allgemeine Regeln ertheilen kan. An einigen Or- ten ist es, wie in Franckreich, gebräuchlich, daß man den Hut unter dem Arm trägt, um die gute Peru- que nicht zu verderben; an andern hingegen wird der Hut auch auf eine wohl accommodirte Peruque gesetzt. So viel ist es richtig, daß man zur Win- ters Zeit, und bey einer Peruque, an der nicht gar viel zu verderben, den Hut mehrentheils aufzusetzen pflegt.
§. 28. Damit man alles unanständige fahren lasse, und hingegen das manierliche annehme, muß man sich und andere genau kennen lernen. Man muß die Beschaffenheit seiner Minen erforschen, die Stellung seines Leibes und dessen Gliedmaßen, auch so gar seine Constitution und Temperament in Obacht nehmen. Erblickt man andere, die von ungeberdiger Aufführung, so muß man nachden- cken, ob wir nicht auch etwas haben, daß diesem entweder gleich, oder doch ähnlich ist, und sich also auch fremde Thorheiten zu Nutze machen. Ande- re manierliche Leute muß man sich zum Muster vor- stellen, denen man zwar nicht auf eine gezwungene, sondern vernünfftige Weise nachahmt. Man muß weise Leute aufsuchen, die einem hierinnen dienliche Regeln und Nachrichten ertheilen, inson- derheit sich nach einen geschickten und vertrauten Freund bewerben, der einem die unbekandten Feh- ler anzeige. Sind einem seine Fehler entdeckt worden, muß man mit allen Ernst dawider arbei- ten, und sich hiebey ein wenig wehe thun lernen.
§. 29.
I. Theil. VI. Capitul.
allgemeine Regeln ertheilen kan. An einigen Or- ten iſt es, wie in Franckreich, gebraͤuchlich, daß man den Hut unter dem Arm traͤgt, um die gute Peru- que nicht zu verderben; an andern hingegen wird der Hut auch auf eine wohl accommodirte Peruque geſetzt. So viel iſt es richtig, daß man zur Win- ters Zeit, und bey einer Peruque, an der nicht gar viel zu verderben, den Hut mehrentheils aufzuſetzen pflegt.
§. 28. Damit man alles unanſtaͤndige fahren laſſe, und hingegen das manierliche annehme, muß man ſich und andere genau kennen lernen. Man muß die Beſchaffenheit ſeiner Minen erforſchen, die Stellung ſeines Leibes und deſſen Gliedmaßen, auch ſo gar ſeine Conſtitution und Temperament in Obacht nehmen. Erblickt man andere, die von ungeberdiger Auffuͤhrung, ſo muß man nachden- cken, ob wir nicht auch etwas haben, daß dieſem entweder gleich, oder doch aͤhnlich iſt, und ſich alſo auch fremde Thorheiten zu Nutze machen. Ande- re manierliche Leute muß man ſich zum Muſter vor- ſtellen, denen man zwar nicht auf eine gezwungene, ſondern vernuͤnfftige Weiſe nachahmt. Man muß weiſe Leute aufſuchen, die einem hierinnen dienliche Regeln und Nachrichten ertheilen, inſon- derheit ſich nach einen geſchickten und vertrauten Freund bewerben, der einem die unbekandten Feh- ler anzeige. Sind einem ſeine Fehler entdeckt worden, muß man mit allen Ernſt dawider arbei- ten, und ſich hiebey ein wenig wehe thun lernen.
§. 29.
