Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.des ganzen Vorganges nicht auf, sondern übernimmt die reli- erwähnten gesetzwidrigen Vorgang, der eher das Gegentheil beweist (s. Philippi Ar. u. Eph. 148). Etwas mehr Schein hat es, wenn sie sich berufen auf Harpocration (Phot.; Suid.; Etym. M. 784, 26; Bekk. anecd. 313, 5 ff.) s. upophonia ; ta epi phono didomena khremata tois oikeiois tou phoneuthentos, ina me epexiosin. Hieraus entnimmt Hermann, Gr. Staats- alt.5 104, 6: "dass auch vorsätzlicher Todtschlag fortwährend abgekauft werden konnte". Von phonos ekousios im besonderen wird nichts gesagt; und ob die bei Todtschlag vorkommenden upophonia gesetzlich zuge- lassen waren, davon erfahren wir ebenfalls nichts, es bleibt ebenso mög- lich und ist der Sachlage nach viel wahrscheinlicher, dass Dinarch und Theophrast an den bei Harpocr. angeführten Stellen der upophonia als im Gesetz verbotener, wiewohl dennoch vielleicht einzeln thatsächlich angewendeter Praktiken erwähnt hatten. Hätten wir nur die Glosse des Suidas apoina ; lutra, a didosi tis uper phonou e somatos. outos Solon en nomois, so könnte man mit gleichem Rechte, wie aus Harp. s. upo- phonia, schliessen, dass solches Abkaufgeld bei Mordthaten in Athen er- laubt, in Solons Gesetzen als erlaubt erwähnt war. Dass die Gesetze der apoina und des apoinan als verboten erwähnten, ersehen wir aus der angeführten Stelle des Demosthenes, 23, 28. 33, aus welcher die Glosse wohl hergeleitet ist. 1) Dass freilich die ieropoioi tais Semnais theais (drei aus allen Athenern gewählte: Demosth. 21, 115; andremale zehn: Dinarch bei Et. M. 469, 12 ff., unbestimmter Zahl: Phot. s. ieropoioi) aus allen Athenern von dem areopagitischen Rathe erwählt worden seien, ist der geringen Au- torität der Schol. Demosth. p. 607, 16 ff. nicht zu glauben. Nach allen Analogien wird man glauben müssen, dass diese Wahl durch die Volks- versammlung vollzogen wurde. 2) ai diomosiai kai ta tomia: Antiphon caed. Herod. 88. Genauer
Demosth. Aristocr. 67. 68. Die Schwörenden riefen die Semnai theai und andere Götter an: Dinarch. adv. Demosth. 47. Beide Parteien hatten in des ganzen Vorganges nicht auf, sondern übernimmt die reli- erwähnten gesetzwidrigen Vorgang, der eher das Gegentheil beweist (s. Philippi Ar. u. Eph. 148). Etwas mehr Schein hat es, wenn sie sich berufen auf Harpocration (Phot.; Suid.; Etym. M. 784, 26; Bekk. anecd. 313, 5 ff.) s. ὑποφόνια · τὰ ἐπὶ φόνῳ διδόμενα χρήματα τοῖς οἰκείοις τοῦ φονευϑέντος, ἵνα μὴ ἐπεξίωσιν. Hieraus entnimmt Hermann, Gr. Staats- alt.5 104, 6: „dass auch vorsätzlicher Todtschlag fortwährend abgekauft werden konnte“. Von φόνος ἑκούσιος im besonderen wird nichts gesagt; und ob die bei Todtschlag vorkommenden ὑποφόνια gesetzlich zuge- lassen waren, davon erfahren wir ebenfalls nichts, es bleibt ebenso mög- lich und ist der Sachlage nach viel wahrscheinlicher, dass Dinarch und Theophrast an den bei