tul von Tituln erwehnet, bey den Gegen-Com- plimens, die sie unter dem Nahmen eines großen Ministers, einem andern wollen abstatten, stellen sie sich seine hohe Person nicht gehörig vor, und rich- ten die Complimens allzuhöflich und zu submiss ein. Es ist also lächerlich, wenn ein großer Minister nach der Vorschrifft eines gedruckten Compliment, einem jungen Menschen, der ihm aufwarten will, sein gehorsamst Empfehlungs-Compliment machen läst. Dieses ist allzugnädig.
§. 42. VII. Die Grade der Demuth und Ehrerbietung, die man gegen seines gleichen, oder gegen die Höhern, in seinen Complimens, und die Grade der Freundschafft und Gewogenheit gegen die Geringern, zu beobachten hat, werden nicht so vorgestellt, wie sie wohl vorgestellt werden solten. Der zehnde von denen, die dergleichen Bücher schreiben, verstehen nicht den theils durch die Ver- nunfft, theils durch die Gewohnheit eingeführten Unterscheid, unter dem dienstlichen Empfehlen, schönsten Empfehlen, gehorsamsten Empfehlen, unterthänigsten Empfehlen, und unterthänigst zu Gnaden empfehlen, und machen daher mancher- ley Verwirrungen. VIII. Es werden bißweilen altfränckische oder pedantische Wörter mit einge- mischt, oder gantze Redens Arten, oder es wird sonst eines und das ander verkehrt vorgetragen. Also sind z. E. die Wörter, großgünstig, unter- dienstlich, ungefärbt, und viel andere mehr, nicht nach dem heutigen Hof-Stylo eingerichtet, sondern
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I. Theil. V. Capitul.
tul von Tituln erwehnet, bey den Gegen-Com- plimens, die ſie unter dem Nahmen eines großen Miniſters, einem andern wollen abſtatten, ſtellen ſie ſich ſeine hohe Perſon nicht gehoͤrig vor, und rich- ten die Complimens allzuhoͤflich und zu ſubmiſs ein. Es iſt alſo laͤcherlich, wenn ein großer Miniſter nach der Vorſchrifft eines gedruckten Compliment, einem jungen Menſchen, der ihm aufwarten will, ſein gehorſamſt Empfehlungs-Compliment machen laͤſt. Dieſes iſt allzugnaͤdig.
§. 42. VII. Die Grade der Demuth und Ehrerbietung, die man gegen ſeines gleichen, oder gegen die Hoͤhern, in ſeinen Complimens, und die Grade der Freundſchafft und Gewogenheit gegen die Geringern, zu beobachten hat, werden nicht ſo vorgeſtellt, wie ſie wohl vorgeſtellt werden ſolten. Der zehnde von denen, die dergleichen Buͤcher ſchreiben, verſtehen nicht den theils durch die Ver- nunfft, theils durch die Gewohnheit eingefuͤhrten Unterſcheid, unter dem dienſtlichen Empfehlen, ſchoͤnſten Empfehlen, gehorſamſten Empfehlen, unterthaͤnigſten Empfehlen, und unterthaͤnigſt zu Gnaden empfehlen, und machen daher mancher- ley Verwirrungen. VIII. Es werden bißweilen altfraͤnckiſche oder pedantiſche Woͤrter mit einge- miſcht, oder gantze Redens Arten, oder es wird ſonſt eines und das ander verkehrt vorgetragen. Alſo ſind z. E. die Woͤrter, großguͤnſtig, unter- dienſtlich, ungefaͤrbt, und viel andere mehr, nicht nach dem heutigen Hof-Stylo eingerichtet, ſondern
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I. Theil. V. Capitul.
tul von Tituln erwehnet, bey den Gegen-Com-
plimens, die ſie unter dem Nahmen eines großen
Miniſters, einem andern wollen abſtatten, ſtellen ſie
ſich ſeine hohe Perſon nicht gehoͤrig vor, und rich-
ten die Complimens allzuhoͤflich und zu ſubmiſs
ein. Es iſt alſo laͤcherlich, wenn ein großer Miniſter
nach der Vorſchrifft eines gedruckten Compliment,
einem jungen Menſchen, der ihm aufwarten will, ſein
gehorſamſt Empfehlungs-Compliment machen
laͤſt. Dieſes iſt allzugnaͤdig.
§. 42. VII. Die Grade der Demuth und
Ehrerbietung, die man gegen ſeines gleichen, oder
gegen die Hoͤhern, in ſeinen Complimens, und die
Grade der Freundſchafft und Gewogenheit gegen
die Geringern, zu beobachten hat, werden nicht ſo
vorgeſtellt, wie ſie wohl vorgeſtellt werden ſolten.
Der zehnde von denen, die dergleichen Buͤcher
ſchreiben, verſtehen nicht den theils durch die Ver-
nunfft, theils durch die Gewohnheit eingefuͤhrten
Unterſcheid, unter dem dienſtlichen Empfehlen,
ſchoͤnſten Empfehlen, gehorſamſten Empfehlen,
unterthaͤnigſten Empfehlen, und unterthaͤnigſt zu
Gnaden empfehlen, und machen daher mancher-
ley Verwirrungen. VIII. Es werden bißweilen
altfraͤnckiſche oder pedantiſche Woͤrter mit einge-
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 176. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/196>, abgerufen am 25.11.2024.
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