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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Ewigen von der Verdunkelung durch täuschenden Sinnentrug,
nach der Sammlung, dem Zusammenziehen der Seele auf sich
selbst 1), ihrer Zurückhaltung von der Berührung des Vergäng-
lichen als des Unreinen und Herabziehenden.

Auch in dieser philosophischen Umdeutung der ritualen
Enthaltung zu geistiger Ablösung und Erlösung behält das
Streben nach "Reinheit" einen religiösen Sinn. Denn das
Reich der Ideen, das Reich des reinen Seins, an das nur die
reine Seele rühren kann 2), ist das Reich des Göttlichen. Das
"Gute", als die oberste Idee, das höchste Vorbild, der letzte
Zweck, dem alles Sein und Werden zustrebt, zugleich mehr
als alle Ideen, der erste Grund alles Seins und alles Wissens,
ist die Gottheit selbst 3). Die Seele, der in ihrem sehnsüch-
tigen Trachten nach dem vollen Sein der Idee zuletzt die Er-
kenntniss des "Guten" die "höchste Wissenschaft" 4) wird,
tritt eben hiemit in die innerlichste Gemeinschaft mit Gott.
Die "Umwendung" der Seele vom farbigen Abglanz zur Sonne
der höchsten Idee selber 5), ist eine Hinwendung zur Gottheit,
zu der Lichtquelle alles Seins und alles Erkennens.

Auf dieser Höhe wird die philosophische Forschung zum

1) eis auten xullegesthai kai athroizesthai und von der apate der Sinne
anakhorein oson me anagke autois khresthai, lehrt philosophia die Seele: Phaed.
83 A. -- ean kathara e psukhe apallattetai -- pheugousa to soma kai sune-
throismene aute eis auten 80 E; 67 C.
2) -- katharoi apallattomenoi tes tou somatos aphrosunes -- gnosometha
di emon auton pan to eilikrines. me katharo gar katharou ephaptesthai me
ou themiton e. Phaed. 67 A/B.
3) Das agathon, e tou agathou idea, aitia so der aletheia als der epi-
steme, aber mit beiden nicht identisch, die nur agathoeide sind, sondern
eti meizonos timeteon, Ursache für die gignoskomena nicht nur des gigno-
skesthai sondern des einai und der ousia, ouk ousias ontos tou agathou all
eti epekeina tes ousias presbeia kai dunamei uperekhontos. Rep. 6, cap. 19; 7,
517 B/C. Hier ist to agathon, als Grund und wirkende Ursache alles Seins
selbst über das Sein hinausgerückt (wie dann bei den Neoplatonikern
durchaus), mit der Gottheit (dem theios nous, Phileb. 22 C) identisch, die
freilich im Timaeos neben die Ideen, deren oberste hier das agathon ist,
gestellt wird.
4) e tou agathou idea megiston mathema. Rep. 6, 505 A.
5) Die periagoge der Seele Rep. VII init.

Ewigen von der Verdunkelung durch täuschenden Sinnentrug,
nach der Sammlung, dem Zusammenziehen der Seele auf sich
selbst 1), ihrer Zurückhaltung von der Berührung des Vergäng-
lichen als des Unreinen und Herabziehenden.

Auch in dieser philosophischen Umdeutung der ritualen
Enthaltung zu geistiger Ablösung und Erlösung behält das
Streben nach „Reinheit“ einen religiösen Sinn. Denn das
Reich der Ideen, das Reich des reinen Seins, an das nur die
reine Seele rühren kann 2), ist das Reich des Göttlichen. Das
„Gute“, als die oberste Idee, das höchste Vorbild, der letzte
Zweck, dem alles Sein und Werden zustrebt, zugleich mehr
als alle Ideen, der erste Grund alles Seins und alles Wissens,
ist die Gottheit selbst 3). Die Seele, der in ihrem sehnsüch-
tigen Trachten nach dem vollen Sein der Idee zuletzt die Er-
kenntniss des „Guten“ die „höchste Wissenschaft“ 4) wird,
tritt eben hiemit in die innerlichste Gemeinschaft mit Gott.
Die „Umwendung“ der Seele vom farbigen Abglanz zur Sonne
der höchsten Idee selber 5), ist eine Hinwendung zur Gottheit,
zu der Lichtquelle alles Seins und alles Erkennens.