Harpocr. angeführten Stellen der ὑποφόνια als im Gesetz verbotener, wiewohl dennoch vielleicht einzeln thatsächlich angewendeter Praktiken erwähnt hatten. Hätten wir nur die Glosse des Suidas ἄποινα · λύτρα, ἃ δίδωσί τις ὑπὲρ φόνου ἢ σώματος. οὕτως Σόλων ἐν νόμοις, so könnte man mit gleichem Rechte, wie aus Harp. s. ὑπο- φόνια, schliessen, dass solches Abkaufgeld bei Mordthaten in Athen er- laubt, in Solons Gesetzen als erlaubt erwähnt war. Dass die Gesetze der ἄποινα und des ἀποινᾶν als verboten erwähnten, ersehen wir aus der angeführten Stelle des Demosthenes, 23, 28. 33, aus welcher die Glosse wohl hergeleitet ist. 1) Dass freilich die ἱεροποιοὶ ταῖς Σεμναῖς ϑεαῖς (drei aus allen Athenern gewählte: Demosth. 21, 115; andremale zehn: Dinarch bei Et. M. 469, 12 ff., unbestimmter Zahl: Phot. s. ἱεροποιοί) aus allen Athenern von dem areopagitischen Rathe erwählt worden seien, ist der geringen Au- torität der Schol. Demosth. p. 607, 16 ff. nicht zu glauben. Nach allen Analogien wird man glauben müssen, dass diese Wahl durch die Volks- versammlung vollzogen wurde. 2) αἱ διωμοσίαι καὶ τὰ τόμια: Antiphon caed. Herod. 88. Genauer
Demosth. Aristocr. 67. 68. Die Schwörenden riefen die Σεμναὶ ϑεαί und andere Götter an: Dinarch. adv. Demosth. 47. Beide Parteien hatten in <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0260" n="244"/> des ganzen Vorganges nicht auf, sondern übernimmt die reli-<lb/> giösen Forderungen auf seine Organe: ebendarum ist der Ge-<lb/> richtsvorsteher aller Blutgerichte der Archon König, der staat-<lb/> liche Verwalter der aus dem alten Königthum herübergenom-<lb/> menen <hi rendition="#g">religiösen</hi> Obliegenheiten. Deutlich ist besonders die<lb/> religiöse Grundlage des ältesten der athenischen Blutgerichte.<lb/> Es hat seinen Sitz auf dem Areopag, dem Hügel der Fluch-<lb/> göttinnen, über der heiligen Schlucht, in der sie selbst, die<lb/> „Ehrwürdigen“ hausen. Mit ihrem Dienst ist sein Richteramt<lb/> eng verbunden <note place="foot" n="1)">Dass freilich die ἱεροποιοὶ ταῖς Σεμναῖς ϑεαῖς (drei aus allen Athenern<lb/> gewählte: Demosth. 21, 115; andremale zehn: Dinarch bei Et. M. 469,<lb/> 12 ff., unbestimmter Zahl: Phot. s. ἱεροποιοί) aus allen Athenern von<lb/> dem areopagitischen Rathe erwählt worden seien, ist der geringen Au-<lb/> torität der Schol. Demosth. p. 607, 16 ff. nicht zu glauben. Nach allen<lb/> Analogien wird man glauben müssen, dass diese Wahl durch die Volks-<lb/> versammlung vollzogen wurde.</note>. Bei den Erinyen schwuren bei Beginn eines<lb/> Processes beide Parteien <note xml:id="seg2pn_78_1" next="#seg2pn_78_2" place="foot" n="2)">αἱ διωμοσίαι καὶ τὰ τόμια: Antiphon <hi rendition="#i">caed. Herod.</hi> 88. Genauer<lb/> Demosth. <hi rendition="#i">Aristocr.</hi> 67. 68. Die Schwörenden riefen die Σεμναὶ ϑεαί und<lb/> andere Götter an: Dinarch. <hi rendition="#i">adv. Demosth.