Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.eigene, testamentarisch festgesetzte Stiftung1). Wenn er einen 1) Epikur bestimmt in seinem Testamente gewisse prosodoi zu den alljährlich seinen Eltern, seinen Brüdern und ihm selbst darzubringenden enagismata: Laert. Diog. 10, 18. -- Noch dem 3. Jahrhundert mag an- gehören das "Testament der Epikteta", d. h. die Inschrift, welche die Stiftung der Epikteta (auf Thera?) für die jährliche Begehung eines drei- tägigen Opferfestes für die Musen und "die Heroen", d. h. für ihren Mann, sich selbst und ihre Söhne, durch ein hiefür eigens gestiftetes koinon tou andreiou ton suggenon (sammt Weibern der Verwandtschaft) enthält, und dazu die Satzungen dieser Opfergenossenschaft (C. I. Gr. 2448). -- Die Opfer für die Todten bestehen dort (VI 6 ff.) aus einem iereion (d. h. Schaf) und iera, nämlich ellutai von fünf Chöniken Weizenmehl und einem Stater dürren Käse (ell. sind eine Art Opferkuchen, speziell den Unter- irdischen dargebracht: wie dem Trophonios zu Lebadea: s. Collitz, Dia- lektins. 413, und dazu die Anm. p. 393), dazu Kränze. Geopfert werden sollen die üblichen Theile des Opferthieres, ein ellutes, ein Brod, ein parax (?) und einige opsaria. Das Uebrige verzehrt wohl die Festgemeinde; jene Stücke, heisst es, karposei der das Opfer Ausrichtende, d. h. er soll es den Heroen aufopfern, vermuthlich ganz verbrennen. Vgl. Photius kauston ; karpoton, o enagizetai tois teteleutekosin (karposai, karpoma, olokarposis etc. häufig in der Septuaginta). Vgl. Photius s. olokarpou- menon, s. olokautismos. 2) S. Isaeus 1, 10. 3) In Freilassungsurkunden wird bisweilen bestimmt, dass die Frei-
gelassenen Beim Tode der Herren thapsanto kai ta oria (= ta nomizomena) auton poiesatosan: so auf der Inschr. aus Phokis, Dittenb. Syll. inscr. 445. Häufig sind derartige Bestimmungen namentlich auf den delphischen Frei- lassungsurkunden. S. Büchsenschütz, Besitz u. Erw. im gr. Alt. 178, Anm. 3. 4. eigene, testamentarisch festgesetzte Stiftung1). Wenn er einen 1) Epikur bestimmt in seinem Testamente gewisse πρόσοδοι zu den alljährlich seinen Eltern, seinen Brüdern und ihm selbst darzubringenden ἐναγίσματα: Laert. Diog. 10, 18. — Noch dem 3. Jahrhundert mag an- gehören das „Testament der Epikteta“, d. h. die Inschrift, welche die Stiftung der Epikteta (auf Thera?) für die jährliche Begehung eines drei- tägigen Opferfestes für die Musen und „die Heroen“, d. h. für ihren Mann, sich selbst und ihre Söhne, durch ein hiefür eigens gestiftetes κοινὸν τοῦ ἀνδρείου τῶν συγγενῶν (sammt Weibern der Verwandtschaft) enthält, und dazu die Satzungen dieser Opfergenossenschaft (C. I. Gr. 2448). — Die Opfer für die Todten bestehen dort (VI 6 ff.) aus einem ἱερεῖον (d. h. Schaf) und ἱερά, nämlich ἐλλύται von fünf Chöniken Weizenmehl und einem Stater dürren Käse (ἐλλ. sind eine Art Opferkuchen, speziell den Unter- irdischen dargebracht: wie dem Trophonios zu Lebadea: s. Collitz, Dia- lektins. 413, und dazu die Anm. p. 393), dazu Kränze. Geopfert werden sollen die üblichen Theile des Opferthieres, ein ἐλλύτης, ein Brod, ein πάραξ (?) und einige ὀψάρια. Das Uebrige verzehrt wohl die Festgemeinde; jene Stücke, heisst es, καρπωσεῖ der das Opfer Ausrichtende, d. h. er soll es den Heroen aufopfern, vermuthlich ganz verbrennen. Vgl. Photius καυστόν · καρπωτόν, ὃ ἐναγίζεται τοῖς τετελευτηκόσιν (καρπῶσαι, κάρπωμα, ὁλοκάρπωσις etc. häufig in der Septuaginta). Vgl. Photius s. ὁλοκαρπού- μενον, s. ὁλοκαυτισμός. 2) S. Isaeus 1, 10. 3) In Freilassungsurkunden wird bisweilen bestimmt, dass die Frei-
