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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

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Von Complimens.
nennt sich bißweilen in dem Compliment, da er ei-
nen hohen Minister aufwartet, einen devoten Cli-
ent
en, und schwatzt doch zugleich von Annehmung
der Visiten, welches einander zuwider. Sie be-
obachten hiebey nicht allezeit den Respect, den sie
einem so großen Minister schuldig sind; sie lassen
sich in dem Anmeldungs-Compliment bey einem
grossen Minister die Erlaubniß ausbitten/ ihn ge-
horsamst auf ein Viertelstündgen aufzuwarten, und
melden zugleich die Zeit, wenn sie kommen wolten;
dieses ist ein großer Fehler, man thut es nicht gerne
bey seines gleichen, geschweige denn bey einem
Höhern, von diesem muß man den Befehl der Zeit
erwarten, die er uns vorschreibet, sie ihm aber nicht
selbst bestimmen.

§. 41. VI. Sie versehen es in Titulaturen, es hat
keine Art, daß man in gewöhnlichen Complimens
die Anrede macht, wie in Briefen, Hochwohlge-
bohrner Herr, Gnädiger Herr, oder Hochwohl-
Edelgebohrner Herr, Hochgeehrtester Herr Hof-
Rath, es würde ein junger Mensch, der damit auf-
gezogen käme, gewaltig ausgelacht werden; ein an-
ders ists, in solennen und weitläufftigen Reden, da
kan man wohl den Titul vorher setzen. Das
Courtoifie-Wort Excellenz, ist heutiges Tages
bey den grösten Ministres der großen Höfe fast zu
wenig, man muß hohe Excellenz sagen. So las-
sen sich auch einige hoch-characterisirten Dames
mit Jhro Gnaden nicht allein abspeisen, sondern
sich Jhro Excellenz schelten, wie ich in dem Capi-

tul

Von Complimens.
nennt ſich bißweilen in dem Compliment, da er ei-
nen hohen Miniſter aufwartet, einen devoten Cli-
ent
en, und ſchwatzt doch zugleich von Annehmung
der Viſiten, welches einander zuwider. Sie be-
obachten hiebey nicht allezeit den Reſpect, den ſie
einem ſo großen Miniſter ſchuldig ſind; ſie laſſen
ſich in dem Anmeldungs-Compliment bey einem
groſſen Miniſter die Erlaubniß ausbitten/ ihn ge-
horſamſt auf ein Viertelſtuͤndgen aufzuwarten, und
melden zugleich die Zeit, wenn ſie kommen wolten;
dieſes iſt ein großer Fehler, man thut es nicht gerne
bey ſeines gleichen, geſchweige denn bey einem
Hoͤhern, von dieſem muß man den Befehl der Zeit
erwarten, die er uns vorſchreibet, ſie ihm aber nicht
ſelbſt beſtimmen.

§. 41. VI. Sie verſehen es in Titulaturen, es hat
keine Art, daß man in gewoͤhnlichen Complimens
die Anrede macht, wie in Briefen, Hochwohlge-
bohrner Herr, Gnaͤdiger Herr, oder Hochwohl-
Edelgebohrner Herr, Hochgeehrteſter Herr Hof-
Rath, es wuͤrde ein junger Menſch, der damit auf-
gezogen kaͤme, gewaltig ausgelacht werden; ein an-
ders iſts, in ſolennen und weitlaͤufftigen Reden, da
kan man wohl den Titul vorher ſetzen. Das
Courtoifie-Wort Excellenz, iſt heutiges Tages
bey den groͤſten Miniſtres der großen Hoͤfe faſt zu
wenig, man muß hohe Excellenz ſagen. So laſ-
ſen ſich auch einige hoch-characteriſirten Dames
mit Jhro Gnaden nicht allein abſpeiſen, ſondern
ſich Jhro Excellenz ſchelten, wie ich in dem Capi-

tul
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[175/0195] Von Complimens. nennt ſich bißweilen in dem Compliment, da er ei- nen hohen Miniſter aufwartet, einen devoten Cli- enten, und ſchwatzt doch zugleich von Annehmung der Viſiten, welches einander zuwider. Sie be- obachten hiebey nicht allezeit den Reſpect, den ſie einem ſo großen Miniſter ſchuldig ſind; ſie laſſen ſich in dem Anmeldungs-Compliment bey einem groſſen Miniſter die Erlaubniß ausbitten/ ihn ge- horſamſt auf ein Viertelſtuͤndgen aufzuwarten, und melden zugleich die Zeit, wenn ſie kommen wolten; dieſes iſt ein großer Fehler, man thut es nicht gerne bey ſeines gleichen, geſchweige denn bey einem Hoͤhern, von dieſem muß man den Befehl der Zeit erwarten, die er uns vorſchreibet, ſie ihm aber nicht ſelbſt beſtimmen. §. 41. VI. Sie verſehen es in Titulaturen, es hat keine Art, daß man in gewoͤhnlichen Complimens die Anrede macht, wie in Briefen, Hochwohlge- bohrner Herr, Gnaͤdiger Herr, oder Hochwohl- Edelgebohrner Herr, Hochgeehrteſter Herr Hof- Rath, es wuͤrde ein junger Menſch, der damit auf- gezogen kaͤme, gewaltig ausgelacht werden; ein an- ders iſts, in ſolennen und weitlaͤufftigen Reden, da kan man wohl den Titul vorher ſetzen. Das Courtoifie-Wort Excellenz, iſt heutiges Tages bey den groͤſten Miniſtres der großen Hoͤfe faſt zu wenig, man muß hohe Excellenz ſagen. So laſ- ſen ſich auch einige hoch-characteriſirten Dames mit Jhro Gnaden nicht allein abſpeiſen, ſondern ſich Jhro Excellenz ſchelten, wie ich in dem Capi- tul

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Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 175. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/195>, abgerufen am 25.11.2024.