er sich über seine Instruction und Bestallung, die er erhalten, die mancherley Hof-Ordnungen be- kandt macht, als die Rang-Ordnungen, die Ord- nungen wegen der Trabanten, wegen der Gemä- cher, die Küchen- und Keller-Ordnungen, und so viel als er nur deren aus dem Hof-Marschall-Amt erlangen kan. Lauffen sie gleich nicht alle in die- jenige Pflicht mit ein, die von ihm gefordert wird, so können sie ihn doch bey besondern Fällen einen und andern guten Dienst leisten. Er weiß wie weit sich die Grentzen dieses oder jenes Höhern er- strecken und was vor mancherley Pflichten bey den mancherley Verfallenheiten von den Geringern er- fordert werden, und kan sich also durch eigenes Nachsinnen mancherley Regeln und Anmerckun- gen machen, dadurch der gemeinschafftliche Nutzen und die Ehre seiner Herrschafft befördert wird.
§. 12. Gleichwie eine unzeitige und unnöthige Curiosität eine sehr verhaßte Sache bey Hofe ist, also bezeugt ein vernünfftiger Hof-Mann kein Ver- langen dasjenige zu entdecken, und zu erfahren, was andere, sie seyn wer sie wollen, insonderheit aber die Höhern, secretirt wissen wollen. Er gehet wohl gar den Umständen, die ihm Gelegenheit gäben, et- was zu entdecken, aus dem Wege, aus Furcht, vor keinen Spion oder neugierigen Menschen angese- hen zu werden; Siehet und höret er etwas von ohngefehr und wider seinen Willen, so stellt er sich an, als ob er nichts gesehen noch gehört; Durch diese Conduite entlediget er sich mancher verdrüß-
lichen
P 4
Von dem Hof-Leben.
er ſich uͤber ſeine Inſtruction und Beſtallung, die er erhalten, die mancherley Hof-Ordnungen be- kandt macht, als die Rang-Ordnungen, die Ord- nungen wegen der Trabanten, wegen der Gemaͤ- cher, die Kuͤchen- und Keller-Ordnungen, und ſo viel als er nur deren aus dem Hof-Marſchall-Amt erlangen kan. Lauffen ſie gleich nicht alle in die- jenige Pflicht mit ein, die von ihm gefordert wird, ſo koͤnnen ſie ihn doch bey beſondern Faͤllen einen und andern guten Dienſt leiſten. Er weiß wie weit ſich die Grentzen dieſes oder jenes Hoͤhern er- ſtrecken und was vor mancherley Pflichten bey den mancherley Verfallenheiten von den Geringern er- fordert werden, und kan ſich alſo durch eigenes Nachſinnen mancherley Regeln und Anmerckun- gen machen, dadurch der gemeinſchafftliche Nutzen und die Ehre ſeiner Herrſchafft befoͤrdert wird.
§. 12. Gleichwie eine unzeitige und unnoͤthige Curioſitaͤt eine ſehr verhaßte Sache bey Hofe iſt, alſo bezeugt ein vernuͤnfftiger Hof-Mann kein Ver- langen dasjenige zu entdecken, und zu erfahren, was andere, ſie ſeyn wer ſie wollen, inſonderheit aber die Hoͤhern, ſecretirt wiſſen wollen. Er gehet wohl gar den Umſtaͤnden, die ihm Gelegenheit gaͤben, et- was zu entdecken, aus dem Wege, aus Furcht, vor keinen Spion oder neugierigen Menſchen angeſe- hen zu werden; Siehet und hoͤret er etwas von ohngefehr und wider ſeinen Willen, ſo ſtellt er ſich an, als ob er nichts geſehen noch gehoͤrt; Durch dieſe Conduite entlediget er ſich mancher verdruͤß-
lichen
P 4
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0251"n="231"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b">Von dem Hof-Leben.</hi></fw><lb/>
er ſich uͤber ſeine <hirendition="#aq">Inſtruction</hi> und Beſtallung, die<lb/>
er erhalten, die mancherley Hof-Ordnungen be-<lb/>
kandt macht, als die Rang-Ordnungen, die Ord-<lb/>
