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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Kern, Athen. Mittheil. 1891 p. 5. 6, Pluton und Persephone.
Lakrateides nennt sich einen Priester theou kai theas kai Eubou-
leos (C. I. A. 2, 1620 c); auf dem Reliefbild, über dem seine
Weiheinschrift steht, sind, nach den Beischriften, dargestellt Plou-
ton, thea, Triptolemos. Unter der Voraussetzung, dass das Relief
diejenigen numina darstelle, deren iereus Lakr. war, könnte ja,
wie Kern annimmt, der Plouton des Reliefs = dem theos und dann
wahrscheinlich e thea keine andere als Persephone sein. Aber
die Voraussetzung ist unhaltbar. Das Relief zeigte ja den Tri-
ptolemos, dessen Priester L. nicht war, zeigt aber keine Spur
von Eubuleus, dessen Priester er war. Dazu heisst es oben, dass
Lak. sein kharisterion anetheke Demetri kai kor[e -- -- --: also
keinesfalls allein den Gottheiten, deren Priester er war (unter
denen nur Eine thea ist). Da sich demnach die Gestalten des
Reliefs keineswegs mit denen, deren Priester L. war, decken,
spricht nichts dafür, das o theos = Plouton war, und dann
auch nichts dafür, dass e thea = Kore war. Kommt nun
hinzu, dass auf der Eleusinischen Inschrift, C. I. A. 4, 27 b (Dit-
tenb. Syll. 13), neben einander erwähnt und von einander unter-
schieden werden toin theoin ekatera (Demeter und Kore), Tripto-
lemos, o theos und e thea und Eubuleus: so bleibt es doch geradezu
unmöglich, unter e thea die Kore zu verstehn (was ja ohnehin,
da Kore nicht isolirt steht, sondern mit der Mutter zusammen
unter der Bezeichnung to theo ganz regelmässig zusammengefasst
wird, kaum thunlich wäre). Es wird nicht möglich sein, der
thea und dem theos einen bestimmten Namen zu geben.

S. 202, A. 2. Vgl. noch Philodem. p. thanatou p. 33 f.
Mekl.

S. 203, A. 1. Origanon (Doste, weisser Thymian) wird
doch wohl als apotropäisch, Geister verscheuchend, der Leiche
beigelegt. Die Alten wussten von der Kraft dieser Pflanze, Un-
geziefer, Ameisen, Schlangen abzuhalten (s. noch Aristot. h. an.
4, 8 p. 534 b, 22 [Plin. n. h. 10, 195]; Theophrast. Caus. Plant.
6, 5, 4; Geopon. 12, 19, 7). Neuerer Aberglaube verwendet sie,
um Wichtel und Nixen, Hexen und Gespenster fernzuhalten
(Grimm D. Myth. 4 p. 1015; III p. 471, n. 980). Legt man
Doste und Tarant den Wöchnerinnen bei, so können ihnen die
Volande und Gespenster nichts thun "weil solche Kräuter diesen

Kern, Athen. Mittheil. 1891 p. 5. 6, Pluton und Persephone.
Lakrateides nennt sich einen Priester ϑεοῦ καὶ ϑεᾶς καὶ Εὐβου-
λέως (C. I. A. 2, 1620 c); auf dem Reliefbild, über dem seine
Weiheinschrift steht, sind, nach den Beischriften, dargestellt Πλού-
των, ϑεά, Τριπτόλεμος. Unter der Voraussetzung, dass das Relief
diejenigen numina darstelle, deren ἱερεύς Lakr. war, könnte ja,
wie Kern annimmt, der Πλούτων des Reliefs = dem ϑεός und dann
wahrscheinlich ἡ ϑεά keine andere als Persephone sein. Aber
die Voraussetzung ist unhaltbar. Das Relief zeigte ja den Tri-
ptolemos, dessen Priester L. nicht war, zeigt aber keine Spur
von Eubuleus, dessen Priester er war. Dazu heisst es oben, dass
Lak. sein χαριστήριον ἀνέϑηκε Δήμητρι καὶ κόρ[ῃ — — —: also
keinesfalls allein den Gottheiten, deren Priester er war (unter
denen nur Eine ϑεά ist). Da sich demnach die Gestalten des
Reliefs keineswegs mit denen, deren Priester L. war, decken,
spricht nichts dafür, das ὁ ϑεός = Πλούτων war, und dann
auch nichts dafür, dass ἡ ϑεά = Κόρη war. Kommt nun
hinzu, dass auf der Eleusinischen Inschrift, C. I. A. 4, 27 b (Dit-
tenb. Syll. 13), neben einander erwähnt und von einander unter-
schieden werden τοῖν ϑεοῖν ἑκατέρα (Demeter und Kore), Tripto-
lemos, ὁ ϑεός und ἡ ϑεά und Eubuleus: so bleibt es doch geradezu
unmöglich, unter ἡ ϑεά die Kore zu verstehn (was ja ohnehin,
da Kore nicht isolirt steht, sondern mit der Mutter zusammen
unter der Bezeichnung τὼ ϑεώ ganz regelmässig zusammengefasst
wird, kaum thunlich wäre). Es wird nicht möglich sein, der
ϑεά und dem ϑεός einen bestimmten Namen zu geben.

