than oder gelassen werden soll, zu beurtheilen hat, so muß er auch die Leute kennen lernen, ob ihm in dem gemeinen Umgange, da sie entweder zu ihnen kommen, oder er in ihre Gesellschafft gezogen wird, an dem Range viel gelegen oder nicht. Soll und will er Wirths-Stelle vertreten, und Leute von mancherley Stand und Character zu sich bitten, so muß er vorher genaue Erkundigung einziehen, wie einer vor dem andern den Rang habe, und dem andern an Ehrgeitz übertreffe, damit er ja solchen Leuten, die ihr summum bonum in der Ober- Stelle finden, ihren rechten Platz anweisen, und sie so bedienen möge, daß ihnen an ihrem Range nichts abgehe. Weiß er, daß manche wegen des Ranges unter einander streitig sind, so muß er sie entweder alle beyde weglassen/ oder denjenigen, an dem ihm am wenigsten gelegen, sonst würde er seine liebe Noth haben. Bißweilen gehet es an zu Vermeydung mancherley Rang-Disputen, daß der Wirth des Haußes bey einer Collation die Erklährung thut, daß vor diesesmahl kein Rang un- ter ihnen gelten solte, und er sich die Freyheit aus- gebeten haben wolte, ohne Praejudice des einem je- den zustehenden Ranges sie zu placiren, und zu be- dienen. Doch dieses findet nur Platz bey denen Geringern, mit deren Range es nicht so gar viel zu bedeuten hat, an deren Gunst und Freundschafft uns so gar viel nicht gelegen, oder die nicht so gar ehrgeitzig sind; den andern ist mit dieser Erklärung nicht so gar viel gedient, sie verlangen, daß der
Wirth
I. Theil. IV. Capitul.
than oder gelaſſen werden ſoll, zu beurtheilen hat, ſo muß er auch die Leute kennen lernen, ob ihm in dem gemeinen Umgange, da ſie entweder zu ihnen kommen, oder er in ihre Geſellſchafft gezogen wird, an dem Range viel gelegen oder nicht. Soll und will er Wirths-Stelle vertreten, und Leute von mancherley Stand und Character zu ſich bitten, ſo muß er vorher genaue Erkundigung einziehen, wie einer vor dem andern den Rang habe, und dem andern an Ehrgeitz uͤbertreffe, damit er ja ſolchen Leuten, die ihr ſummum bonum in der Ober- Stelle finden, ihren rechten Platz anweiſen, und ſie ſo bedienen moͤge, daß ihnen an ihrem Range nichts abgehe. Weiß er, daß manche wegen des Ranges unter einander ſtreitig ſind, ſo muß er ſie entweder alle beyde weglaſſen/ oder denjenigen, an dem ihm am wenigſten gelegen, ſonſt wuͤrde er ſeine liebe Noth haben. Bißweilen gehet es an zu Vermeydung mancherley Rang-Diſputen, daß der Wirth des Haußes bey einer Collation die Erklaͤhrung thut, daß vor dieſesmahl kein Rang un- ter ihnen gelten ſolte, und er ſich die Freyheit aus- gebeten haben wolte, ohne Præjudice des einem je- den zuſtehenden Ranges ſie zu placiren, und zu be- dienen. Doch dieſes findet nur Platz bey denen Geringern, mit deren Range es nicht ſo gar viel zu bedeuten hat, an deren Gunſt und Freundſchafft uns ſo gar viel nicht gelegen, oder die nicht ſo gar ehrgeitzig ſind; den andern iſt mit dieſer Erklaͤrung nicht ſo gar viel gedient, ſie verlangen, daß der
Wirth
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I. Theil. IV. Capitul.
than oder gelaſſen werden ſoll, zu beurtheilen hat,
ſo muß er auch die Leute kennen lernen, ob ihm in
dem gemeinen Umgange, da ſie entweder zu ihnen
kommen, oder er in ihre Geſellſchafft gezogen wird,
an dem Range viel gelegen oder nicht. Soll und
will er Wirths-Stelle vertreten, und Leute von
mancherley Stand und Character zu ſich bitten,
ſo muß er vorher genaue Erkundigung einziehen,
wie einer vor dem andern den Rang habe, und dem
andern an Ehrgeitz uͤbertreffe, damit er ja ſolchen
Leuten, die ihr ſummum bonum in der Ober-
Stelle finden, ihren rechten Platz anweiſen, und
ſie ſo bedienen moͤge, daß ihnen an ihrem Range
nichts abgehe. Weiß er, daß manche wegen des
Ranges unter einander ſtreitig ſind, ſo muß er ſie
entweder alle beyde weglaſſen/ oder denjenigen, an
dem ihm am wenigſten gelegen, ſonſt wuͤrde er ſeine
liebe Noth haben. Bißweilen gehet es an zu
Vermeydung mancherley Rang-Diſputen, daß
der Wirth des Haußes bey einer Collation die
Erklaͤhrung thut, daß vor dieſesmahl kein Rang un-
ter ihnen gelten ſolte, und er ſich die Freyheit aus-
gebeten haben wolte, ohne Præjudice des einem je-
den zuſtehenden Ranges ſie zu placiren, und zu be-
dienen. Doch dieſes findet nur Platz bey denen
Geringern, mit deren Range es nicht ſo gar viel zu
bedeuten hat, an deren Gunſt und Freundſchafft
uns ſo gar viel nicht gelegen, oder die nicht ſo gar
ehrgeitzig ſind; den andern iſt mit dieſer Erklaͤrung
nicht ſo gar viel gedient, ſie verlangen, daß der
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 114. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/134>, abgerufen am 16.02.2025.
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