rung, weil einerley Wort bisweilen öffters vor- kömmt, eines aus einer andern Sprache mit einrü- cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge- wissen Schrifft einem jungen Menschen folgendes Compliment vorgeschrieben worden: Er gratuli- re sich, die längst gewünschte Ehre von dessen pro- fitablen Compagnie zu geniessen, und die Estime zu bekommen, die man allezeit vor dessen Meriten getragen, und bäte sich dabey das Glück seiner Af- fection aus.
§. 38. III. Sie handeln in diesem Stück biß- weilen wider ihre eigne Regeln, sie lehren in ihren Sätzen, man solte die Frantzösischen und Lateini- schen Wörter, so viel möglich, vermeyden, und in ih- ren Exempeln trifft man doch einen unnöthigen Vorrath an, von lauter felicitiren, flattiren, sub- mittiren, veneriren, profitiren, chagriniren, u. s. w. Einige bedienen sich des Wortes grace, als eines Scherwentzels, bald legen sie ihm die Bedeutungen der Gnade und Affection bey, bald wiederum der Güte und Gefälligkeit, in diesem Compliment brauchen sie es gegen große Ministres und hohe Patronen, in einem andern aber gegen ihre guten Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß in Ansehung der höhern zu appliciren. Die Fran- tzösische Sprache ist fast durchgängig beliebt, und also hören es viele theils von den Hof-Leuten theils auch von andern, insonderheit vom adelichen oder bürgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein Compliment mit viel Frantzösischen Wörtern
aus-
I. Theil. V. Capitul.
rung, weil einerley Wort bisweilen oͤffters vor- koͤmmt, eines aus einer andern Sprache mit einruͤ- cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge- wiſſen Schrifft einem jungen Menſchen folgendes Compliment vorgeſchrieben worden: Er gratuli- re ſich, die laͤngſt gewuͤnſchte Ehre von deſſen pro- fitablen Compagnie zu genieſſen, und die Eſtime zu bekommen, die man allezeit vor deſſen Meriten getragen, und baͤte ſich dabey das Gluͤck ſeiner Af- fection aus.
§. 38. III. Sie handeln in dieſem Stuͤck biß- weilen wider ihre eigne Regeln, ſie lehren in ihren Saͤtzen, man ſolte die Frantzoͤſiſchen und Lateini- ſchen Woͤrter, ſo viel moͤglich, vermeyden, und in ih- ren Exempeln trifft man doch einen unnoͤthigen Vorrath an, von lauter felicitiren, flattiren, ſub- mittiren, veneriren, profitiren, chagriniren, u. ſ. w. Einige bedienen ſich des Wortes grace, als eines Scherwentzels, bald legen ſie ihm die Bedeutungen der Gnade und Affection bey, bald wiederum der Guͤte und Gefaͤlligkeit, in dieſem Compliment brauchen ſie es gegen große Miniſtres und hohe Patronen, in einem andern aber gegen ihre guten Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß in Anſehung der hoͤhern zu appliciren. Die Fran- tzoͤſiſche Sprache iſt faſt durchgaͤngig beliebt, und alſo hoͤren es viele theils von den Hof-Leuten theils auch von andern, inſonderheit vom adelichen oder buͤrgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein Compliment mit viel Frantzoͤſiſchen Woͤrtern
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I. Theil. V. Capitul.
rung, weil einerley Wort bisweilen oͤffters vor-
koͤmmt, eines aus einer andern Sprache mit einruͤ-
cken muß. Jch habe gefunden, daß in einer ge-
wiſſen Schrifft einem jungen Menſchen folgendes
Compliment vorgeſchrieben worden: Er gratuli-
re ſich, die laͤngſt gewuͤnſchte Ehre von deſſen pro-
fitablen Compagnie zu genieſſen, und die Eſtime
zu bekommen, die man allezeit vor deſſen Meriten
getragen, und baͤte ſich dabey das Gluͤck ſeiner Af-
fection aus.
§. 38. III. Sie handeln in dieſem Stuͤck biß-
weilen wider ihre eigne Regeln, ſie lehren in ihren
Saͤtzen, man ſolte die Frantzoͤſiſchen und Lateini-
ſchen Woͤrter, ſo viel moͤglich, vermeyden, und in ih-
ren Exempeln trifft man doch einen unnoͤthigen
Vorrath an, von lauter felicitiren, flattiren, ſub-
mittiren, veneriren, profitiren, chagriniren, u. ſ. w.
Einige bedienen ſich des Wortes grace, als eines
Scherwentzels, bald legen ſie ihm die Bedeutungen
der Gnade und Affection bey, bald wiederum der
Guͤte und Gefaͤlligkeit, in dieſem Compliment
brauchen ſie es gegen große Miniſtres und hohe
Patronen, in einem andern aber gegen ihre guten
Freunde und gegen ihres gleichen, da es doch bloß
in Anſehung der hoͤhern zu appliciren. Die Fran-
tzoͤſiſche Sprache iſt faſt durchgaͤngig beliebt, und
alſo hoͤren es viele theils von den Hof-Leuten theils
auch von andern, inſonderheit vom adelichen oder
buͤrgerlichen Frauenzimmer gar gerne, wenn ein
Compliment mit viel Frantzoͤſiſchen Woͤrtern
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 172. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/192>, abgerufen am 25.11.2024.
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