gelassenen Beim Tode der Herren ϑαψάντω καὶ τὰ ὥρια (= τὰ νομιζόμενα) αὐτῶν ποιησάτωσαν: so auf der Inschr. aus Phokis, Dittenb. Syll. inscr. 445. Häufig sind derartige Bestimmungen namentlich auf den delphischen Frei- lassungsurkunden. S. Büchsenschütz, Besitz u. Erw. im gr. Alt. 178, Anm. 3. 4. <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <div n="3"> <p><pb facs="#f0245" n="229"/> eigene, testamentarisch festgesetzte Stiftung<note place="foot" n="1)">Epikur bestimmt in seinem Testamente gewisse πρόσοδοι zu den<lb/> alljährlich seinen Eltern, seinen Brüdern und ihm selbst darzubringenden<lb/> ἐναγίσματα: Laert. Diog. 10, 18. — Noch dem 3. Jahrhundert mag an-<lb/> gehören das „Testament der Epikteta“, d. h. die Inschrift, welche die<lb/> Stiftung der Epikteta (auf Thera?) für die jährliche Begehung eines drei-<lb/> tägigen Opferfestes für die Musen und „die Heroen“, d. h. für ihren<lb/> Mann, sich selbst und ihre Söhne, durch ein hiefür eigens gestiftetes κοινὸν<lb/> τοῦ ἀνδρείου τῶν συγγενῶν (sammt Weibern der Verwandtschaft) enthält,<lb/> und dazu die Satzungen dieser Opfergenossenschaft (<hi rendition="#i">C. I. Gr.</hi> 2448). —<lb/> Die Opfer für die Todten bestehen dort (VI 6 ff.) aus einem ἱερεῖον (d. h.<lb/> Schaf) und ἱερά, nämlich ἐλλύται von fünf Chöniken Weizenmehl und einem<lb/> Stater dürren Käse (ἐλλ. sind eine Art Opferkuchen, speziell den Unter-<lb/> irdischen dargebracht: wie dem Trophonios zu Lebadea: s. Collitz, <hi rendition="#i">Dia-<lb/> lektins.</hi> 413, und dazu die Anm. p. 393), dazu Kränze. Geopfert werden<lb/> sollen die üblichen Theile des Opferthieres, ein ἐλλύτης, ein Brod, ein<lb/> πάραξ (?) und einige ὀψάρια. Das Uebrige verzehrt wohl die Festgemeinde;<lb/> jene Stücke, heisst es, καρπωσεῖ der das Opfer Ausrichtende, d. h. er soll<lb/> es den Heroen aufopfern, vermuthlich ganz verbrennen. Vgl. Photius<lb/> καυστόν · <hi rendition="#g">καρπωτόν</hi>, ὃ ἐναγίζεται τοῖς τετελευτηκόσιν (καρπῶσαι, κάρπωμα,<lb/> ὁλοκάρπωσις etc. häufig in der Septuaginta). Vgl. Photius s. ὁλοκαρπού-<lb/> μενον, s. ὁλοκαυτισμός.</note>. Wenn er einen<lb/> Sohn hinterlässt, so wird für die Pflege seiner Seele hinreichend<lb/> gesorgt sein; bis zu der Mündigkeit des Sohnes wird dessen<lb/> Vormund die geziemenden Gaben darbringen<note place="foot" n="2)">S. Isaeus 1, 10.</note>. Auch Sclaven,<lb/> die er freigelassen hat, werden sich dem Culte des einstigen<lb/> Herrn nicht entziehen<note place="foot" n="3)">In Freilassungsurkunden wird bisweilen bestimmt, dass die Frei-<lb/> gelassenen Beim Tode der Herren ϑαψάντω καὶ τὰ ὥρια (= τὰ νομιζόμενα)<lb/> αὐτῶν ποιησάτωσαν: so auf der Inschr. aus Phokis, Dittenb. <hi rendition="#i">Syll. inscr.</hi> 445.<lb/> Häufig sind derartige Bestimmungen namentlich auf den delphischen Frei-<lb/> lassungsurkunden. S. Büchsenschütz, <hi rendition="#i">Besitz u. Erw. im gr. Alt.</hi> 178,<lb/> Anm. 3. 4.