Auf dieser Höhe wird die philosophische Forschung zum

1) εἰς αὑτὴν ξυλλέγεσϑαι καὶ ἀϑροίζεσϑαι und von der ἀπάτη der Sinne
ἀναχωρεῖν ὅσον μὴ ἀνάγκη αὐτοῖς χρῆσϑαι, lehrt φιλοσοφία die Seele: Phaed.
83 A. — ἐὰν καϑαρὰ ἡ ψυχὴ ἀπαλλάττηται — φεύγουσα τὸ σῶμα καὶ συνη-
ϑροισμένη αὐτὴ εἰς αὑτήν 80 E; 67 C.
2) — καϑαροὶ ἀπαλλαττόμενοι τῆς τοῦ σώματος ἀφροσύνης — γνωσόμεϑα
δι̕ ἡμῶν αὐτῶν πᾶν τὸ εἱλικρινές. μὴ καϑαρῷ γὰρ καϑαροῦ ἐφάπτεσϑαι μὴ
οὐ ϑεμιτὸν ᾖ. Phaed. 67 A/B.
3) Das ἀγαϑὸν, ἡ τοῦ ἀγαϑοῦ ἰδέα, αἰτία so der ἀλήϑεια als der ἐπι-
στήμη, aber mit beiden nicht identisch, die nur ἀγαϑοειδῆ sind, sondern
ἔτι μειζόνως τιμητέον, Ursache für die γιγνωσκόμενα nicht nur des γιγνώ-
σκεσϑαι sondern des εἶναι und der οὐσία, οὐκ οὐσίας ὄντος τοῦ ἀγαϑοῦ ἀλλ̕
ἔτι ἐπέκεινα τῆς οὐσίας πρεσβείᾳ καὶ δυνάμει ὑπερέχοντος. Rep. 6, cap. 19; 7,
517 B/C. Hier ist τὸ ἀγαϑόν, als Grund und wirkende Ursache alles Seins
selbst über das Sein hinausgerückt (wie dann bei den Neoplatonikern
durchaus), mit der Gottheit (dem ϑεῖος νοῦς, Phileb. 22 C) identisch, die
freilich im Timaeos neben die Ideen, deren oberste hier das ἀγαϑόν ist,
gestellt wird.
4) ἡ τοῦ ἀγαϑοῦ ἰδέα μέγιστον μάϑημα. Rep. 6, 505 A.
5) Die περιαγωγή der Seele Rep. VII init.
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[574/0590] Ewigen von der Verdunkelung durch täuschenden Sinnentrug, nach der Sammlung, dem Zusammenziehen der Seele auf sich selbst 1), ihrer Zurückhaltung von der Berührung des Vergäng- lichen als des Unreinen und Herabziehenden. Auch in dieser philosophischen Umdeutung der ritualen Enthaltung zu geistiger Ablösung und Erlösung behält das Streben nach „Reinheit“ einen religiösen Sinn. Denn das Reich der Ideen, das Reich des reinen Seins, an das nur die reine Seele rühren kann 2), ist das Reich des Göttlichen. Das „Gute“, als die oberste Idee, das höchste Vorbild, der letzte Zweck, dem alles Sein und Werden zustrebt, zugleich mehr als alle Ideen, der erste Grund alles Seins und alles Wissens, ist die Gottheit selbst 3). Die Seele, der in ihrem sehnsüch- tigen Trachten nach dem vollen Sein der Idee zuletzt die Er- kenntniss des „Guten“ die „höchste Wissenschaft“ 4) wird, tritt eben hiemit in die innerlichste Gemeinschaft mit Gott. Die „Umwendung“ der Seele vom farbigen Abglanz zur Sonne der höchsten Idee selber 5), ist eine Hinwendung zur Gottheit, zu der Lichtquelle alles Seins und alles Erkennens. Auf dieser Höhe wird die philosophische Forschung zum 1) εἰς αὑτὴν ξυλλέγεσϑαι καὶ ἀϑροίζεσϑαι und von der ἀπάτη der Sinne ἀναχωρεῖν ὅσον μὴ ἀνάγκη αὐτοῖς χρῆσϑαι, lehrt φιλοσοφία die Seele: Phaed. 83 A. — ἐὰν καϑαρὰ ἡ ψυχὴ ἀπαλλάττηται — φεύγουσα τὸ σῶμα καὶ συνη- ϑροισμένη αὐτὴ εἰς αὑτήν 80 E; 67 C. 2) — καϑαροὶ ἀπαλλαττόμενοι τῆς τοῦ σώματος ἀφροσύνης — γνωσόμεϑα δι̕ ἡμῶν αὐτῶν πᾶν τὸ εἱλικρινές. μὴ καϑαρῷ γὰρ καϑαροῦ ἐφάπτεσϑαι μὴ οὐ ϑεμιτὸν ᾖ. Phaed. 67 A/B. 3) Das ἀγαϑὸν, ἡ τοῦ ἀγαϑοῦ ἰδέα, αἰτία so der ἀλήϑεια als der ἐπι- στήμη, aber mit beiden nicht identisch, die nur ἀγαϑοειδῆ sind, sondern ἔτι μειζόνως τιμητέον, Ursache für die γιγνωσκόμενα nicht nur des γιγνώ- σκεσϑαι sondern des εἶναι und der οὐσία, οὐκ οὐσίας ὄντος τοῦ ἀγαϑοῦ ἀλλ̕ ἔτι ἐπέκεινα τῆς οὐσίας πρεσβείᾳ καὶ δυνάμει ὑπερέχοντος. Rep. 6, cap. 19; 7, 517 B/C. Hier ist τὸ ἀγαϑόν, als Grund und wirkende Ursache alles Seins selbst über das Sein hinausgerückt (wie dann bei den Neoplatonikern durchaus), mit der Gottheit (dem ϑεῖος νοῦς, Phileb. 22 C) identisch, die freilich im Timaeos neben die Ideen, deren oberste hier das ἀγαϑόν ist, gestellt wird. 4) ἡ τοῦ ἀγαϑοῦ ἰδέα μέγιστον μάϑημα. Rep. 6, 505 A. 5) Die περιαγωγή der Seele Rep. VII init.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 574. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/590>, abgerufen am 26.11.2024.