Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.

Bild:
<< vorherige Seite
I. Theil. V. Capitul.

§. 14. Es wäre gut, wenn solche Leute, die bey
dem Complimentiren nicht herkommen, die Regel
beobachteten, die Menantes in seiner allerneuesten
Art höflich und galant zu reden p. 549. vorträgt,
und nur Achtung hätten auf dasjenige, was andere
ihnen höflich sagten, und mit wenig Worten es nach
einer natürlichen Beredsamkeit höflich beantwor-
teten. So aber wird man mehrentheils einen von
diesen dreyerley Fehlern bey ihnen gewahr werden.
Entweder sie wollen sich wieder unterstehen, ein
ziemlich und groß Gegen-Compliment zu machen,
und können doch nicht damit zu rechte kommen, sie
bleiben stecken, und verwirren sich in ihren eignen
Worten, oder bringen doch sonst ungereimt Zeug
vor: oder sie werden durch das ihnen vorgetragene
Compliment, so aus ihren Circuln gerissen, daß sie
gar kein eintzig Wort mehr reden können, und völ-
lig still schweigen: oder fallen nach der beschehenen
Anrede mit ihren Discours gantz auf andere Sa-
chen, die sich zu den Compliment im geringsten
nicht schicken, nnd mit demselben keine Verwand-
schafft haben, und machen sich hiedurch lächer-
lich.

§. 15. Manche wollen es besser machen, und
gedencken damit auszukommen, wenn sie einerley
Formulgen, das sie entweder aus einem Compli-
mentir-
Buch, oder eines andern Vorschrifft erlernt,
bey allen Gelegenheiten, zu denen es sich ihren Ge-
dancken nach schickt, ohne Unterscheid der Perso-
nen und Oerter, als eine Anrede oder Gegen-Ant-

wort
I. Theil. V. Capitul.

§. 14. Es waͤre gut, wenn ſolche Leute, die bey
dem Complimentiren nicht herkommen, die Regel
beobachteten, die Menantes in ſeiner allerneueſten
Art hoͤflich und galant zu reden p. 549. vortraͤgt,
und nur Achtung haͤtten auf dasjenige, was andere
ihnen hoͤflich ſagten, und mit wenig Worten es nach
einer natuͤrlichen Beredſamkeit hoͤflich beantwor-
teten. So aber wird man mehrentheils einen von
dieſen dreyerley Fehlern bey ihnen gewahr werden.
Entweder ſie wollen ſich wieder unterſtehen, ein
ziemlich und groß Gegen-Compliment zu machen,
und koͤnnen doch nicht damit zu rechte kommen, ſie
bleiben ſtecken, und verwirren ſich in ihren eignen
Worten, oder bringen doch ſonſt ungereimt Zeug
vor: oder ſie werden durch das ihnen vorgetragene
Compliment, ſo aus ihren Circuln geriſſen, daß ſie
gar kein eintzig Wort mehr reden koͤnnen, und voͤl-
lig ſtill ſchweigen: oder fallen nach der beſchehenen
Anrede mit ihren Diſcours gantz auf andere Sa-
chen, die ſich zu den Compliment im geringſten
nicht ſchicken, nnd mit demſelben keine Verwand-
ſchafft haben, und machen ſich hiedurch laͤcher-
lich.

§. 15. Manche wollen es beſſer machen, und
gedencken damit auszukommen, wenn ſie einerley
Formulgen, das ſie entweder aus einem Compli-
mentir-
Buch, oder eines andern Vorſchrifft erlernt,
bey allen Gelegenheiten, zu denen es ſich ihren Ge-
dancken nach ſchickt, ohne Unterſcheid der Perſo-
nen und Oerter, als eine Anrede oder Gegen-Ant-