S. 202, A. 2. Vgl. noch Philodem. π. ϑανάτου p. 33 f.
Mekl.

S. 203, A. 1. Origanon (Doste, weisser Thymian) wird
doch wohl als apotropäisch, Geister verscheuchend, der Leiche
beigelegt. Die Alten wussten von der Kraft dieser Pflanze, Un-
geziefer, Ameisen, Schlangen abzuhalten (s. noch Aristot. h. an.
4, 8 p. 534 b, 22 [Plin. n. h. 10, 195]; Theophrast. Caus. Plant.
6, 5, 4; Geopon. 12, 19, 7). Neuerer Aberglaube verwendet sie,
um Wichtel und Nixen, Hexen und Gespenster fernzuhalten
(Grimm D. Myth. 4 p. 1015; III p. 471, n. 980). Legt man
Doste und Tarant den Wöchnerinnen bei, so können ihnen die
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[697/0713] Kern, Athen. Mittheil. 1891 p. 5. 6, Pluton und Persephone. Lakrateides nennt sich einen Priester ϑεοῦ καὶ ϑεᾶς καὶ Εὐβου- λέως (C. I. A. 2, 1620 c); auf dem Reliefbild, über dem seine Weiheinschrift steht, sind, nach den Beischriften, dargestellt Πλού- των, ϑεά, Τριπτόλεμος. Unter der Voraussetzung, dass das Relief diejenigen numina darstelle, deren ἱερεύς Lakr. war, könnte ja, wie Kern annimmt, der Πλούτων des Reliefs = dem ϑεός und dann wahrscheinlich ἡ ϑεά keine andere als Persephone sein. Aber die Voraussetzung ist unhaltbar. Das Relief zeigte ja den Tri- ptolemos, dessen Priester L. nicht war, zeigt aber keine Spur von Eubuleus, dessen Priester er war. Dazu heisst es oben, dass Lak. sein χαριστήριον ἀνέϑηκε Δήμητρι καὶ κόρ[ῃ — — —: also keinesfalls allein den Gottheiten, deren Priester er war (unter denen nur Eine ϑεά ist). Da sich demnach die Gestalten des Reliefs keineswegs mit denen, deren Priester L. war, decken, spricht nichts dafür, das ὁ ϑεός = Πλούτων war, und dann auch nichts dafür, dass ἡ ϑεά = Κόρη war. Kommt nun hinzu, dass auf der Eleusinischen Inschrift, C. I. A. 4, 27 b (Dit- tenb. Syll. 13), neben einander erwähnt und von einander unter- schieden werden τοῖν ϑεοῖν ἑκατέρα (Demeter und Kore), Tripto- lemos, ὁ ϑεός und ἡ ϑεά und Eubuleus: so bleibt es doch geradezu unmöglich, unter ἡ ϑεά die Kore zu verstehn (was ja ohnehin, da Kore nicht isolirt steht, sondern mit der Mutter zusammen unter der Bezeichnung τὼ ϑεώ ganz regelmässig zusammengefasst wird, kaum thunlich wäre). Es wird nicht möglich sein, der ϑεά und dem ϑεός einen bestimmten Namen zu geben. S. 202, A. 2. Vgl. noch Philodem. π. ϑανάτου p. 33 f. Mekl. S. 203, A. 1. Origanon (Doste, weisser Thymian) wird doch wohl als apotropäisch, Geister verscheuchend, der Leiche beigelegt. Die Alten wussten von der Kraft dieser Pflanze, Un- geziefer, Ameisen, Schlangen abzuhalten (s. noch Aristot. h. an. 4, 8 p. 534 b, 22 [Plin. n. h. 10, 195]; Theophrast. Caus. Plant. 6, 5, 4; Geopon. 12, 19, 7). Neuerer Aberglaube verwendet sie, um Wichtel und Nixen, Hexen und Gespenster fernzuhalten (Grimm D. Myth. 4 p. 1015; III p. 471, n. 980). Legt man Doste und Tarant den Wöchnerinnen bei, so können ihnen die Volande und Gespenster nichts thun „weil solche Kräuter diesen

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 697. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/713>, abgerufen am 28.11.2024.