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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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gelassen aussprechen kann 1). Auch die Grundbegriffe popu-
lärer Seelenkunde konnten zu gleichen Gedanken führen. Von
jeher hatte dem Volksglauben die Psyche, vom Hauch und
Athem benannt, als nahe verwandt den Winden, der bewegten
Luft und ihren Geistern gegolten. Leicht mochte sich die
Vorstellung einstellen, dass sie, wenn sie frei über sich ver-
fügen konnte, den verwandten Elementargeistern sich gesellen
werde. Vielleicht nichts anderes will Epicharm sagen, wenn
er ein anderes Mal ausspricht, dass im Tode, bei der Sonde-
rung des Vereinigten, ein jedes zurückkehre, woher es gekom-
men, der Leib zur Erde, nach oben aber, zur Höhe die Seele,
die er, ihre Natur bestimmter andeutend, nach dem Vorgang
des Xenophanes mit einem, später sehr üblich gewordenen
Namen als Hauch oder Wind (pneuma) bezeichnet 2).

Vielleicht aber liegt eben in dieser Benennung eine An-
deutung, dass auch diesem Dichter schon die Menschenseele
zu dem Aether, der sie nach ihrer Befreiung vom Leibe auf-
zunehmen bestimmt ist, in innerlicher Beziehung und Verwandt-
schaft stehe. Und auch von dieser Seite könnte -- wie anderer-
seits von der eben betrachteten volksthümlicheren Vorstellung

1) C. I. A. 1, 442: aither mem psukhas upedexato, so [mata de khthon]
tonde --.
2) sunekrithe kai diekrithe, kapelthen othen elthen palin, ga men es gan,
pneum ano ; ti tonde khalepon; oude en. Epich. bei Plut. consol. ad Apoll.
110 A. (Epich. fr. inc. 8). Hiermit ist noch nicht deutlich ausgesprochen,
dass das Seelen-pneuma und der allgemeine aither wesensgleich, jenes ein
Theil von diesem sei. Wenn nicht doch eine Andeutung hiervon in
der Verwendung des Wortes pneuma liegt. pneuma als allgemeine Bezeich-
nung der psukhe auch bei Epich. fr. inc. 7. Man wird für diesen später
(unter stoischem Einfluss) so verbreiteten Sprachgebrauch keinen älteren
Vertreter auffinden können als den Xenophanes, welcher protos ape-
phenato oti e psukhe pneuma (Laert. Diog. 9, 19). Epicharm konnte hierin
dem Xenophanes (dessen Schriften er kannte: Aristot. metaph. 1010 a, 6)
folgen. Dann auch Euripides: Suppl. 534. Von Philosophen gebraucht,
bezeichnet der Ausdruck (wohl sicher schon dem Diogenes Apoll.) die
Wesensgleichheit der Seele mit der beseelten Luft: aer die äussere Luft,
pneuma die Luft die im Innern des Menschen wohnt ([Hippocr.] p. phuson
I 571 f. ed. Kühn, in dem aus Diog. Apoll. entlehnten Abschnitt).

gelassen aussprechen kann 1). Auch die Grundbegriffe popu-
lärer Seelenkunde konnten zu gleichen Gedanken führen. Von
jeher hatte dem Volksglauben die Psyche, vom Hauch und
Athem benannt, als nahe verwandt den Winden, der bewegten
Luft und ihren Geistern gegolten. Leicht mochte sich die
Vorstellung einstellen, dass sie, wenn sie frei über sich ver-
fügen konnte, den verwandten Elementargeistern sich gesellen
werde. Vielleicht nichts anderes will Epicharm sagen, wenn
er ein anderes Mal ausspricht, dass im Tode, bei der Sonde-
rung des Vereinigten, ein jedes zurückkehre, woher es gekom-
men, der Leib zur Erde, nach oben aber, zur Höhe die Seele,
die er, ihre Natur bestimmter andeutend, nach dem Vorgang
des Xenophanes mit einem, später sehr üblich gewordenen
Namen als Hauch oder Wind (πνεῦμα) bezeichnet 2).

Vielleicht aber liegt eben in dieser Benennung eine An-
deutung, dass auch diesem Dichter schon die Menschenseele
zu dem Aether, der sie nach ihrer Befreiung vom Leibe auf-
zunehmen bestimmt ist, in innerlicher Beziehung und Verwandt-
schaft stehe. Und auch von dieser Seite könnte — wie anderer-
seits von der eben betrachteten volksthümlicheren Vorstellung

