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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Todten zu spüren war 1). Von dem Glanze, den der alte Be-
griff des "Heros" verlieren musste, damit der Heroenname
nun nicht mehr in Ausnahmefällen, sondern der Regel nach,
jeden Verstorbenen bezeichnen konnte, muss der Verstorbene
etwas für sich gewonnen haben, um mit dem "Heros" auf einer
mittleren Grenzlinie zusammentreffen zu können. Es liegt doch
auch in der Vergeudung des Heroennamens und seiner allzu
bereitwilligen Austheilung an Verstorbene aller Art noch ein
Anzeichen dafür, dass im sinkenden Alterthum die Vorstellung
von Macht und Würde der abgeschiedenen Seelen nicht ge-
sunken war, sondern sich gesteigert hatte.

3.

Ihre Lebendigkeit und Kraft beweisen die abgeschiedenen
Seelen besonders in ihrer Einwirkung auf das Leben und die
Lebendigen. Der Seelencult denkt sie sich als festgehalten im
Bereich der bewohnten Erde, im Grabe oder in dessen Nähe
dauernd oder zeitweilig sich aufhaltend, und darum den Gaben
und Bitten der Ihrigen erreichbar. Es kann nicht zweifelhaft
sein, dass ein tröstlicher Zusammenhang der Familie mit den
vorangegangenen Geistern der Verwandtschaft, ein Austausch
von Todtenspenden seitens der Lebenden und Segnungen der
Unsichtbaren, wie seit Urzeiten, so auch in dieser späten Zeit
im Glauben feststand. Ausdrückliche Zeugnisse freilich geben
von diesem still gemüthlichen Familienglauben an das Fort-

1) upnos ekhei se makar --, kai zes os eros, kai nekus ouk egenou.
Kaib. ep. lap. 433. Der eros also etwas anderes, Lebendigeres als ein
nekus schlechtweg. aspazesth eroa, ton ouk edamassato lupe (d. h. der
nicht zu nichte wurde durch den Tod) ibid. 296. Der Gatte timais iso-
moiron etheke tan omolektron erosin: ibid. 189, 3. Einen stärkeren Nach-
druck und tiefere Bedeutung hat die Benennung eros noch in Inschriften
wie z. B. C. I. Gr. 1627 (auf einen Nachkommen Plutarchs bezüglich);
4058 (-- andra philologon, kai pase arete kekosmemenon, eudaimona eroa).
-- oi biountes osth eroes genesthai kai meta theon exein tas diatribas. Orig.
c. Cels. 3, 80, p. 359 Lomm. theoi, eroes, apaxaplos psukhai unterschieden
ibid. 3, 22, p. 276 (die Seele kann dirina fieri et a legibus mortalitatis
educi.
Arnob. 2, 62; vgl. Corn. Labeo bei Serv. Aen. 3, 168).

Todten zu spüren war 1). Von dem Glanze, den der alte Be-
griff des „Heros“ verlieren musste, damit der Heroenname
nun nicht mehr in Ausnahmefällen, sondern der Regel nach,
jeden Verstorbenen bezeichnen konnte, muss der Verstorbene
etwas für sich gewonnen haben, um mit dem „Heros“ auf einer
mittleren Grenzlinie zusammentreffen zu können. Es liegt doch
auch in der Vergeudung des Heroennamens und seiner allzu
bereitwilligen Austheilung an Verstorbene aller Art noch ein
Anzeichen dafür, dass im sinkenden Alterthum die Vorstellung
von Macht und Würde der abgeschiedenen Seelen nicht ge-
sunken war, sondern sich gesteigert hatte.

3.

Ihre Lebendigkeit und Kraft beweisen die abgeschiedenen
Seelen besonders in ihrer Einwirkung auf das Leben und die
Lebendigen. Der Seelencult denkt sie sich als festgehalten im
Bereich der bewohnten Erde, im Grabe oder in dessen Nähe
dauernd oder zeitweilig sich aufhaltend, und darum den Gaben
und Bitten der Ihrigen erreichbar. Es kann nicht zweifelhaft
sein, dass ein tröstlicher Zusammenhang der Familie mit den
vorangegangenen Geistern der Verwandtschaft, ein Austausch
von Todtenspenden seitens der Lebenden und Segnungen der
Unsichtbaren, wie seit Urzeiten, so auch in dieser späten Zeit
im Glauben feststand. Ausdrückliche Zeugnisse freilich geben
von diesem still gemüthlichen Familienglauben an das Fort-