</note>. Wer sterbend keinen Sohn hinter-<lb/> lässt, der denkt vor Allem daran, den Sohn einer anderen<lb/> Familie in die seinige aufzunehmen, dem mit seinem Vermögen<lb/> vor allem die Verpflichtung zufällt, dem Adoptivvater und<lb/> dessen Vorfahren dauernden und regelmässigen Cult zu widmen,<lb/> und so für deren Seelen Sorge zu tragen. Dies ist der wahre<lb/> und ursprüngliche Sinn aller Adoption; und wie ernstlich man<lb/> solche Sorge um die rechte Pflege der abgeschiedenen Seele<lb/></p> </div> </div> </div> </body> </text> </TEI> [229/0245]
eigene, testamentarisch festgesetzte Stiftung 1). Wenn er einen
Sohn hinterlässt, so wird für die Pflege seiner Seele hinreichend
gesorgt sein; bis zu der Mündigkeit des Sohnes wird dessen
Vormund die geziemenden Gaben darbringen 2). Auch Sclaven,
die er freigelassen hat, werden sich dem Culte des einstigen
Herrn nicht entziehen 3). Wer sterbend keinen Sohn hinter-
lässt, der denkt vor Allem daran, den Sohn einer anderen
Familie in die seinige aufzunehmen, dem mit seinem Vermögen
vor allem die Verpflichtung zufällt, dem Adoptivvater und
dessen Vorfahren dauernden und regelmässigen Cult zu widmen,
und so für deren Seelen Sorge zu tragen. Dies ist der wahre
und ursprüngliche Sinn aller Adoption; und wie ernstlich man
solche Sorge um die rechte Pflege der abgeschiedenen Seele
1) Epikur bestimmt in seinem Testamente gewisse πρόσοδοι zu den
alljährlich seinen Eltern, seinen Brüdern und ihm selbst darzubringenden
ἐναγίσματα: Laert. Diog. 10, 18. — Noch dem 3. Jahrhundert mag an-
gehören das „Testament der Epikteta“, d. h. die Inschrift, welche die
Stiftung der Epikteta (auf Thera?) für die jährliche Begehung eines drei-
tägigen Opferfestes für die Musen und „die Heroen“, d. h. für ihren
Mann, sich selbst und ihre Söhne, durch ein hiefür eigens gestiftetes κοινὸν
τοῦ ἀνδρείου τῶν συγγενῶν (sammt Weibern der Verwandtschaft) enthält,
und dazu die Satzungen dieser Opfergenossenschaft (C. I. Gr. 2448). —
Die Opfer für die Todten bestehen dort (VI 6 ff.) aus einem ἱερεῖον (d. h.
Schaf) und ἱερά, nämlich ἐλλύται von fünf Chöniken Weizenmehl und einem
Stater dürren Käse (ἐλλ. sind eine Art Opferkuchen, speziell den Unter-
irdischen dargebracht: wie dem Trophonios zu Lebadea: s. Collitz, Dia-
lektins. 413, und dazu die Anm. p. 393), dazu Kränze. Geopfert werden
sollen die üblichen Theile des Opferthieres, ein ἐλλύτης, ein Brod, ein
πάραξ (?) und einige ὀψάρια. Das Uebrige verzehrt wohl die Festgemeinde;
jene Stücke, heisst es, καρπωσεῖ der das Opfer Ausrichtende, d. h. er soll
es den Heroen aufopfern, vermuthlich ganz verbrennen. Vgl. Photius
καυστόν · καρπωτόν, ὃ ἐναγίζεται τοῖς τετελευτηκόσιν (καρπῶσαι, κάρπωμα,
ὁλοκάρπωσις etc. häufig in der Septuaginta). Vgl. Photius s. ὁλοκαρπού-
μενον, s. ὁλοκαυτισμός.
2) S. Isaeus 1, 10.
3) In Freilassungsurkunden wird bisweilen bestimmt, dass die Frei-
gelassenen Beim Tode der Herren ϑαψάντω καὶ τὰ ὥρια (= τὰ νομιζόμενα)
αὐτῶν ποιησάτωσαν: so auf der Inschr. aus Phokis, Dittenb. Syll. inscr. 445.
Häufig sind derartige Bestimmungen namentlich auf den delphischen Frei-
lassungsurkunden. S. Büchsenschütz, Besitz u. Erw. im gr. Alt. 178,
Anm. 3. 4.
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