<TEI><text><body><divn="1"><p><pbfacs="#f0220"n="200"/><fwplace="top"type="header"><hirendition="#b"><hirendition="#aq">I.</hi> Theil. <hirendition="#aq">VI.</hi> Capitul.</hi></fw><lb/>
allgemeine Regeln ertheilen kan. An einigen Or-<lb/>
ten iſt es, wie in Franckreich, gebraͤuchlich, daß man<lb/>
den Hut unter dem Arm traͤgt, um die gute <hirendition="#aq">Peru-<lb/>
que</hi> nicht zu verderben; an andern hingegen wird<lb/>
der Hut auch auf eine wohl <hirendition="#aq">accommodi</hi>rte <hirendition="#aq">Peruque</hi><lb/>
geſetzt. So viel iſt es richtig, daß man zur Win-<lb/>
ters Zeit, und bey einer <hirendition="#aq">Peruque,</hi> an der nicht gar<lb/>
viel zu verderben, den Hut mehrentheils aufzuſetzen<lb/>
pflegt.</p><lb/><p>§. 28. Damit man alles unanſtaͤndige fahren<lb/>
laſſe, und hingegen das manierliche annehme, muß<lb/>
man ſich und andere genau kennen lernen. Man<lb/>
muß die Beſchaffenheit ſeiner <hirendition="#aq">Min</hi>en erforſchen,<lb/>
die Stellung ſeines Leibes und deſſen Gliedmaßen,<lb/>
auch ſo gar ſeine <hirendition="#aq">Conſtitution</hi> und <hirendition="#aq">Temperament</hi><lb/>
in Obacht nehmen. Erblickt man andere, die von<lb/>
ungeberdiger Auffuͤhrung, ſo muß man nachden-<lb/>
cken, ob wir nicht auch etwas haben, daß dieſem<lb/>
entweder gleich, oder doch aͤhnlich iſt, und ſich alſo<lb/>
auch fremde Thorheiten zu Nutze machen. Ande-<lb/>
re manierliche Leute muß man ſich zum Muſter vor-<lb/>ſtellen, denen man zwar nicht auf eine gezwungene,<lb/>ſondern vernuͤnfftige Weiſe nachahmt. Man<lb/>
muß weiſe Leute aufſuchen, die einem hierinnen<lb/>
dienliche Regeln und Nachrichten ertheilen, inſon-<lb/>
derheit ſich nach einen geſchickten und vertrauten<lb/>
Freund bewerben, der einem die unbekandten Feh-<lb/>
ler anzeige. Sind einem ſeine Fehler entdeckt<lb/>
worden, muß man mit allen Ernſt dawider arbei-<lb/>
ten, und ſich hiebey ein wenig wehe thun lernen.</p><lb/><fwplace="bottom"type="catch">§. 29.</fw><lb/></div></body></text></TEI>
[200/0220]
I. Theil. VI. Capitul.
allgemeine Regeln ertheilen kan. An einigen Or-
ten iſt es, wie in Franckreich, gebraͤuchlich, daß man
den Hut unter dem Arm traͤgt, um die gute Peru-
que nicht zu verderben; an andern hingegen wird
der Hut auch auf eine wohl accommodirte Peruque
geſetzt. So viel iſt es richtig, daß man zur Win-
ters Zeit, und bey einer Peruque, an der nicht gar
viel zu verderben, den Hut mehrentheils aufzuſetzen
pflegt.
§. 28. Damit man alles unanſtaͤndige fahren
laſſe, und hingegen das manierliche annehme, muß
man ſich und andere genau kennen lernen. Man
muß die Beſchaffenheit ſeiner Minen erforſchen,
die Stellung ſeines Leibes und deſſen Gliedmaßen,
auch ſo gar ſeine Conſtitution und Temperament
in Obacht nehmen. Erblickt man andere, die von
ungeberdiger Auffuͤhrung, ſo muß man nachden-
cken, ob wir nicht auch etwas haben, daß dieſem
entweder gleich, oder doch aͤhnlich iſt, und ſich alſo
auch fremde Thorheiten zu Nutze machen. Ande-
re manierliche Leute muß man ſich zum Muſter vor-
ſtellen, denen man zwar nicht auf eine gezwungene,
ſondern vernuͤnfftige Weiſe nachahmt. Man
muß weiſe Leute aufſuchen, die einem hierinnen
dienliche Regeln und Nachrichten ertheilen, inſon-
derheit ſich nach einen geſchickten und vertrauten
Freund bewerben, der einem die unbekandten Feh-
ler anzeige. Sind einem ſeine Fehler entdeckt
worden, muß man mit allen Ernſt dawider arbei-
ten, und ſich hiebey ein wenig wehe thun lernen.
§. 29.
Informationen zur CAB-Ansicht
Diese Ansicht bietet Ihnen die Darstellung des Textes in normalisierter Orthographie.
Diese Textvariante wird vollautomatisch erstellt und kann aufgrund dessen auch Fehler enthalten.
Alle veränderten Wortformen sind grau hinterlegt. Als fremdsprachliches Material erkannte
Textteile sind ausgegraut dargestellt.
Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 200. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/220>, abgerufen am 22.11.2024.
Alle Inhalte dieser Seite unterstehen, soweit nicht anders gekennzeichnet, einer
Creative-Commons-Lizenz.
Die Rechte an den angezeigten Bilddigitalisaten, soweit nicht anders gekennzeichnet, liegen bei den besitzenden Bibliotheken.
Weitere Informationen finden Sie in den DTA-Nutzungsbedingungen.
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf
diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken
dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder
nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der
Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden.
Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des
§ 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen
Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung
der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu
vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
Zitierempfehlung: Deutsches Textarchiv. Grundlage für ein Referenzkorpus der neuhochdeutschen Sprache. Herausgegeben von der Berlin-Brandenburgischen Akademie der Wissenschaften, Berlin 2024. URL: https://www.deutschestextarchiv.de/.