Anmelden (DTAQ) DWDS     dlexDB     CLARIN-D

Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

Bild:
<< vorherige Seite

schen Sitzen der Wonne ein, wo die Sonne ihnen leuchtet,
wenn sie für die Erde untergegangen ist 1), und sie auf blumen-
reichen Wiesen ein Dasein edler Muse geniessen, wie es nur
griechische Phantasie, an Bildern griechischer Lebenskunst ge-
nährt, ausmalen konnte, ohne ins Nichtige und Leere zu ver-
fallen.

Aber die Seele hat dort ihre letzte Ruhestätte noch
nicht gefunden. Sie muss aufs Neue einen Körper beleben,
und erst nach einem dritten, auf Erden ohne Fehl vollbrachten
Leben kann sie auf ein Ende ihrer irdischen Laufbahn hoffen 2).
Die Bedingungen jeder neuen Erdenlebenszeit bestimmen sich
nach dem Grade der Reinheit, den die Seele im vorangehen-
den Lebenslaufe erreicht hat: wenn endlich die Herrin der

durch die kolazomenoi. Demnach muss man annehmen, dass Pindar die
Erhaltung der Erinnerung und des vollen Bewusstseins (wie die Odyssee
dem Tiresias allein 10, 494 f.) allein den Frommen im Hades als ein Vor-
recht zuertheilt, die Strafe der Gottlosen noch insbesondere durh lethe
(vgl. oben p. 290, 2) verschärft habe. Der lethe nicht verfallen zu sein im
Hades, das Wasser der Lethe nicht getrunken zu haben, wird in dichterisch-
religiösen Ausführungen späterer Zeit bisweilen den Frommen als beson-
derer Vorzug nachgesagt: z. B. Epigr. lap. Kaib. 204, 11 (1. Jahrh.
vor Ch.); 414, 10. Lethes und Mnemosunes pege im Hades (wie im
Trophoniosheiligthum zu Lebadea: Paus. 9, 39, 8): ibid. 1037.
1) toisi lampei men menos aeliou tan enthade nukta kato. fr. 129. Was
bei Homer Helios nur thun zu wollen droht: dusomai eis AIdao kai en
nekuessi phaeino, das thut er wirklich und regelmässig in der Zeit der
oberirdischen Nacht, nach dieser naiven Vorstellung. Dasselbe wird wohl
gemeint sein Ol. 2, 61 f.: ison de nuktessin aiei ison en emerais alion ekhontes
(so mit Böckh) leben die esthloi an dem khoros eusebon im Hades: sie
haben in Nächten und an Tagen gleiche Sonne (wie wir: wie ja auch
ein "als wir" zu dem aponesteron 62 vorschwebt), nämlich ebensoviel da-
von wie wir auf Erden, nur in umgekehrter Zeitfolge. Nur den eusebeis
scheint drunten die Sonne: monois gar emin elios kai pheggos ilaron esti
singen die Geweiheten im Hades bei Aristoph. Ran. 454 f. (ihnen scheint
dort aber auch nur dieselbe Sonne wie uns: phos kalliston osper enthade
155. Das solemque suum sua sidera norunt ist erst später ersonnene
Subtilität). -- Helios nachts im Hades scheinend noch in dem spätgriech.
Hymnus eis Elion (Abel, Orphica p. 291) v. 11: en gaies keuthmona moles
nekuon tepi khoron. -- Kaib. ep. lap. 228 b, 7, 8. Letogenes, su de paidas
en eroessi phulassois, eusebeon aei khoron eperkhomenos.
2) Ol. 2, 68 ff.

schen Sitzen der Wonne ein, wo die Sonne ihnen leuchtet,
wenn sie für die Erde untergegangen ist 1), und sie auf blumen-
reichen Wiesen ein Dasein edler Muse geniessen, wie es nur
griechische Phantasie, an Bildern griechischer Lebenskunst ge-
nährt, ausmalen konnte, ohne ins Nichtige und Leere zu ver-
fallen.

