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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Manieren u. Stellungen des Leibes.
men, der dran ist, den sie bald auf- bald wieder zu-
knüpffen, u. s. w. Die Dames machen mit ihren
Eventails hunderterley Exercitia, da sie solche
bald ausbreiten, bald wieder zusammen legen, sich
bald hurtig secheln, bald wieder mit der grösten
Langsamkeit. Wolte man auf einige recht scharff
Acht haben, so könte man ihre Passionen aus diesem
Spielwercke einiger massen mit erkennen lernen.
Sind sie auf etwas sehr erbittert, oder über etwas
frölich und vergnügt, so fecheln sie sich hurtig; sind
sie gelassenen Gemüths, so sind sie auch gantz mo-
derat
in ihrem Fecheln; sind sie in Gedancken, und
speculiren auf etwas, so spielen sie entweder nur
mit den Eventail, und fecheln sich gar nicht, oder
doch sehr langsam. Ob nun schon dergleichen Ba-
dinerian
an solchen Orten und unter solchen Per-
sonen, wo man seine Handlungen mit einer grösten
Freyheit vornehmen kan, vor unschuldig und zuläs-
sig zu achten, so muß man sich doch in Acht nehmen,
daß man nicht, wenn man sich in grossen Gesellschaff-
ten befindet, manchen Leuten, die andere so gerne zu
observiren pflegen, zu solchen Urtheilen Gelegenheit
gebe, deren man überhoben seyn könte.

§. 24. Pedantisch läst es, wenn einige fast eben
so viel mit den Händen, als mit den Worten, bey
ihren Gesprächen ausdrücken wollen, und dem an-
dern, der sich mit ihnen in einen Discours einläst,
durch ihr herum-vagiren, ohne ihren Willen und
aus einer guten Meynung, in das Gesichte fahren,
so, daß der andere, will er ihre Demonstrationes

mit
N 3

Von Manieren u. Stellungen des Leibes.
men, der dran iſt, den ſie bald auf- bald wieder zu-
knuͤpffen, u. ſ. w. Die Dames machen mit ihren
Eventails hunderterley Exercitia, da ſie ſolche
bald ausbreiten, bald wieder zuſammen legen, ſich
bald hurtig ſecheln, bald wieder mit der groͤſten
Langſamkeit. Wolte man auf einige recht ſcharff
Acht haben, ſo koͤnte man ihre Paſſionen aus dieſem
Spielwercke einiger maſſen mit erkennen lernen.
Sind ſie auf etwas ſehr erbittert, oder uͤber etwas
froͤlich und vergnuͤgt, ſo fecheln ſie ſich hurtig; ſind
ſie gelaſſenen Gemuͤths, ſo ſind ſie auch gantz mo-
derat
in ihrem Fecheln; ſind ſie in Gedancken, und
ſpeculiren auf etwas, ſo ſpielen ſie entweder nur
mit den Eventail, und fecheln ſich gar nicht, oder
doch ſehr langſam. Ob nun ſchon dergleichen Ba-
dinerian
an ſolchen Orten und unter ſolchen Per-
ſonen, wo man ſeine Handlungen mit einer groͤſten
Freyheit vornehmen kan, vor unſchuldig und zulaͤſ-
ſig zu achten, ſo muß man ſich doch in Acht nehmen,
daß man nicht, weñ man ſich in groſſen Geſellſchaff-
ten befindet, manchen Leuten, die andere ſo gerne zu
obſerviren pflegen, zu ſolchen Urtheilen Gelegenheit
gebe, deren man uͤberhoben ſeyn koͤnte.

§. 24. Pedantiſch laͤſt es, wenn einige faſt eben
ſo viel mit den Haͤnden, als mit den Worten, bey
ihren Geſpraͤchen ausdruͤcken wollen, und dem an-
dern, der ſich mit ihnen in einen Diſcours einlaͤſt,
durch ihr herum-vagiren, ohne ihren Willen und
aus einer guten Meynung, in das Geſichte fahren,
ſo, daß der andere, will er ihre Demonſtrationes

mit
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[197/0217] Von Manieren u. Stellungen des Leibes. men, der dran iſt, den ſie bald auf- bald wieder zu- knuͤpffen, u. ſ. w. Die Dames machen mit ihren Eventails hunderterley Exercitia, da ſie ſolche bald ausbreiten, bald wieder zuſammen legen, ſich bald hurtig ſecheln, bald wieder mit der groͤſten Langſamkeit. Wolte man auf einige recht ſcharff Acht haben, ſo koͤnte man ihre Paſſionen aus dieſem Spielwercke einiger maſſen mit erkennen lernen. Sind ſie auf etwas ſehr erbittert, oder uͤber etwas froͤlich und vergnuͤgt, ſo fecheln ſie ſich hurtig; ſind ſie gelaſſenen Gemuͤths, ſo ſind ſie auch gantz mo- derat in ihrem Fecheln; ſind ſie in Gedancken, und ſpeculiren auf etwas, ſo ſpielen ſie entweder nur mit den Eventail, und fecheln ſich gar nicht, oder doch ſehr langſam. Ob nun ſchon dergleichen Ba- dinerian an ſolchen Orten und unter ſolchen Per- ſonen, wo man ſeine Handlungen mit einer groͤſten Freyheit vornehmen kan, vor unſchuldig und zulaͤſ- ſig zu achten, ſo muß man ſich doch in Acht nehmen, daß man nicht, weñ man ſich in groſſen Geſellſchaff- ten befindet, manchen Leuten, die andere ſo gerne zu obſerviren pflegen, zu ſolchen Urtheilen Gelegenheit gebe, deren man uͤberhoben ſeyn koͤnte. §. 24. Pedantiſch laͤſt es, wenn einige faſt eben ſo viel mit den Haͤnden, als mit den Worten, bey ihren Geſpraͤchen ausdruͤcken wollen, und dem an- dern, der ſich mit ihnen in einen Diſcours einlaͤſt, durch ihr herum-vagiren, ohne ihren Willen und aus einer guten Meynung, in das Geſichte fahren, ſo, daß der andere, will er ihre Demonſtrationes mit N 3

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 197. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/217>, abgerufen am 22.11.2024.