leurs en il doit commandes, il ne doit rien cedes de son rang & de son autorite.
§. 8. Es ist eine fast durch gantz Teutschland und andre Europäische Provintzen gehende bekandte Observanz, daß bey einigen Fällen, theils bey frö- lichen, theils bey traurigen Begebenheiten, einige, und wenn es auch gleich die geringsten Leute wären, über alle die andern den Rang und Vorzug haben. Also gebührt die Ober-Stelle bey den Hochzei- ten der Braut und Bräutigam, bey Kindtaufften den Gevattern, bey den Leich-Processionen den nächsten Bluts-Freunden. Wie nun dieses al- lenthalben privilegirt, so würden sich diejenigen ge- waltig vergehen, die in den Gedancken stünden, als ob durch solche geringe Leute ihrem Stande und Range praejudicirt würde, und sich vor ihnen eine Ober-Stelle zueignen wolten. Hingegen ist es auch eine feine äußerliche Zucht, wenn die andern, da es, ohne Verletzung einer gewissen Art des Wohlstandes und einer allgemeinen Gewohnheit, geschehen kan, auch bey diesen Fällen, denen Höhern ihre Ober-Stellen anbiethen, und solche nicht eher, als biß sie es befohlen oder erlauben, einnehmen.
§. 9. Gegen Fremde, das ist, gegen diejenigen, die sich nur eine Zeitlang an unserm Orte aufhalten, kan man nicht höflich und ehrerbietig gnug seyn. Es gereicht dieses zu unsern besondern Nachruhm, und bringt uns kein Praejudiz zuwege, sie gehen wieder von uns, und lassen uns unsern Rang, der uns sonst zustehet, in Ruhe; Bey den Einheimischen
aber
Vom Range.
leurs en il doit commandes, il ne doit rien cedes de ſon rang & de ſon autorité.
§. 8. Es iſt eine faſt durch gantz Teutſchland und andre Europaͤiſche Provintzen gehende bekandte Obſervanz, daß bey einigen Faͤllen, theils bey froͤ- lichen, theils bey traurigen Begebenheiten, einige, und wenn es auch gleich die geringſten Leute waͤren, uͤber alle die andern den Rang und Vorzug haben. Alſo gebuͤhrt die Ober-Stelle bey den Hochzei- ten der Braut und Braͤutigam, bey Kindtaufften den Gevattern, bey den Leich-Proceſſionen den naͤchſten Bluts-Freunden. Wie nun dieſes al- lenthalben privilegirt, ſo wuͤrden ſich diejenigen ge- waltig vergehen, die in den Gedancken ſtuͤnden, als ob durch ſolche geringe Leute ihrem Stande und Range præjudicirt wuͤrde, und ſich vor ihnen eine Ober-Stelle zueignen wolten. Hingegen iſt es auch eine feine aͤußerliche Zucht, wenn die andern, da es, ohne Verletzung einer gewiſſen Art des Wohlſtandes und einer allgemeinen Gewohnheit, geſchehen kan, auch bey dieſen Faͤllen, denen Hoͤhern ihre Ober-Stellen anbiethen, und ſolche nicht eher, als biß ſie es befohlen oder erlauben, einnehmen.
§. 9. Gegen Fremde, das iſt, gegen diejenigen, die ſich nur eine Zeitlang an unſerm Orte aufhalten, kan man nicht hoͤflich und ehrerbietig gnug ſeyn. Es gereicht dieſes zu unſern beſondern Nachruhm, und bringt uns kein Præjudiz zuwege, ſie gehen wieder von uns, und laſſen uns unſern Rang, der uns ſonſt zuſtehet, in Ruhe; Bey den Einheimiſchen
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Vom Range.
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cedes de ſon rang & de ſon autorité.
§. 8. Es iſt eine faſt durch gantz Teutſchland und
andre Europaͤiſche Provintzen gehende bekandte
Obſervanz, daß bey einigen Faͤllen, theils bey froͤ-
lichen, theils bey traurigen Begebenheiten, einige,
und wenn es auch gleich die geringſten Leute waͤren,
uͤber alle die andern den Rang und Vorzug haben.
Alſo gebuͤhrt die Ober-Stelle bey den Hochzei-
ten der Braut und Braͤutigam, bey Kindtaufften
den Gevattern, bey den Leich-Proceſſionen den
naͤchſten Bluts-Freunden. Wie nun dieſes al-
lenthalben privilegirt, ſo wuͤrden ſich diejenigen ge-
waltig vergehen, die in den Gedancken ſtuͤnden, als
ob durch ſolche geringe Leute ihrem Stande und
Range præjudicirt wuͤrde, und ſich vor ihnen eine
Ober-Stelle zueignen wolten. Hingegen iſt es
auch eine feine aͤußerliche Zucht, wenn die andern,
da es, ohne Verletzung einer gewiſſen Art des
Wohlſtandes und einer allgemeinen Gewohnheit,
geſchehen kan, auch bey dieſen Faͤllen, denen Hoͤhern
ihre Ober-Stellen anbiethen, und ſolche nicht eher,
als biß ſie es befohlen oder erlauben, einnehmen.
§. 9. Gegen Fremde, das iſt, gegen diejenigen,
die ſich nur eine Zeitlang an unſerm Orte aufhalten,
kan man nicht hoͤflich und ehrerbietig gnug ſeyn.
Es gereicht dieſes zu unſern beſondern Nachruhm,
und bringt uns kein Præjudiz zuwege, ſie gehen
wieder von uns, und laſſen uns unſern Rang, der
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Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 111. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/131>, abgerufen am 22.11.2024.
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