Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728.I. Theil. III. Capitul. bekommt, als er vorhin gehabt; oder ob auch an-dere Stücke der wahren Glückseligkeit, die er sonst nicht so bald, und nicht so bequem erhalten können, damit vergesellschafftet, oder daraus herfliessen; er muß nicht bloß auf die äusserliche Ceremonien und Ehren-Bezeigungen sehen, die ihm andere nunmehr erweisen müssen; denn dieses sind Tändeleyen, son- dern auf die wahre Ehre, die ihm hieraus zuwächst, ob er auch durch dieses Praedicat in der That tüchti- ger werde, als vorhin, das Böse zu hindern, und hin- gegen die Ehre GOttes, seine und seines Nächsten Vollkommenheit, mehr zu beförden. Er muß sich vorher ebenfalls prüfen, ob er wohl so viel Geschick- lichkeit besitze, daß er von andern Leuten dieses Ti- tuls nicht vor unwürdig geachtet, und dadurch mehr beschimpffet, als geehret werde. Es ist zwar ein grosser Unterschied unter einer würcklichen Bedie- nung, und unter einen blossen Titul und Praedicat, und wird zu jenem wohl freylich mehr erfordert, als zu diesem. Da aber der Titul eine grosse Aehnlich- keit mit dem Amte selbst hat, und die Benennung den Schein von sich giebt, als ob sie mit der Bedie- nung einerley sey, zumahl bey denen, welchen unbe- kandt, ob einer in würcklichen Diensten stehe, oder nicht; so muß auch ein Titulair, der sich bey ver- nünfftigen Leuten nicht lächerlich machen will, den Schein von sich geben, als ob er zu diesem oder je- nem, davon er den Titul angenommen, nicht eben gantz und gar untüchtig sey. Dieses, was ich von der Capacität gesagt, ist auch mit einiger Verände- rung
I. Theil. III. Capitul. bekommt, als er vorhin gehabt; oder ob auch an-dere Stuͤcke der wahren Gluͤckſeligkeit, die er ſonſt nicht ſo bald, und nicht ſo bequem erhalten koͤnnen, damit vergeſellſchafftet, oder daraus herflieſſen; er muß nicht bloß auf die aͤuſſerliche Ceremonien und Ehren-Bezeigungen ſehen, die ihm andere nunmehr erweiſen muͤſſen; denn dieſes ſind Taͤndeleyen, ſon- dern auf die wahre Ehre, die ihm hieraus zuwaͤchſt, ob er auch durch dieſes Prædicat in der That tuͤchti- ger werde, als vorhin, das Boͤſe zu hindern, und hin- gegen die Ehre GOttes, ſeine und ſeines Naͤchſten Vollkommenheit, mehr zu befoͤrden. Er muß ſich vorher ebenfalls pruͤfen, ob er wohl ſo viel Geſchick- lichkeit beſitze, daß er von andern Leuten dieſes Ti- tuls nicht vor unwuͤrdig geachtet, und dadurch mehr beſchimpffet, als geehret werde. Es iſt zwar ein groſſer Unterſchied unter einer wuͤrcklichen Bedie- nung, und unter einen bloſſen Titul und Prædicat, und wird zu jenem wohl freylich mehr erfordert, als zu dieſem. Da aber der Titul eine groſſe Aehnlich- keit mit dem Amte ſelbſt hat, und die Benennung den Schein von ſich giebt, als ob ſie mit der Bedie- nung einerley ſey, zumahl bey denen, welchen unbe- kandt, ob einer in wuͤrcklichen Dienſten ſtehe, oder nicht; ſo muß auch ein Titulair, der ſich bey ver- nuͤnfftigen Leuten nicht laͤcherlich machen will, den Schein von ſich geben, als ob er zu dieſem oder je- nem, davon er den Titul angenommen, nicht eben gantz und gar untuͤchtig ſey. Dieſes, was ich von der Capacitaͤt geſagt, iſt auch mit einiger Veraͤnde- rung
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I. Theil. III. Capitul.
bekommt, als er vorhin gehabt; oder ob auch an-
dere Stuͤcke der wahren Gluͤckſeligkeit, die er ſonſt
nicht ſo bald, und nicht ſo bequem erhalten koͤnnen,
damit vergeſellſchafftet, oder daraus herflieſſen; er
muß nicht bloß auf die aͤuſſerliche Ceremonien und
Ehren-Bezeigungen ſehen, die ihm andere nunmehr
erweiſen muͤſſen; denn dieſes ſind Taͤndeleyen, ſon-
dern auf die wahre Ehre, die ihm hieraus zuwaͤchſt,
ob er auch durch dieſes Prædicat in der That tuͤchti-
ger werde, als vorhin, das Boͤſe zu hindern, und hin-
gegen die Ehre GOttes, ſeine und ſeines Naͤchſten
Vollkommenheit, mehr zu befoͤrden. Er muß ſich
vorher ebenfalls pruͤfen, ob er wohl ſo viel Geſchick-
lichkeit beſitze, daß er von andern Leuten dieſes Ti-
tuls nicht vor unwuͤrdig geachtet, und dadurch mehr
beſchimpffet, als geehret werde. Es iſt zwar ein
groſſer Unterſchied unter einer wuͤrcklichen Bedie-
nung, und unter einen bloſſen Titul und Prædicat,
und wird zu jenem wohl freylich mehr erfordert, als
zu dieſem. Da aber der Titul eine groſſe Aehnlich-
keit mit dem Amte ſelbſt hat, und die Benennung
den Schein von ſich giebt, als ob ſie mit der Bedie-
nung einerley ſey, zumahl bey denen, welchen unbe-
kandt, ob einer in wuͤrcklichen Dienſten ſtehe, oder
nicht; ſo muß auch ein Titulair, der ſich bey ver-
nuͤnfftigen Leuten nicht laͤcherlich machen will, den
Schein von ſich geben, als ob er zu dieſem oder je-
nem, davon er den Titul angenommen, nicht eben
gantz und gar untuͤchtig ſey. Dieſes, was ich von
der Capacitaͤt geſagt, iſt auch mit einiger Veraͤnde-
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Zitationshilfe: | Rohr, Julius Bernhard von: Einleitung zur Ceremoniel-Wissenschafft der Privat-Personen. Berlin, 1728, S. 86. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohr_einleitung_1728/106>, abgerufen am 20.07.2024. |