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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von der Ceremoniel-Wissensch. überh.
lichen Handlungen, und theilt sich weit ab in die
Staats-Ceremoniel-Wissenschafft und in die
Privat-Ceremoniel-Wissenschafft. Jene giebet
so viel als möglich allgemeine Lehr-Sätze, in Anse-
hung der Handlungen, die unter grossen Herren
vorfallen, diese aber regulirt die Handlungen der
Privat-Personen, und zeiget den Wohlstand der
dabey in Obacht zu nehmen.

§. 4. Es ist diese Lehre ein Stück mit derjenigen
Wissenschafft, so sich um das Thun und Lassen der
Menschen bekümmert, und also gienge es endlich
wohl an, daß man sie bey Abhandlung des allge-
meinen bürgerlichen Rechts, oder der Politica und
Klugheit zu leben, mit vortrüge, ich halte aber doch
davor daß es um der Ordnung willen und zu Ver-
meidung allzugrosser Weitläufftigkeit, besser sey,
wenn man sie ins besondere abhandelt, da zudem
die Tugend-Lehre, die Lehre von der Klugheit zu
leben und die Ceremoniel-Lehre, wenn man sie
recht genau betrachtet, ihre eigne Grentzen haben.
Die Tugend-Lehre zeiget überhaupt die Pflichten,
die man zu Beförderung der wahren Glückseligkeit,
dem grossen GOtt, seinem Nächsten und sich selbst
zu leisten schuldig, weiset aber eben nicht ins beson-
dere die Regeln und Handgriffe, wie man auf eine
zuläßige Weise sich durch seine Handlungen man-
cherley Nutzen zuwege bringen, und einigen Scha-
den abwenden soll. Die Politica oder die Klugheit
zu leben bewerckstelliget dieses letztere, und giebet
Cautelen, wie man auf eine bequeme Weise sein

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Von der Ceremoniel-Wiſſenſch. uͤberh.
lichen Handlungen, und theilt ſich weit ab in die
Staats-Ceremoniel-Wiſſenſchafft und in die
Privat-Ceremoniel-Wiſſenſchafft. Jene giebet
ſo viel als moͤglich allgemeine Lehr-Saͤtze, in Anſe-
hung der Handlungen, die unter groſſen Herren
vorfallen, dieſe aber regulirt die Handlungen der
Privat-Perſonen, und zeiget den Wohlſtand der
dabey in Obacht zu nehmen.

§. 4. Es iſt dieſe Lehre ein Stuͤck mit derjenigen
Wiſſenſchafft, ſo ſich um das Thun und Laſſen der
Menſchen bekuͤmmert, und alſo gienge es endlich
wohl an, daß man ſie bey Abhandlung des allge-
meinen buͤrgerlichen Rechts, oder der Politica und
Klugheit zu leben, mit vortruͤge, ich halte aber doch
davor daß es um der Ordnung willen und zu Ver-
meidung allzugroſſer Weitlaͤufftigkeit, beſſer ſey,
wenn man ſie ins beſondere abhandelt, da zudem
die Tugend-Lehre, die Lehre von der Klugheit zu
leben und die Ceremoniel-Lehre, wenn man ſie
recht genau betrachtet, ihre eigne Grentzen haben.
Die Tugend-Lehre zeiget uͤberhaupt die Pflichten,
die man zu Befoͤrderung der wahren Gluͤckſeligkeit,
dem groſſen GOtt, ſeinem Naͤchſten und ſich ſelbſt
zu leiſten ſchuldig, weiſet aber eben nicht ins beſon-
dere die Regeln und Handgriffe, wie man auf eine
zulaͤßige Weiſe ſich durch ſeine Handlungen man-
cherley Nutzen zuwege bringen, und einigen Scha-
den abwenden ſoll. Die Politica oder die Klugheit
zu leben bewerckſtelliget dieſes letztere, und giebet
Cautelen, wie man auf eine bequeme Weiſe ſein

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[3/0023] Von der Ceremoniel-Wiſſenſch. uͤberh. lichen Handlungen, und theilt ſich weit ab in die Staats-Ceremoniel-Wiſſenſchafft und in die Privat-Ceremoniel-Wiſſenſchafft. Jene giebet ſo viel als moͤglich allgemeine Lehr-Saͤtze, in Anſe- hung der Handlungen, die unter groſſen Herren vorfallen, dieſe aber regulirt die Handlungen der Privat-Perſonen, und zeiget den Wohlſtand der dabey in Obacht zu nehmen. §. 4. Es iſt dieſe Lehre ein Stuͤck mit derjenigen Wiſſenſchafft, ſo ſich um das Thun und Laſſen der Menſchen bekuͤmmert, und alſo gienge es endlich wohl an, daß man ſie bey Abhandlung des allge- meinen buͤrgerlichen Rechts, oder der Politica und Klugheit zu leben, mit vortruͤge, ich halte aber doch davor daß es um der Ordnung willen und zu Ver- meidung allzugroſſer Weitlaͤufftigkeit, beſſer ſey, wenn man ſie ins beſondere abhandelt, da zudem die Tugend-Lehre, die Lehre von der Klugheit zu leben und die Ceremoniel-Lehre, wenn man ſie recht genau betrachtet, ihre eigne Grentzen haben. Die Tugend-Lehre zeiget uͤberhaupt die Pflichten, die man zu Befoͤrderung der wahren Gluͤckſeligkeit, dem groſſen GOtt, ſeinem Naͤchſten und ſich ſelbſt zu leiſten ſchuldig, weiſet aber eben nicht ins beſon- dere die Regeln und Handgriffe, wie man auf eine zulaͤßige Weiſe ſich durch ſeine Handlungen man- cherley Nutzen zuwege bringen, und einigen Scha- den abwenden ſoll. Die Politica oder die Klugheit zu leben bewerckſtelliget dieſes letztere, und giebet Cautelen, wie man auf eine bequeme Weiſe ſein Inter- A 2

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 3. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/23>, abgerufen am 24.11.2024.