Aber die Seele hat dort ihre letzte Ruhestätte noch
nicht gefunden. Sie muss aufs Neue einen Körper beleben,
und erst nach einem dritten, auf Erden ohne Fehl vollbrachten
Leben kann sie auf ein Ende ihrer irdischen Laufbahn hoffen 2).
Die Bedingungen jeder neuen Erdenlebenszeit bestimmen sich
nach dem Grade der Reinheit, den die Seele im vorangehen-
den Lebenslaufe erreicht hat: wenn endlich die Herrin der

durch die κολαζόμενοι. Demnach muss man annehmen, dass Pindar die
Erhaltung der Erinnerung und des vollen Bewusstseins (wie die Odyssee
dem Tiresias allein 10, 494 f.) allein den Frommen im Hades als ein Vor-
recht zuertheilt, die Strafe der Gottlosen noch insbesondere durh λήϑη
(vgl. oben p. 290, 2) verschärft habe. Der λήϑη nicht verfallen zu sein im
Hades, das Wasser der Lethe nicht getrunken zu haben, wird in dichterisch-
religiösen Ausführungen späterer Zeit bisweilen den Frommen als beson-
derer Vorzug nachgesagt: z. B. Epigr. lap. Kaib. 204, 11 (1. Jahrh.
vor Ch.); 414, 10. Λήϑης und Μνημοσύνης πηγή im Hades (wie im
Trophoniosheiligthum zu Lebadea: Paus. 9, 39, 8): ibid. 1037.
1) τοῖσι λάμπει μὲν μένος ἀελίου τὰν ἐνϑάδε νύκτα κάτω. fr. 129. Was
bei Homer Helios nur thun zu wollen droht: δύσομαι εἰς Ἀΐδαο καὶ ἐν
νεκύεσσι φαείνω, das thut er wirklich und regelmässig in der Zeit der
oberirdischen Nacht, nach dieser naiven Vorstellung. Dasselbe wird wohl
gemeint sein Ol. 2, 61 f.: ἴσον δὲ νύκτεσσιν αἰεὶ ἴσον ἐν ἐμέραις ἅλιον ἔχοντες
(so mit Böckh) leben die ἐσϑλοί an dem χῶρος εὐσεβῶν im Hades: sie
haben in Nächten und an Tagen gleiche Sonne (wie wir: wie ja auch
ein „als wir“ zu dem ἀπονέστερον 62 vorschwebt), nämlich ebensoviel da-
von wie wir auf Erden, nur in umgekehrter Zeitfolge. Nur den εὐσεβεῖς
scheint drunten die Sonne: μόνοις γὰρ ἡμῖν ἥλιος καὶ φέγγος ἱλαρόν ἐστι
singen die Geweiheten im Hades bei Aristoph. Ran. 454 f. (ihnen scheint
dort aber auch nur dieselbe Sonne wie uns: φῶς κάλλιστον ὥσπερ ἐνϑάδε
155. Das solemque suum sua sidera norunt ist erst später ersonnene
Subtilität). — Helios nachts im Hades scheinend noch in dem spätgriech.
Hymnus εἰς Ἥλιον (Abel, Orphica p. 291) v. 11: ἢν γαίης κευϑμῶνα μόλῃς
νεκύων τ̕έπὶ χῶρον. — Kaib. ep. lap. 228 b, 7, 8. Λητογενές, σὺ δὲ παῖδας
ἐν ἡρώεσσι φυλάσσοις, εὐσεβέων ἀεὶ χῶρον ἐπερχόμενος.
2) Ol. 2, 68 ff.
<TEI>
  <text>
    <body>
      <div n="1">
        <div n="2">
          <p><pb facs="#f0518" n="502"/>
schen Sitzen der Wonne ein, wo die Sonne ihnen leuchtet,<lb/>
wenn sie für die Erde untergegangen ist <note place="foot" n="1)">&#x03C4;&#x03BF;&#x1FD6;&#x03C3;&#x03B9; &#x03BB;&#x03AC;&#x03BC;&#x03C0;&#x03B5;&#x03B9; &#x03BC;&#x1F72;&#x03BD; &#x03BC;&#x03AD;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F00;&#x03B5;&#x03BB;&#x03AF;&#x03BF;&#x03C5; &#x03C4;&#x1F70;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BD;&#x03D1;&#x03AC;&#x03B4;&#x03B5; &#x03BD;&#x03CD;&#x03BA;&#x03C4;&#x03B1; &#x03BA;&#x03AC;&#x03C4;&#x03C9;. <hi rendition="#i">fr.</hi> 129. Was<lb/>