nungen wegen der Trabanten, wegen der Gemaͤ-<lb/>
cher, die Kuͤchen- und Keller-Ordnungen, und ſo<lb/>
viel als er nur deren aus dem Hof-Marſchall-Amt<lb/>
erlangen kan. Lauffen ſie gleich nicht alle in die-<lb/>
jenige Pflicht mit ein, die von ihm gefordert wird,<lb/>ſo koͤnnen ſie ihn doch bey beſondern Faͤllen einen<lb/>
und andern guten Dienſt leiſten. Er weiß wie<lb/>
weit ſich die Grentzen dieſes oder jenes Hoͤhern er-<lb/>ſtrecken und was vor mancherley Pflichten bey den<lb/>
mancherley Verfallenheiten von den Geringern er-<lb/>
fordert werden, und kan ſich alſo durch eigenes<lb/>
Nachſinnen mancherley Regeln und Anmerckun-<lb/>
gen machen, dadurch der gemeinſchafftliche Nutzen<lb/>
und die Ehre ſeiner Herrſchafft befoͤrdert wird.</p><lb/><p>§. 12. Gleichwie eine unzeitige und unnoͤthige<lb/><hirendition="#aq">Curioſit</hi>aͤt eine ſehr verhaßte Sache bey Hofe iſt,<lb/>
alſo bezeugt ein vernuͤnfftiger Hof-Mann kein Ver-<lb/>
langen dasjenige zu entdecken, und zu erfahren, was<lb/>
andere, ſie ſeyn wer ſie wollen, inſonderheit aber die<lb/>
Hoͤhern, <hirendition="#aq">ſecreti</hi>rt wiſſen wollen. Er gehet wohl<lb/>
gar den Umſtaͤnden, die ihm Gelegenheit gaͤben, et-<lb/>
was zu entdecken, aus dem Wege, aus Furcht, vor<lb/>
keinen <hirendition="#aq">Spion</hi> oder neugierigen Menſchen angeſe-<lb/>
hen zu werden; Siehet und hoͤret er etwas von<lb/>
ohngefehr und wider ſeinen Willen, ſo ſtellt er ſich<lb/>
an, als ob er nichts geſehen noch gehoͤrt; Durch<lb/>
dieſe <hirendition="#aq">Conduite</hi> entlediget er ſich mancher verdruͤß-<lb/><fwplace="bottom"type="sig">P 4</fw><fwplace="bottom"type="catch">lichen</fw><lb/></p></div></body></text></TEI>
[231/0251]
Von dem Hof-Leben.
er ſich uͤber ſeine Inſtruction und Beſtallung, die
er erhalten, die mancherley Hof-Ordnungen be-
kandt macht, als die Rang-Ordnungen, die Ord-
nungen wegen der Trabanten, wegen der Gemaͤ-
cher, die Kuͤchen- und Keller-Ordnungen, und ſo
viel als er nur deren aus dem Hof-Marſchall-Amt
erlangen kan. Lauffen ſie gleich nicht alle in die-
jenige Pflicht mit ein, die von ihm gefordert wird,
ſo koͤnnen ſie ihn doch bey beſondern Faͤllen einen
und andern guten Dienſt leiſten. Er weiß wie
weit ſich die Grentzen dieſes oder jenes Hoͤhern er-
ſtrecken und was vor mancherley Pflichten bey den
mancherley Verfallenheiten von den Geringern er-
fordert werden, und kan ſich alſo durch eigenes
Nachſinnen mancherley Regeln und Anmerckun-
gen machen, dadurch der gemeinſchafftliche Nutzen
und die Ehre ſeiner Herrſchafft befoͤrdert wird.
§. 12. Gleichwie eine unzeitige und unnoͤthige
Curioſitaͤt eine ſehr verhaßte Sache bey Hofe iſt,
alſo bezeugt ein vernuͤnfftiger Hof-Mann kein Ver-
langen dasjenige zu entdecken, und zu erfahren, was
andere, ſie ſeyn wer ſie wollen, inſonderheit aber die
Hoͤhern, ſecretirt wiſſen wollen. Er gehet wohl
gar den Umſtaͤnden, die ihm Gelegenheit gaͤben, et-
was zu entdecken, aus dem Wege, aus Furcht, vor
keinen Spion oder neugierigen Menſchen angeſe-
hen zu werden; Siehet und hoͤret er etwas von
ohngefehr und wider ſeinen Willen, ſo ſtellt er ſich
an, als ob er nichts geſehen noch gehoͤrt; Durch
dieſe Conduite entlediget er ſich mancher verdruͤß-
lichen
P 4
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 231. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/251>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.