wort
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <pb facs="#f0172" n="152"/>
        <fw place="top" type="header"> <hi rendition="#b"><hi rendition="#aq">I.</hi> Theil. <hi rendition="#aq">V.</hi> Capitul.</hi> </fw><lb/>
        <p>§. 14. Es wa&#x0364;re gut, wenn &#x017F;olche Leute, die bey<lb/>
dem <hi rendition="#aq">Complimenti</hi>ren nicht herkommen, die Regel<lb/>
beobachteten, die <hi rendition="#aq">Menantes</hi> in &#x017F;einer allerneue&#x017F;ten<lb/>
Art ho&#x0364;flich und <hi rendition="#aq">galant</hi> zu reden <hi rendition="#aq">p.</hi> 549. vortra&#x0364;gt,<lb/>
und nur Achtung ha&#x0364;tten auf dasjenige, was andere<lb/>
ihnen ho&#x0364;flich &#x017F;agten, und mit wenig Worten es nach<lb/>
einer natu&#x0364;rlichen Bered&#x017F;amkeit ho&#x0364;flich beantwor-<lb/>
teten. So aber wird man mehrentheils einen von<lb/>
die&#x017F;en dreyerley Fehlern bey ihnen gewahr werden.<lb/>
Entweder &#x017F;ie wollen &#x017F;ich wieder unter&#x017F;tehen, ein<lb/>
ziemlich und groß Gegen-<hi rendition="#aq">Complimen</hi>t zu machen,<lb/>
und ko&#x0364;nnen doch nicht damit zu rechte kommen, &#x017F;ie<lb/>
bleiben &#x017F;tecken, und verwirren &#x017F;ich in ihren eignen<lb/>
Worten, oder bringen doch &#x017F;on&#x017F;t ungereimt Zeug<lb/>
vor: oder &#x017F;ie werden durch das ihnen vorgetragene<lb/><hi rendition="#aq">Compliment,</hi> &#x017F;o aus ihren Circuln geri&#x017F;&#x017F;en, daß &#x017F;ie<lb/>
gar kein eintzig Wort mehr reden ko&#x0364;nnen, und vo&#x0364;l-<lb/>
lig &#x017F;till &#x017F;chweigen: oder fallen nach der be&#x017F;chehenen<lb/>
Anrede mit ihren <hi rendition="#aq">Di&#x017F;cours</hi> gantz auf andere Sa-<lb/>
chen, die &#x017F;ich zu den <hi rendition="#aq">Compliment</hi> im gering&#x017F;ten<lb/>
nicht &#x017F;chicken, nnd mit dem&#x017F;elben keine Verwand-<lb/>
&#x017F;chafft haben, und machen &#x017F;ich hiedurch la&#x0364;cher-<lb/>
lich.</p><lb/>
        <p>§. 15. Manche wollen es be&#x017F;&#x017F;er machen, und<lb/>
gedencken damit auszukommen, wenn &#x017F;ie einerley<lb/>
Formulgen, das &#x017F;ie entweder aus einem <hi rendition="#aq">Compli-<lb/>
mentir-</hi>Buch, oder eines andern Vor&#x017F;chrifft erlernt,<lb/>
bey allen Gelegenheiten, zu denen es &#x017F;ich ihren Ge-<lb/>
dancken nach &#x017F;chickt, ohne Unter&#x017F;cheid der Per&#x017F;o-<lb/>
nen und Oerter, als eine Anrede oder Gegen-Ant-<lb/>
<fw place="bottom" type="catch">wort</fw><lb/></p>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[152/0172] I. Theil. V. Capitul. §. 14. Es waͤre gut, wenn ſolche Leute, die bey dem Complimentiren nicht herkommen, die Regel beobachteten, die Menantes in ſeiner allerneueſten Art hoͤflich und galant zu reden p. 549. vortraͤgt, und nur Achtung haͤtten auf dasjenige, was andere ihnen hoͤflich ſagten, und mit wenig Worten es nach einer natuͤrlichen Beredſamkeit hoͤflich beantwor- teten. So aber wird man mehrentheils einen von dieſen dreyerley Fehlern bey ihnen gewahr werden. Entweder ſie wollen ſich wieder unterſtehen, ein ziemlich und groß Gegen-Compliment zu machen, und koͤnnen doch nicht damit zu rechte kommen, ſie bleiben ſtecken, und verwirren ſich in ihren eignen Worten, oder bringen doch ſonſt ungereimt Zeug vor: oder ſie werden durch das ihnen vorgetragene Compliment, ſo aus ihren Circuln geriſſen, daß ſie gar kein eintzig Wort mehr reden koͤnnen, und voͤl- lig ſtill ſchweigen: oder fallen nach der beſchehenen Anrede mit ihren Diſcours gantz auf andere Sa- chen, die ſich zu den Compliment im geringſten nicht ſchicken, nnd mit demſelben keine Verwand- ſchafft haben, und machen ſich hiedurch laͤcher- lich. §. 15. Manche wollen es beſſer machen, und gedencken damit auszukommen, wenn ſie einerley Formulgen, das ſie entweder aus einem Compli- mentir-Buch, oder eines andern Vorſchrifft erlernt, bey allen Gelegenheiten, zu denen es ſich ihren Ge- dancken nach ſchickt, ohne Unterſcheid der Perſo- nen und Oerter, als eine Anrede oder Gegen-Ant- wort

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/172
Zitationshilfe: Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 152. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/172>, abgerufen am 25.11.2024.