1) ὕπνος ἔχει σε μάκαρ —, καὶ ζῇς ὡς ἥρως, καὶ νέκυς οὐκ ἐγένου.
Kaib. ep. lap. 433. Der ἥρως also etwas anderes, Lebendigeres als ein
νέκυς schlechtweg. ἀσπάζεσϑ̕ ἥρωα, τὸν οὐκ ἐδαμάσσατο λύπη (d. h. der
nicht zu nichte wurde durch den Tod) ibid. 296. Der Gatte τιμαῖς ἰσό-
μοιρον ἔϑηκε τὰν ὁμόλεκτρον ἥρωσιν: ibid. 189, 3. Einen stärkeren Nach-
druck und tiefere Bedeutung hat die Benennung ἥρως noch in Inschriften
wie z. B. C. I. Gr. 1627 (auf einen Nachkommen Plutarchs bezüglich);
4058 (— ἄνδρα φιλόλογον, καὶ πάσῃ ἀρετῇ κεκοσμημένον, εὐδαίμονα ἥρωα).
— οἱ βιοῦντες ὥσϑ̕ ἥρωες γενέσϑαι καὶ μετὰ ϑεῶν ἕξειν τὰς διατριβάς. Orig.
c. Cels. 3, 80, p. 359 Lomm. ϑεοί, ἥρωες, ἁπαξαπλῶς ψυχαί unterschieden
ibid. 3, 22, p. 276 (die Seele kann dirina fieri et a legibus mortalitatis
educi.
Arnob. 2, 62; vgl. Corn. Labeo bei Serv. Aen. 3, 168).
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[650/0666] Todten zu spüren war 1). Von dem Glanze, den der alte Be- griff des „Heros“ verlieren musste, damit der Heroenname nun nicht mehr in Ausnahmefällen, sondern der Regel nach, jeden Verstorbenen bezeichnen konnte, muss der Verstorbene etwas für sich gewonnen haben, um mit dem „Heros“ auf einer mittleren Grenzlinie zusammentreffen zu können. Es liegt doch auch in der Vergeudung des Heroennamens und seiner allzu bereitwilligen Austheilung an Verstorbene aller Art noch ein Anzeichen dafür, dass im sinkenden Alterthum die Vorstellung von Macht und Würde der abgeschiedenen Seelen nicht ge- sunken war, sondern sich gesteigert hatte. 3. Ihre Lebendigkeit und Kraft beweisen die abgeschiedenen Seelen besonders in ihrer Einwirkung auf das Leben und die Lebendigen. Der Seelencult denkt sie sich als festgehalten im Bereich der bewohnten Erde, im Grabe oder in dessen Nähe dauernd oder zeitweilig sich aufhaltend, und darum den Gaben und Bitten der Ihrigen erreichbar. Es kann nicht zweifelhaft sein, dass ein tröstlicher Zusammenhang der Familie mit den vorangegangenen Geistern der Verwandtschaft, ein Austausch von Todtenspenden seitens der Lebenden und Segnungen der Unsichtbaren, wie seit Urzeiten, so auch in dieser späten Zeit im Glauben feststand. Ausdrückliche Zeugnisse freilich geben von diesem still gemüthlichen Familienglauben an das Fort- 1) ὕπνος ἔχει σε μάκαρ —, καὶ ζῇς ὡς ἥρως, καὶ νέκυς οὐκ ἐγένου. Kaib. ep. lap. 433. Der ἥρως also etwas anderes, Lebendigeres als ein νέκυς schlechtweg. ἀσπάζεσϑ̕ ἥρωα, τὸν οὐκ ἐδαμάσσατο λύπη (d. h. der nicht zu nichte wurde durch den Tod) ibid. 296. Der Gatte τιμαῖς ἰσό- μοιρον ἔϑηκε τὰν ὁμόλεκτρον ἥρωσιν: ibid. 189, 3. Einen stärkeren Nach- druck und tiefere Bedeutung hat die Benennung ἥρως noch in Inschriften wie z. B. C. I. Gr. 1627 (auf einen Nachkommen Plutarchs bezüglich); 4058 (— ἄνδρα φιλόλογον, καὶ πάσῃ ἀρετῇ κεκοσμημένον, εὐδαίμονα ἥρωα). — οἱ βιοῦντες ὥσϑ̕ ἥρωες γενέσϑαι καὶ μετὰ ϑεῶν ἕξειν τὰς διατριβάς. Orig. c. Cels. 3, 80, p. 359 Lomm. ϑεοί, ἥρωες, ἁπαξαπλῶς ψυχαί unterschieden ibid. 3, 22, p. 276 (die Seele kann dirina fieri et a legibus mortalitatis educi. Arnob. 2, 62; vgl. Corn. Labeo bei Serv. Aen. 3, 168).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 650. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/666>, abgerufen am 25.11.2024.