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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Besitz liegt im Jenseits. Von den Schattenbildern an der
Wand der Höhle dieser Welt soll er den Blick abwenden, ihn
umwenden zu der Sonne des Ewigen 1). In das Reich des
Veränderlichen gestellt, hierauf zunächst mit Sinnen und Vor-
stellung angewiesen, soll er Alles, was sich hier ihm darbietet,
verschmähen, überspringen, überfliegen, sich unmittelbar dem
Unsichtbaren ganz hingeben, fliehen von hier dort hinüber, wo
er, Gott ähnlich werdend, gerecht und rein sein wird durch
Kraft seiner Erkenntniss 2).

Das irdische Leben, wie es ist, wird ihm fremd und un-
heimlich bleiben, er selbst ein Fremder sein auf Erden, in
irdischen Geschäften unbewandert 3), als ein Thor geachtet von
der hierin so gewandten Menge der Menschen 4). Er hat für
Höheres zu sorgen, für das Heil seiner Seele; nicht der Ge-
sammtheit, sich selbst und seinen Aufgaben wird er leben 5).
Das menschliche Treiben scheint ihm grossen Ernstes nicht
werth 6), das Staatswesen heillos verdorben, auf Wahn und

Verbindung mit der Seelenwanderungslehre, und es scheint, dass er sie
in der That aus Vorahnungen und Andeutungen älterer Lehrer der Me-
tempsychose entwickelt hat. S. oben p. 478, 2).
1) Rep. VII init.
2) omoiosis de theo, dikaion kai osion meta phroneseos genesthai Theaet.
176 A.
3) eis agoran ouk isasi ten odon ktl. Theaet. 173 D ff.
4) Theaet. 172 C--177 C. Der Philosoph, des alltäglichen Lebens
und seiner Künste unkundig und dagegen völlig gleichgültig, gilt den
Gewöhnlichen, wenn er einmal in die Interessen des Marktes und der
Gerichte gezogen wird, für euethes, anoetos, geloios. Bisweilen doxan
paraskhoint an (oi ontos philosophoi) os pantapasin ekhontes manikos. Sophist.
216 D. Rep. 7, 517 A. Diese Stellen in Schriften aus Platos späterer
Zeit. Aber schon im Phaedr. 249 D: existamenos ton anthrotinon spou-
dasmaton kai pros to theio gignomenos noutheteitai upo ton pollon os
parakinon ktl.
5) idioteuein alla me demosieuein soll der Philosoph Apol. 32 A.
Wenigstens in den thatsächlich bestehenden poleis: Rep. 7, 520 B. Nach
dem Tode Belohnung andros philosophou ta autou praxantos kai ou polu-
pragmonesantos en to bio Gorg. 526 C. osper eis theria anthropos empe-
son, wird der wahre Philosoph esukhian ekhein kai ta autou prattein. Rep.
6, 496 D.
6) ta ton anthropon pragmata megales ouk axia spoudes. Leg. 7, 803 B.

Besitz liegt im Jenseits. Von den Schattenbildern an der
Wand der Höhle dieser Welt soll er den Blick abwenden, ihn
umwenden zu der Sonne des Ewigen 1). In das Reich des
Veränderlichen gestellt, hierauf zunächst mit Sinnen und Vor-
stellung angewiesen, soll er Alles, was sich hier ihm darbietet,
verschmähen, überspringen, überfliegen, sich unmittelbar dem
Unsichtbaren ganz hingeben, fliehen von hier dort hinüber, wo
er, Gott ähnlich werdend, gerecht und rein sein wird durch
Kraft seiner Erkenntniss 2).

Das irdische Leben, wie es ist, wird ihm fremd und un-
heimlich bleiben, er selbst ein Fremder sein auf Erden, in
irdischen Geschäften unbewandert 3), als ein Thor geachtet von
der hierin so gewandten Menge der Menschen 4). Er hat für
Höheres zu sorgen, für das Heil seiner Seele; nicht der Ge-
sammtheit, sich selbst und seinen Aufgaben wird er leben 5).
Das menschliche Treiben scheint ihm grossen Ernstes nicht
werth 6), das Staatswesen heillos verdorben, auf Wahn und

