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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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des Vaters 1), um sie in einer Urne oder Kiste beizusetzen;
bleibt der Leib unverbrannt, so wird er nach einer, deutlich
als aus der Fremde herübergenommen sich verrathenden Sitte
in Särgen aus Thon oder Holz geborgen 2) oder auch wohl
(und das wird der ältere Brauch sein) ohne Sarg in die Erde
versenkt und auf eine Blätterlage gebettet 3), oder, wo es die
Bodenbeschaffenheit zuliess, in Felskammern frei auf ein steiner-
nes Lager gelegt 4).

Der frei gewordenen Seele bleibt ein Haft an dem Reste
des Leibes, den sie einst bewohnt; ihr zum Gebrauch und zur
Ergötzung sind die vielfachen Geschirre und Geräthe den
Leichen beigegeben, die uns geöffnete Gräber wiedergeschenkt

1) ostologesen, Isaeus 4, 19.
2) Die Sitte der ekphora auf offner kline reimt sich nicht mit der
Absicht, den Leib des Todten in einen Sarg zu legen, sondern hat offen-
bar zur Voraussetzung, dass man draussen den Leichnam entweder un-
verkapselt in die Erde legen oder ihn verbrennen werde. Die (wohl aus
dem Orient entlehnte) Sitte der Einsargung hat sich dann angeschlossen,
ist aber mit den altüberlieferten Sitten bei der ekphora nie recht in's
Gleiche gesetzt worden.
3) Eingrabung ohne Sarg war üblich in den Gräbern der "myke-
näischen" Periode. Und nur Beibehaltung dieser alten Sitte war es, wenn
die Spartaner en phoinikidi kai phullois thentes to soma periestellon (be-
statteten): Plut. Lycurg. 27. Die Pythagoreer (welche den Leichnam nicht
verbrannt wissen wollten: Iamblich. V. Pyth. 154) bestatteten, offenbar
nach überlieferter Sitte, ihre Todten in myrti et oleae et populi nigrae
foliis
(Plin. n. h. 35, 160). Auch in Athen muss diese Sitte sich gehalten
haben. Fauvel (im Excerpt bei Ross, Arch. Aufs. 1, 31) berichtet von
den Gräbern vor dem melitischen Thore: j'ai trouve le squelette couche
sur un lit epais de feuilles d'olivier encore en etat de brauler
.
4) So wird es beschrieben in dem Briefe des Hipparch bei Phlegon
mirab. 1, ähnlich Xenoph. Ephes. 3, 7, 4 (S. meinen Griech. Roman,
p. 391 A. 2). Beisetzung auf solchen steinernen klinai verlangt auch Plato
für seine Euthynen (Leg. 12, 947 D). Und in dieser Weise wurden wohl
die Leichen gebettet in den mit einzelnen Lagern versehenen Felsgrab-
kammern, wie sie z. B. auf Rhodos, auf Kos gefunden sind (s. Ross,
Arch. Aufs. 2, 384 ff., 392). Vgl. namentlich die Beschreibungen von
Heuzey, Mission archeol. de Macedoine (Texte), p. 257 ff. (1876). Es ist
die in Etrurien (nach griechischem Vorbild?) üblich gewordene Art der
Bestattung: dort hat man mehrfach Skelette frei auf gemauerten Betten
liegend gefunden.
Rohde, Seelencult. 14

des Vaters 1), um sie in einer Urne oder Kiste beizusetzen;
bleibt der Leib unverbrannt, so wird er nach einer, deutlich
als aus der Fremde herübergenommen sich verrathenden Sitte
in Särgen aus Thon oder Holz geborgen 2) oder auch wohl
(und das wird der ältere Brauch sein) ohne Sarg in die Erde
versenkt und auf eine Blätterlage gebettet 3), oder, wo es die
Bodenbeschaffenheit zuliess, in Felskammern frei auf ein steiner-
nes Lager gelegt 4).

Der frei gewordenen Seele bleibt ein Haft an dem Reste
des Leibes, den sie einst bewohnt; ihr zum Gebrauch und zur
Ergötzung sind die vielfachen Geschirre und Geräthe den
Leichen beigegeben, die uns geöffnete Gräber wiedergeschenkt