bei Homer Helios nur thun zu wollen droht: &#x03B4;&#x03CD;&#x03C3;&#x03BF;&#x03BC;&#x03B1;&#x03B9; &#x03B5;&#x1F30;&#x03C2; &#x1F08;&#x0390;&#x03B4;&#x03B1;&#x03BF; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x1F10;&#x03BD;<lb/>
&#x03BD;&#x03B5;&#x03BA;&#x03CD;&#x03B5;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B9; &#x03C6;&#x03B1;&#x03B5;&#x03AF;&#x03BD;&#x03C9;, das thut er wirklich und regelmässig in der Zeit der<lb/>
oberirdischen Nacht, nach dieser naiven Vorstellung. Dasselbe wird wohl<lb/>
gemeint sein <hi rendition="#i">Ol.</hi> 2, 61 f.: &#x1F34;&#x03C3;&#x03BF;&#x03BD; &#x03B4;&#x1F72; &#x03BD;&#x03CD;&#x03BA;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B9;&#x03BD; &#x03B1;&#x1F30;&#x03B5;&#x1F76; &#x1F34;&#x03C3;&#x03BF;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BD; &#x1F10;&#x03BC;&#x03AD;&#x03C1;&#x03B1;&#x03B9;&#x03C2; &#x1F05;&#x03BB;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD; &#x1F14;&#x03C7;&#x03BF;&#x03BD;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C2;<lb/>
(so mit Böckh) leben die &#x1F10;&#x03C3;&#x03D1;&#x03BB;&#x03BF;&#x03AF; an dem &#x03C7;&#x1FF6;&#x03C1;&#x03BF;&#x03C2; &#x03B5;&#x1F50;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B2;&#x1FF6;&#x03BD; im Hades: sie<lb/>
haben in Nächten und an Tagen gleiche Sonne (wie wir: wie ja auch<lb/>
ein &#x201E;als wir&#x201C; zu dem &#x1F00;&#x03C0;&#x03BF;&#x03BD;&#x03AD;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B5;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD; 62 vorschwebt), nämlich ebensoviel da-<lb/>
von wie wir auf Erden, nur in umgekehrter Zeitfolge. Nur den &#x03B5;&#x1F50;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B2;&#x03B5;&#x1FD6;&#x03C2;<lb/>
scheint drunten die Sonne: &#x03BC;&#x03CC;&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C2; &#x03B3;&#x1F70;&#x03C1; &#x1F21;&#x03BC;&#x1FD6;&#x03BD; &#x1F25;&#x03BB;&#x03B9;&#x03BF;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B1;&#x1F76; &#x03C6;&#x03AD;&#x03B3;&#x03B3;&#x03BF;&#x03C2; &#x1F31;&#x03BB;&#x03B1;&#x03C1;&#x03CC;&#x03BD; &#x1F10;&#x03C3;&#x03C4;&#x03B9;<lb/>
singen die Geweiheten im Hades bei Aristoph. <hi rendition="#i">Ran.</hi> 454 f. (ihnen scheint<lb/>
dort aber auch nur dieselbe Sonne wie uns: &#x03C6;&#x1FF6;&#x03C2; &#x03BA;&#x03AC;&#x03BB;&#x03BB;&#x03B9;&#x03C3;&#x03C4;&#x03BF;&#x03BD; &#x1F65;&#x03C3;&#x03C0;&#x03B5;&#x03C1; &#x1F10;&#x03BD;&#x03D1;&#x03AC;&#x03B4;&#x03B5;<lb/>
155. Das <hi rendition="#i">solemque suum sua sidera norunt</hi> ist erst später ersonnene<lb/>
Subtilität). &#x2014; Helios nachts im Hades scheinend noch in dem spätgriech.<lb/>
Hymnus &#x03B5;&#x1F30;&#x03C2; &#x1F2D;&#x03BB;&#x03B9;&#x03BF;&#x03BD; (Abel, <hi rendition="#i">Orphica</hi> p. 291) v. 11: &#x1F22;&#x03BD; &#x03B3;&#x03B1;&#x03AF;&#x03B7;&#x03C2; &#x03BA;&#x03B5;&#x03C5;&#x03D1;&#x03BC;&#x1FF6;&#x03BD;&#x03B1; &#x03BC;&#x03CC;&#x03BB;&#x1FC3;&#x03C2;<lb/>