Verbindung mit der Seelenwanderungslehre, und es scheint, dass er sie
in der That aus Vorahnungen und Andeutungen älterer Lehrer der Me-
tempsychose entwickelt hat. S. oben p. 478, 2).
1) Rep. VII init.
2) ὁμοίωσις δὲ ϑεῷ, δίκαιον καὶ ὅσιον μετὰ φρονήσεως γενέσϑαι Theaet.
176 A.
3) εἰς ἀγορὰν οὐκ ἴσασι τὴν ὁδόν κτλ. Theaet. 173 D ff.
4) Theaet. 172 C—177 C. Der Philosoph, des alltäglichen Lebens
und seiner Künste unkundig und dagegen völlig gleichgültig, gilt den
Gewöhnlichen, wenn er einmal in die Interessen des Marktes und der
Gerichte gezogen wird, für εὐήϑης, ἀνόητος, γελοῖος. Bisweilen δόξαν
παράσχοιντ̕ ἂν (οἱ ὄντως φιλόσοφοι) ὡς παντάπασιν ἔχοντες μανικῶς. Sophist.
216 D. Rep. 7, 517 A. Diese Stellen in Schriften aus Platos späterer
Zeit. Aber schon im Phaedr. 249 D: ἐξιστάμενος τῶν ἀνϑρωτίνων σπου-
δασμάτων καὶ πρὸς τῷ ϑείῳ γιγνόμενος νουϑετεῖται ὑπὸ τῶν πολλῶν ὡς
παρακινῶν κτλ.
5) ἰδιωτεύειν ἀλλὰ μὴ δημοσιεύειν soll der Philosoph Apol. 32 A.
Wenigstens in den thatsächlich bestehenden πόλεις: Rep. 7, 520 B. Nach
dem Tode Belohnung ἀνδρὸς φιλοσόφου τὰ αὑτοῦ πράξαντος καὶ οὐ πολυ-
πραγμονήσαντος ἐν τῷ βίῳ Gorg. 526 C. ὥσπερ εἰς ϑηρία ἄνϑρωπος ἐμπε-
σών, wird der wahre Philosoph ἡσυχίαν ἔχειν καὶ τὰ αὑτοῦ πράττειν. Rep.
6, 496 D.
6) τὰ τῶν ἀνϑρώπων πράγματα μεγάλης οὐκ ἄξια σπουδῆς. Leg. 7, 803 B.
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[582/0598] Besitz liegt im Jenseits. Von den Schattenbildern an der Wand der Höhle dieser Welt soll er den Blick abwenden, ihn umwenden zu der Sonne des Ewigen 1). In das Reich des Veränderlichen gestellt, hierauf zunächst mit Sinnen und Vor- stellung angewiesen, soll er Alles, was sich hier ihm darbietet, verschmähen, überspringen, überfliegen, sich unmittelbar dem Unsichtbaren ganz hingeben, fliehen von hier dort hinüber, wo er, Gott ähnlich werdend, gerecht und rein sein wird durch Kraft seiner Erkenntniss 2). Das irdische Leben, wie es ist, wird ihm fremd und un- heimlich bleiben, er selbst ein Fremder sein auf Erden, in irdischen Geschäften unbewandert 3), als ein Thor geachtet von der hierin so gewandten Menge der Menschen 4). Er hat für Höheres zu sorgen, für das Heil seiner Seele; nicht der Ge- sammtheit, sich selbst und seinen Aufgaben wird er leben 5). Das menschliche Treiben scheint ihm grossen Ernstes nicht werth 6), das Staatswesen heillos verdorben, auf Wahn und 3) 1) Rep. VII init. 2) ὁμοίωσις δὲ ϑεῷ, δίκαιον καὶ ὅσιον μετὰ φρονήσεως γενέσϑαι Theaet. 176 A. 3) εἰς ἀγορὰν οὐκ ἴσασι τὴν ὁδόν κτλ. Theaet. 173 D ff. 4) Theaet. 172 C—177 C. Der Philosoph, des alltäglichen Lebens und seiner Künste unkundig und dagegen völlig gleichgültig, gilt den Gewöhnlichen, wenn er einmal in die Interessen des Marktes und der Gerichte gezogen wird, für εὐήϑης, ἀνόητος, γελοῖος. Bisweilen δόξαν παράσχοιντ̕ ἂν (οἱ ὄντως φιλόσοφοι) ὡς παντάπασιν ἔχοντες μανικῶς. Sophist. 216 D. Rep. 7, 517 A. Diese Stellen in Schriften aus Platos späterer Zeit. Aber schon im Phaedr. 249 D: ἐξιστάμενος τῶν ἀνϑρωτίνων σπου- δασμάτων καὶ πρὸς τῷ ϑείῳ γιγνόμενος νουϑετεῖται ὑπὸ τῶν πολλῶν ὡς παρακινῶν κτλ. 5) ἰδιωτεύειν ἀλλὰ μὴ δημοσιεύειν soll der Philosoph Apol. 32 A. Wenigstens in den thatsächlich bestehenden πόλεις: Rep. 7, 520 B. Nach dem Tode Belohnung ἀνδρὸς φιλοσόφου τὰ αὑτοῦ πράξαντος καὶ οὐ πολυ- πραγμονήσαντος ἐν τῷ βίῳ Gorg. 526 C. ὥσπερ εἰς ϑηρία ἄνϑρωπος ἐμπε- σών, wird der wahre Philosoph ἡσυχίαν ἔχειν καὶ τὰ αὑτοῦ πράττειν. Rep. 6, 496 D. 6) τὰ τῶν ἀνϑρώπων πράγματα μεγάλης οὐκ ἄξια σπουδῆς. Leg. 7, 803 B. 3) Verbindung mit der Seelenwanderungslehre, und es scheint, dass er sie in der That aus Vorahnungen und Andeutungen älterer Lehrer der Me- tempsychose entwickelt hat. S. oben p. 478, 2).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 582. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/598>, abgerufen am 23.11.2024.