung an-
zuſehen, mehr als zu ſehr. Denn ob ſte ſchon bey
vielen Faͤllen wieder den Jnhalt der Kirchen-Ord-
nungen Diſpenſationes ertheilen, ſo wollen ſolche
Leute doch noch immer weiter gehen, und Ausnah-
men mit Ausnahmen haͤuffen: Daß bey ſolchen
aͤußerlichen Weſen in einem und dem andern man-
chen Leuten in Anſehung ihres Standes, Ranges
und Characters, einige Prærogativ gegoͤnnet wer-
de, iſt vor zulaͤßig zu achten; hoͤchſt unrecht und
ſuͤndlich aber iſts, wenn dergleichen Leute bey eini-
gen Stuͤcken wider die goͤttlichen Verordnungen

und
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[250/0270] II. Theil. I. Capitul. oder auch nur bloß an Gelde uͤbertreffen, bey vielen Handlungen des buͤrgerlichen Lebens, vor den uͤbri- gen mancherley Vorzuͤge, theils durch Verguͤnſti- gung der Hoͤchſten im Lande erlangt, theils auch ſich nur bloß angemaßt, alſo wollen ſie dieſelben auch auf die Handlungen des aͤuſſerlichen Gottes- dienſtes erſtrecken, und allenthalben etwas eignes haben, ſie wollen nicht ſo beten, wie die gemeinen Leute, das Wort GOttes nicht ſo hoͤren, wie ſie, den Sonntag nicht ſo heiligen, nicht ſo beichten, nicht ſo zum heiligen Abendmahl gehen, ſich nicht ſo trauen laſſen, ihre Kinder nicht ſo tauffen laſſen, nicht ſo ſterben, und auch auf die Weiſe nicht begra- ben werden, wie die andern; wenn nur auch der große GOtt vor ſolche eigenſinnige Leute einen eig- nen Himmel haͤtte, da ſie wie hier auf Erden von den andern abgeſondert waͤren. Die Conſiſtoria erfahren den Hochmuth der Hoͤhern und Reichern, der vor die Haupt-Qvelle ſolcher Abſonderung an- zuſehen, mehr als zu ſehr. Denn ob ſte ſchon bey vielen Faͤllen wieder den Jnhalt der Kirchen-Ord- nungen Diſpenſationes ertheilen, ſo wollen ſolche Leute doch noch immer weiter gehen, und Ausnah- men mit Ausnahmen haͤuffen: Daß bey ſolchen aͤußerlichen Weſen in einem und dem andern man- chen Leuten in Anſehung ihres Standes, Ranges und Characters, einige Prærogativ gegoͤnnet wer- de, iſt vor zulaͤßig zu achten; hoͤchſt unrecht und ſuͤndlich aber iſts, wenn dergleichen Leute bey eini- gen Stuͤcken wider die goͤttlichen Verordnungen und

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 250. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/270>, abgerufen am 22.11.2024.