Das VI. Capitul. Von den Manieren/ bey den Geberden/ und Stellungen des Leibes.
§. 1.
An einer manierlichen Geberdung und guten äusserlichen Stellung, ist in der That sehr viel gelegen, sintemahl das äusserliche ei- nem andern zuerst in die Augen fält, und einen Eindruck in seinem Gemüthe macht. Es ha- ben viele von den Höhern, beyderley Geschlechts, die Gewohnheit, daß sie einem jungen Menschen, an dessen Erkäntniß ihnen etwas gelegen, wenn sie ihn zum ersten mahl zu Gesicht bekommen, scharff in die Augen sehen, hernach seine gantze Person, nach seiner Kleidung und Stellung des Leibes, von oben biß unten an, genau betrachten, und ihn als- denn nach dem Portrait, das andere von ihm ge- macht, und nach deren Anmerckungen, die sie sich selbst durch die Erfahrung wollen zuwege gebracht haben beurtheilen. Es wäre gut, wenn das äus- serliche Wesen eines jungen Menschen bloß denen Urtheilen solcher Leute unterworffen würde, als die vielmahls richtiger, auch der Liebe und Höflichkeit gemäßer seyn, als der andern. Aber so ist das schlimmste, daß offtmahls diejenigen, die doch am
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Von Manieren u. Stellungen des Leibes.
Das VI. Capitul. Von den Manieren/ bey den Geberden/ und Stellungen des Leibes.
§. 1.
An einer manierlichen Geberdung und guten aͤuſſerlichen Stellung, iſt in der That ſehr viel gelegen, ſintemahl das aͤuſſerliche ei- nem andern zuerſt in die Augen faͤlt, und einen Eindruck in ſeinem Gemuͤthe macht. Es ha- ben viele von den Hoͤhern, beyderley Geſchlechts, die Gewohnheit, daß ſie einem jungen Menſchen, an deſſen Erkaͤntniß ihnen etwas gelegen, wenn ſie ihn zum erſten mahl zu Geſicht bekommen, ſcharff in die Augen ſehen, hernach ſeine gantze Perſon, nach ſeiner Kleidung und Stellung des Leibes, von oben biß unten an, genau betrachten, und ihn als- denn nach dem Portrait, das andere von ihm ge- macht, und nach deren Anmerckungen, die ſie ſich ſelbſt durch die Erfahrung wollen zuwege gebracht haben beurtheilen. Es waͤre gut, wenn das aͤuſ- ſerliche Weſen eines jungen Menſchen bloß denen Urtheilen ſolcher Leute unterworffen wuͤrde, als die vielmahls richtiger, auch der Liebe und Hoͤflichkeit gemaͤßer ſeyn, als der andern. Aber ſo iſt das ſchlimmſte, daß offtmahls diejenigen, die doch am
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Von Manieren u. Stellungen des Leibes.
Das VI. Capitul.
Von den Manieren/ bey den
Geberden/ und Stellungen des
Leibes.
§. 1.
An einer manierlichen Geberdung und guten
aͤuſſerlichen Stellung, iſt in der That ſehr
viel gelegen, ſintemahl das aͤuſſerliche ei-
nem andern zuerſt in die Augen faͤlt, und
einen Eindruck in ſeinem Gemuͤthe macht. Es ha-
ben viele von den Hoͤhern, beyderley Geſchlechts,
die Gewohnheit, daß ſie einem jungen Menſchen,
an deſſen Erkaͤntniß ihnen etwas gelegen, wenn ſie
ihn zum erſten mahl zu Geſicht bekommen, ſcharff
in die Augen ſehen, hernach ſeine gantze Perſon,
nach ſeiner Kleidung und Stellung des Leibes, von
oben biß unten an, genau betrachten, und ihn als-
denn nach dem Portrait, das andere von ihm ge-
macht, und nach deren Anmerckungen, die ſie ſich
ſelbſt durch die Erfahrung wollen zuwege gebracht
haben beurtheilen. Es waͤre gut, wenn das aͤuſ-
ſerliche Weſen eines jungen Menſchen bloß denen
Urtheilen ſolcher Leute unterworffen wuͤrde, als die
vielmahls richtiger, auch der Liebe und Hoͤflichkeit
gemaͤßer ſeyn, als der andern. Aber ſo iſt das
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 179. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/199>, abgerufen am 13.11.2024.
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