&#x03BD;&#x03B5;&#x03BA;&#x03CD;&#x03C9;&#x03BD; &#x03C4;&#x0315;&#x03AD;&#x03C0;&#x1F76; &#x03C7;&#x1FF6;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD;. &#x2014; Kaib. <hi rendition="#i">ep. lap.</hi> 228 b, 7, 8. &#x039B;&#x03B7;&#x03C4;&#x03BF;&#x03B3;&#x03B5;&#x03BD;&#x03AD;&#x03C2;, &#x03C3;&#x1F7A; &#x03B4;&#x1F72; &#x03C0;&#x03B1;&#x1FD6;&#x03B4;&#x03B1;&#x03C2;<lb/>
&#x1F10;&#x03BD; &#x1F21;&#x03C1;&#x03CE;&#x03B5;&#x03C3;&#x03C3;&#x03B9; &#x03C6;&#x03C5;&#x03BB;&#x03AC;&#x03C3;&#x03C3;&#x03BF;&#x03B9;&#x03C2;, <hi rendition="#g">&#x03B5;&#x1F50;&#x03C3;&#x03B5;&#x03B2;&#x03AD;&#x03C9;&#x03BD;</hi> &#x1F00;&#x03B5;&#x1F76; <hi rendition="#g">&#x03C7;&#x1FF6;&#x03C1;&#x03BF;&#x03BD; &#x1F10;&#x03C0;&#x03B5;&#x03C1;&#x03C7;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03C2;</hi>.</note>, und sie auf blumen-<lb/>
reichen Wiesen ein Dasein edler Muse geniessen, wie es nur<lb/>
griechische Phantasie, an Bildern griechischer Lebenskunst ge-<lb/>
nährt, ausmalen konnte, ohne ins Nichtige und Leere zu ver-<lb/>
fallen.</p><lb/>
          <p>Aber die Seele hat dort ihre letzte Ruhestätte noch<lb/>
nicht gefunden. Sie muss aufs Neue einen Körper beleben,<lb/>
und erst nach einem dritten, auf Erden ohne Fehl vollbrachten<lb/>
Leben kann sie auf ein Ende ihrer irdischen Laufbahn hoffen <note place="foot" n="2)"><hi rendition="#i">Ol.</hi> 2, 68 ff.</note>.<lb/>
Die Bedingungen jeder neuen Erdenlebenszeit bestimmen sich<lb/>
nach dem Grade der Reinheit, den die Seele im vorangehen-<lb/>
den Lebenslaufe erreicht hat: wenn endlich die Herrin der<lb/><note xml:id="seg2pn_174_2" prev="#seg2pn_174_1" place="foot" n="2)">durch die &#x03BA;&#x03BF;&#x03BB;&#x03B1;&#x03B6;&#x03CC;&#x03BC;&#x03B5;&#x03BD;&#x03BF;&#x03B9;. Demnach muss man annehmen, dass Pindar die<lb/>
Erhaltung der Erinnerung und des vollen Bewusstseins (wie die Odyssee<lb/>
dem Tiresias allein 10, 494 f.) allein den Frommen im Hades als ein Vor-<lb/>
recht zuertheilt, die Strafe der Gottlosen noch insbesondere durh &#x03BB;&#x03AE;&#x03D1;&#x03B7;<lb/>
(vgl. oben p. 290, 2) verschärft habe. Der &#x03BB;&#x03AE;&#x03D1;&#x03B7; nicht verfallen zu sein im<lb/>
Hades, das Wasser der Lethe nicht getrunken zu haben, wird in dichterisch-<lb/>
religiösen Ausführungen späterer Zeit bisweilen den Frommen als beson-<lb/>
derer Vorzug nachgesagt: z. B. <hi rendition="#i">Epigr. lap.</hi> Kaib. 204, 11 (1. Jahrh.<lb/>
vor Ch.); 414, 10. &#x039B;&#x03AE;&#x03D1;&#x03B7;&#x03C2; und &#x039C;&#x03BD;&#x03B7;&#x03BC;&#x03BF;&#x03C3;&#x03CD;&#x03BD;&#x03B7;&#x03C2; &#x03C0;&#x03B7;&#x03B3;&#x03AE; im Hades (wie im<lb/>
Trophoniosheiligthum zu Lebadea: Paus. 9, 39, 8): ibid. 1037.</note><lb/></p>
        </div>
      </div>
    </body>
  </text>
</TEI>