1) ὠστολόγησεν, Isaeus 4, 19.
2) Die Sitte der ἐκφορά auf offner κλίνη reimt sich nicht mit der
Absicht, den Leib des Todten in einen Sarg zu legen, sondern hat offen-
bar zur Voraussetzung, dass man draussen den Leichnam entweder un-
verkapselt in die Erde legen oder ihn verbrennen werde. Die (wohl aus
dem Orient entlehnte) Sitte der Einsargung hat sich dann angeschlossen,
ist aber mit den altüberlieferten Sitten bei der ἐκφορά nie recht in’s
Gleiche gesetzt worden.
3) Eingrabung ohne Sarg war üblich in den Gräbern der „myke-
näischen“ Periode. Und nur Beibehaltung dieser alten Sitte war es, wenn
die Spartaner ἐν φοινικίδι καὶ φύλλοις ϑέντες τὸ σῶμα περιέστελλον (be-
statteten): Plut. Lycurg. 27. Die Pythagoreer (welche den Leichnam nicht
verbrannt wissen wollten: Iamblich. V. Pyth. 154) bestatteten, offenbar
nach überlieferter Sitte, ihre Todten in myrti et oleae et populi nigrae
foliis
(Plin. n. h. 35, 160). Auch in Athen muss diese Sitte sich gehalten
haben. Fauvel (im Excerpt bei Ross, Arch. Aufs. 1, 31) berichtet von
den Gräbern vor dem melitischen Thore: j’ai trouvé le squelette couché
sur un lit épais de feuilles d’olivier encore en état de brûler
.
4) So wird es beschrieben in dem Briefe des Hipparch bei Phlegon
mirab. 1, ähnlich Xenoph. Ephes. 3, 7, 4 (S. meinen Griech. Roman,
p. 391 A. 2). Beisetzung auf solchen steinernen κλῖναι verlangt auch Plato
für seine Euthynen (Leg. 12, 947 D). Und in dieser Weise wurden wohl
die Leichen gebettet in den mit einzelnen Lagern versehenen Felsgrab-
kammern, wie sie z. B. auf Rhodos, auf Kos gefunden sind (s. Ross,
Arch. Aufs. 2, 384 ff., 392). Vgl. namentlich die Beschreibungen von
Heuzey, Mission archéol. de Macédoine (Texte), p. 257 ff. (1876). Es ist
die in Etrurien (nach griechischem Vorbild?) üblich gewordene Art der
Bestattung: dort hat man mehrfach Skelette frei auf gemauerten Betten
liegend gefunden.
Rohde, Seelencult. 14
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[209/0225] des Vaters 1), um sie in einer Urne oder Kiste beizusetzen; bleibt der Leib unverbrannt, so wird er nach einer, deutlich als aus der Fremde herübergenommen sich verrathenden Sitte in Särgen aus Thon oder Holz geborgen 2) oder auch wohl (und das wird der ältere Brauch sein) ohne Sarg in die Erde versenkt und auf eine Blätterlage gebettet 3), oder, wo es die Bodenbeschaffenheit zuliess, in Felskammern frei auf ein steiner- nes Lager gelegt 4). Der frei gewordenen Seele bleibt ein Haft an dem Reste des Leibes, den sie einst bewohnt; ihr zum Gebrauch und zur Ergötzung sind die vielfachen Geschirre und Geräthe den Leichen beigegeben, die uns geöffnete Gräber wiedergeschenkt 1) ὠστολόγησεν, Isaeus 4, 19. 2) Die Sitte der ἐκφορά auf offner κλίνη reimt sich nicht mit der Absicht, den Leib des Todten in einen Sarg zu legen, sondern hat offen- bar zur Voraussetzung, dass man draussen den Leichnam entweder un- verkapselt in die Erde legen oder ihn verbrennen werde. Die (wohl aus dem Orient entlehnte) Sitte der Einsargung hat sich dann angeschlossen, ist aber mit den altüberlieferten Sitten bei der ἐκφορά nie recht in’s Gleiche gesetzt worden. 3) Eingrabung ohne Sarg war üblich in den Gräbern der „myke- näischen“ Periode. Und nur Beibehaltung dieser alten Sitte war es, wenn die Spartaner ἐν φοινικίδι καὶ φύλλοις ϑέντες τὸ σῶμα περιέστελλον (be- statteten): Plut. Lycurg. 27. Die Pythagoreer (welche den Leichnam nicht verbrannt wissen wollten: Iamblich. V. Pyth. 154) bestatteten, offenbar nach überlieferter Sitte, ihre Todten in myrti et oleae et populi nigrae foliis (Plin. n. h. 35, 160). Auch in Athen muss diese Sitte sich gehalten haben. Fauvel (im Excerpt bei Ross, Arch. Aufs. 1, 31) berichtet von den Gräbern vor dem melitischen Thore: j’ai trouvé le squelette couché sur un lit épais de feuilles d’olivier encore en état de brûler. 4) So wird es beschrieben in dem Briefe des Hipparch bei Phlegon mirab. 1, ähnlich Xenoph. Ephes. 3, 7, 4 (S. meinen Griech. Roman, p. 391 A. 2). Beisetzung auf solchen steinernen κλῖναι verlangt auch Plato für seine Euthynen (Leg. 12, 947 D). Und in dieser Weise wurden wohl die Leichen gebettet in den mit einzelnen Lagern versehenen Felsgrab- kammern, wie sie z. B. auf Rhodos, auf Kos gefunden sind (s. Ross, Arch. Aufs. 2, 384 ff., 392). Vgl. namentlich die Beschreibungen von Heuzey, Mission archéol. de Macédoine (Texte), p. 257 ff. (1876). Es ist die in Etrurien (nach griechischem Vorbild?) üblich gewordene Art der Bestattung: dort hat man mehrfach Skelette frei auf gemauerten Betten liegend gefunden. Rohde, Seelencult. 14

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 209. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/225>, abgerufen am 23.11.2024.