</hi> 47. Beide Parteien hatten in</note>. Jeder der drei Tage am Monats-<lb/><note xml:id="seg2pn_77_2" prev="#seg2pn_77_1" place="foot" n="2)">erwähnten gesetzwidrigen Vorgang, der eher das Gegentheil beweist (s.<lb/> Philippi <hi rendition="#i">Ar. u. Eph.</hi> 148). Etwas mehr Schein hat es, wenn sie sich<lb/> berufen auf Harpocration (Phot.; Suid.; Etym. M. 784, 26; Bekk. <hi rendition="#i">anecd.</hi><lb/> 313, 5 ff.) s. ὑποφόνια · τὰ ἐπὶ φόνῳ διδόμενα χρήματα τοῖς οἰκείοις τοῦ<lb/> φονευϑέντος, ἵνα μὴ ἐπεξίωσιν. Hieraus entnimmt Hermann, <hi rendition="#i">Gr. Staats-<lb/> alt.</hi><hi rendition="#sup">5</hi> 104, 6: „dass auch vorsätzlicher Todtschlag fortwährend abgekauft<lb/> werden konnte“. Von φόνος ἑκούσιος im besonderen wird nichts gesagt;<lb/> und ob die bei Todtschlag vorkommenden ὑποφόνια <hi rendition="#g">gesetzlich zuge-<lb/> lassen</hi> waren, davon erfahren wir ebenfalls nichts, es bleibt ebenso mög-<lb/> lich und ist der Sachlage nach viel wahrscheinlicher, dass Dinarch und<lb/> Theophrast an den bei Harpocr. angeführten Stellen der ὑποφόνια als im<lb/> Gesetz <hi rendition="#g">verbotener</hi>, wiewohl dennoch vielleicht einzeln thatsächlich<lb/> angewendeter Praktiken erwähnt hatten. Hätten wir nur die Glosse des<lb/> Suidas ἄποινα · λύτρα, ἃ δίδωσί τις ὑπὲρ φόνου ἢ σώματος. οὕτως Σόλων<lb/> ἐν νόμοις, so könnte man mit gleichem Rechte, wie aus Harp. s. ὑπο-<lb/> φόνια, schliessen, dass solches Abkaufgeld bei Mordthaten in Athen er-<lb/> laubt, in Solons Gesetzen als erlaubt erwähnt war. Dass die Gesetze der<lb/> ἄποινα und des ἀποινᾶν als <hi rendition="#g">verboten</hi> erwähnten, ersehen wir aus der<lb/> angeführten Stelle des Demosthenes, 23, 28. 33, aus welcher die Glosse<lb/> wohl hergeleitet ist.</note><lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [244/0260]
des ganzen Vorganges nicht auf, sondern übernimmt die reli-
giösen Forderungen auf seine Organe: ebendarum ist der Ge-
richtsvorsteher aller Blutgerichte der Archon König, der staat-
liche Verwalter der aus dem alten Königthum herübergenom-
menen religiösen Obliegenheiten. Deutlich ist besonders die
religiöse Grundlage des ältesten der athenischen Blutgerichte.
Es hat seinen Sitz auf dem Areopag, dem Hügel der Fluch-
göttinnen, über der heiligen Schlucht, in der sie selbst, die
„Ehrwürdigen“ hausen. Mit ihrem Dienst ist sein Richteramt
eng verbunden 1). Bei den Erinyen schwuren bei Beginn eines
Processes beide Parteien 2). Jeder der drei Tage am Monats-
2)
1) Dass freilich die ἱεροποιοὶ ταῖς Σεμναῖς ϑεαῖς (drei aus allen Athenern
gewählte: Demosth. 21, 115; andremale zehn: Dinarch bei Et. M. 469,
12 ff., unbestimmter Zahl: Phot. s. ἱεροποιοί) aus allen Athenern von
dem areopagitischen Rathe erwählt worden seien, ist der geringen Au-
torität der Schol. Demosth. p. 607, 16 ff. nicht zu glauben. Nach allen
Analogien wird man glauben müssen, dass diese Wahl durch die Volks-
versammlung vollzogen wurde.