[502/0518] schen Sitzen der Wonne ein, wo die Sonne ihnen leuchtet, wenn sie für die Erde untergegangen ist 1), und sie auf blumen- reichen Wiesen ein Dasein edler Muse geniessen, wie es nur griechische Phantasie, an Bildern griechischer Lebenskunst ge- nährt, ausmalen konnte, ohne ins Nichtige und Leere zu ver- fallen. Aber die Seele hat dort ihre letzte Ruhestätte noch nicht gefunden. Sie muss aufs Neue einen Körper beleben, und erst nach einem dritten, auf Erden ohne Fehl vollbrachten Leben kann sie auf ein Ende ihrer irdischen Laufbahn hoffen 2). Die Bedingungen jeder neuen Erdenlebenszeit bestimmen sich nach dem Grade der Reinheit, den die Seele im vorangehen- den Lebenslaufe erreicht hat: wenn endlich die Herrin der 2) 1) τοῖσι λάμπει μὲν μένος ἀελίου τὰν ἐνϑάδε νύκτα κάτω. fr. 129. Was bei Homer Helios nur thun zu wollen droht: δύσομαι εἰς Ἀΐδαο καὶ ἐν νεκύεσσι φαείνω, das thut er wirklich und regelmässig in der Zeit der oberirdischen Nacht, nach dieser naiven Vorstellung. Dasselbe wird wohl gemeint sein Ol. 2, 61 f.: ἴσον δὲ νύκτεσσιν αἰεὶ ἴσον ἐν ἐμέραις ἅλιον ἔχοντες (so mit Böckh) leben die ἐσϑλοί an dem χῶρος εὐσεβῶν im Hades: sie haben in Nächten und an Tagen gleiche Sonne (wie wir: wie ja auch ein „als wir“ zu dem ἀπονέστερον 62 vorschwebt), nämlich ebensoviel da- von wie wir auf Erden, nur in umgekehrter Zeitfolge. Nur den εὐσεβεῖς scheint drunten die Sonne: μόνοις γὰρ ἡμῖν ἥλιος καὶ φέγγος ἱλαρόν ἐστι singen die Geweiheten im Hades bei Aristoph. Ran. 454 f. (ihnen scheint dort aber auch nur dieselbe Sonne wie uns: φῶς κάλλιστον ὥσπερ ἐνϑάδε 155. Das solemque suum sua sidera norunt ist erst später ersonnene Subtilität). — Helios nachts im Hades scheinend noch in dem spätgriech. Hymnus εἰς Ἥλιον (Abel, Orphica p. 291) v. 11: ἢν γαίης κευϑμῶνα μόλῃς νεκύων τ̕έπὶ χῶρον. — Kaib. ep. lap. 228 b, 7, 8. Λητογενές, σὺ δὲ παῖδας ἐν ἡρώεσσι φυλάσσοις, εὐσεβέων ἀεὶ χῶρον ἐπερχόμενος. 2) Ol. 2, 68 ff. 2) durch die κολαζόμενοι. Demnach muss man annehmen, dass Pindar die Erhaltung der Erinnerung und des vollen Bewusstseins (wie die Odyssee dem Tiresias allein 10, 494 f.) allein den Frommen im Hades als ein Vor- recht zuertheilt, die Strafe der Gottlosen noch insbesondere durh λήϑη (vgl. oben p. 290, 2) verschärft habe. Der λήϑη nicht verfallen zu sein im Hades, das Wasser der Lethe nicht getrunken zu haben, wird in dichterisch- religiösen Ausführungen späterer Zeit bisweilen den Frommen als beson- derer Vorzug nachgesagt: z. B. Epigr. lap. Kaib. 204, 11 (1. Jahrh. vor Ch.); 414, 10. Λήϑης und Μνημοσύνης πηγή im Hades (wie im Trophoniosheiligthum zu Lebadea: Paus. 9, 39, 8): ibid. 1037.

Suche im Werk

Hilfe

Informationen zum Werk

Download dieses Werks

XML (TEI P5) · HTML · Text
TCF (text annotation layer)
XML (TEI P5 inkl. att.linguistic)

Metadaten zum Werk

TEI-Header · CMDI · Dublin Core

Ansichten dieser Seite

Voyant Tools ?

Language Resource Switchboard?

Feedback

Sie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden.

Kommentar zur DTA-Ausgabe

Dieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.




Ansicht auf Standard zurückstellen

URL zu diesem Werk: https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894
URL zu dieser Seite: https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/518
Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 502. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/518>, abgerufen am 22.11.2024.