1) C. I. A. 1, 442: αἰϑὴρ μὲμ ψυχὰς ὑπεδέξατο, σώ [ματα δὲ χϑὼν]
τῶνδε —.
2) συνεκρίϑη καὶ διεκρίϑη, κἀπῆλϑεν ὅϑεν ἦλϑεν πάλιν, γᾶ μὲν ἐς γᾶν,
πνεῦμ̕ ἄνω · τί τῶνδε χαλεπόν; οὐδὲ ἕν. Epich. bei Plut. consol. ad Apoll.
110 A. (Epich. fr. inc. 8). Hiermit ist noch nicht deutlich ausgesprochen,
dass das Seelen-πνεῦμα und der allgemeine αἰϑήρ wesensgleich, jenes ein
Theil von diesem sei. Wenn nicht doch eine Andeutung hiervon in
der Verwendung des Wortes πνεῦμα liegt. πνεῦμα als allgemeine Bezeich-
nung der ψυχή auch bei Epich. fr. inc. 7. Man wird für diesen später
(unter stoischem Einfluss) so verbreiteten Sprachgebrauch keinen älteren
Vertreter auffinden können als den Xenophanes, welcher πρῶτος ἀπε-
φήνατο ὅτι ἡ ψυχὴ πνεῦμα (Laert. Diog. 9, 19). Epicharm konnte hierin
dem Xenophanes (dessen Schriften er kannte: Aristot. metaph. 1010 a, 6)
folgen. Dann auch Euripides: Suppl. 534. Von Philosophen gebraucht,
bezeichnet der Ausdruck (wohl sicher schon dem Diogenes Apoll.) die
Wesensgleichheit der Seele mit der beseelten Luft: ἀήρ die äussere Luft,
πνεῦμα die Luft die im Innern des Menschen wohnt ([Hippocr.] π. φυσῶν
I 571 f. ed. Kühn, in dem aus Diog. Apoll. entlehnten Abschnitt).
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[550/0566] gelassen aussprechen kann 1). Auch die Grundbegriffe popu- lärer Seelenkunde konnten zu gleichen Gedanken führen. Von jeher hatte dem Volksglauben die Psyche, vom Hauch und Athem benannt, als nahe verwandt den Winden, der bewegten Luft und ihren Geistern gegolten. Leicht mochte sich die Vorstellung einstellen, dass sie, wenn sie frei über sich ver- fügen konnte, den verwandten Elementargeistern sich gesellen werde. Vielleicht nichts anderes will Epicharm sagen, wenn er ein anderes Mal ausspricht, dass im Tode, bei der Sonde- rung des Vereinigten, ein jedes zurückkehre, woher es gekom- men, der Leib zur Erde, nach oben aber, zur Höhe die Seele, die er, ihre Natur bestimmter andeutend, nach dem Vorgang des Xenophanes mit einem, später sehr üblich gewordenen Namen als Hauch oder Wind (πνεῦμα) bezeichnet 2). Vielleicht aber liegt eben in dieser Benennung eine An- deutung, dass auch diesem Dichter schon die Menschenseele zu dem Aether, der sie nach ihrer Befreiung vom Leibe auf- zunehmen bestimmt ist, in innerlicher Beziehung und Verwandt- schaft stehe. Und auch von dieser Seite könnte — wie anderer- seits von der eben betrachteten volksthümlicheren Vorstellung 1) C. I. A. 1, 442: αἰϑὴρ μὲμ ψυχὰς ὑπεδέξατο, σώ [ματα δὲ χϑὼν] τῶνδε —. 2) συνεκρίϑη καὶ διεκρίϑη, κἀπῆλϑεν ὅϑεν ἦλϑεν πάλιν, γᾶ μὲν ἐς γᾶν, πνεῦμ̕ ἄνω · τί τῶνδε χαλεπόν; οὐδὲ ἕν. Epich. bei Plut. consol. ad Apoll. 110 A. (Epich. fr. inc. 8). Hiermit ist noch nicht deutlich ausgesprochen, dass das Seelen-πνεῦμα und der allgemeine αἰϑήρ wesensgleich, jenes ein Theil von diesem sei. Wenn nicht doch eine Andeutung hiervon in der Verwendung des Wortes πνεῦμα liegt. πνεῦμα als allgemeine Bezeich- nung der ψυχή auch bei Epich. fr. inc. 7. Man wird für diesen später (unter stoischem Einfluss) so verbreiteten Sprachgebrauch keinen älteren Vertreter auffinden können als den Xenophanes, welcher πρῶτος ἀπε- φήνατο ὅτι ἡ ψυχὴ πνεῦμα (Laert. Diog. 9, 19). Epicharm konnte hierin dem Xenophanes (dessen Schriften er kannte: Aristot. metaph. 1010 a, 6) folgen. Dann auch Euripides: Suppl. 534. Von Philosophen gebraucht, bezeichnet der Ausdruck (wohl sicher schon dem Diogenes Apoll.) die Wesensgleichheit der Seele mit der beseelten Luft: ἀήρ die äussere Luft, πνεῦμα die Luft die im Innern des Menschen wohnt ([Hippocr.] π. φυσῶν I 571 f. ed. Kühn, in dem aus Diog. Apoll. entlehnten Abschnitt).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 550. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/566>, abgerufen am 28.11.2024.