2) αἱ διωμοσίαι καὶ τὰ τόμια: Antiphon caed. Herod. 88. Genauer
Demosth. Aristocr. 67. 68. Die Schwörenden riefen die Σεμναὶ ϑεαί und
andere Götter an: Dinarch. adv. Demosth. 47. Beide Parteien hatten in
2) erwähnten gesetzwidrigen Vorgang, der eher das Gegentheil beweist (s.
Philippi Ar. u. Eph. 148). Etwas mehr Schein hat es, wenn sie sich
berufen auf Harpocration (Phot.; Suid.; Etym. M. 784, 26; Bekk. anecd.
313, 5 ff.) s. ὑποφόνια · τὰ ἐπὶ φόνῳ διδόμενα χρήματα τοῖς οἰκείοις τοῦ
φονευϑέντος, ἵνα μὴ ἐπεξίωσιν. Hieraus entnimmt Hermann, Gr. Staats-
alt.5 104, 6: „dass auch vorsätzlicher Todtschlag fortwährend abgekauft
werden konnte“. Von φόνος ἑκούσιος im besonderen wird nichts gesagt;
und ob die bei Todtschlag vorkommenden ὑποφόνια gesetzlich zuge-
lassen waren, davon erfahren wir ebenfalls nichts, es bleibt ebenso mög-
lich und ist der Sachlage nach viel wahrscheinlicher, dass Dinarch und
Theophrast an den bei Harpocr. angeführten Stellen der ὑποφόνια als im
Gesetz verbotener, wiewohl dennoch vielleicht einzeln thatsächlich
angewendeter Praktiken erwähnt hatten. Hätten wir nur die Glosse des
Suidas ἄποινα · λύτρα, ἃ δίδωσί τις ὑπὲρ φόνου ἢ σώματος. οὕτως Σόλων
ἐν νόμοις, so könnte man mit gleichem Rechte, wie aus Harp. s. ὑπο-
φόνια, schliessen, dass solches Abkaufgeld bei Mordthaten in Athen er-
laubt, in Solons Gesetzen als erlaubt erwähnt war. Dass die Gesetze der
ἄποινα und des ἀποινᾶν als verboten erwähnten, ersehen wir aus der
angeführten Stelle des Demosthenes, 23, 28. 33, aus welcher die Glosse
wohl hergeleitet ist.
Suche im WerkInformationen zum Werk
Download dieses Werks
XML (TEI P5) ·
HTML ·
Text Metadaten zum WerkTEI-Header · CMDI · Dublin Core Ansichten dieser Seite
Voyant Tools ?Language Resource Switchboard?FeedbackSie haben einen Fehler gefunden? Dann können Sie diesen über unsere Qualitätssicherungsplattform DTAQ melden. Kommentar zur DTA-AusgabeDieses Werk wurde gemäß den DTA-Transkriptionsrichtlinien im Double-Keying-Verfahren von Nicht-Muttersprachlern erfasst und in XML/TEI P5 nach DTA-Basisformat kodiert.
|
Insbesondere im Hinblick auf die §§ 86a StGB und 130 StGB wird festgestellt, dass die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte weder in irgendeiner Form propagandistischen Zwecken dienen, oder Werbung für verbotene Organisationen oder Vereinigungen darstellen, oder nationalsozialistische Verbrechen leugnen oder verharmlosen, noch zum Zwecke der Herabwürdigung der Menschenwürde gezeigt werden. Die auf diesen Seiten abgebildeten Inhalte (in Wort und Bild) dienen im Sinne des § 86 StGB Abs. 3 ausschließlich historischen, sozial- oder kulturwissenschaftlichen Forschungszwecken. Ihre Veröffentlichung erfolgt in der Absicht, Wissen zur Anregung der intellektuellen Selbstständigkeit und Verantwortungsbereitschaft des Staatsbürgers zu vermitteln und damit der Förderung seiner Mündigkeit zu dienen.
2007–2024 Deutsches Textarchiv, Berlin-Brandenburgische Akademie der Wissenschaften.
Kontakt: redaktion(at)deutschestextarchiv.de. |