Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.Angehörigen adlicher Geschlechter (die z. Th., wie die atheni- 1] Eupatridai, oi -- metekhontes tou basilikou genous. Etym. M. 395, 50. -- So die Bakchiaden in Korinth Nachkommen des königlichen Geschlechts aus dem Hause des Bakchis. Die Basilidai, oligarchisch regierende Adels- familien in Ephesos (Aelian fr. 48), Erythrae (Aristot. Polit. 1305 b, 19), vielleicht auch in Chios (s. Gilbert, Gr. Alt. 2, 153) haben wohl auch ihren Stammbaum auf die alten Könige in jenen ionischen Städten zurück- geführt. Ehren der ek tou genous des Androklos Stammenden zu Ephesos: Strabo 14, 633. -- Der Aegide Admetos, Priester des Apollon Karneios auf Thera, stammt Lakedaimonos ek basileon. Kaibel, epigr. 191. 192. 2) Hier wäre des geist- und gedankenreichen Buches von Fustel
de Coulanges, La cite antique, zu gedenken, in welchem der Versuch gemacht wird, den Ahnencult, la religion du foyer et des ancetres, als die Wurzel aller höheren Religionsformen (bei den Griechen: nur dieser Theil des Buches geht uns hier an) nachzuweisen und zu zeigen, wie aus den Ahnencultgenossenschaften, von der Familie angefangen, in weiter und weiter gedehnten Kreisen sich umfassendere Gemeinschaften und aus diesen zuletzt die polis entwickelt habe, als höchster und weitester Staatsverband und Cultverein zugleich. Der Beweis seiner Vorstellung liegt dem Ver- fasser jenes Buches wohl eigentlich in der schlichten Folgerichtigkeit, mit der sich die Einrichtungen und, soweit sie bekannt ist, die Entwicklung des Privatrechts und auch des öffentlichen Rechts aus den von ihm zu- nächst als Postulate aufgestellten Anfangssätzen ableiten liessen. Ein wirklich historischer Beweis, der nicht von den Folgen auf die Ursachen schliessen müsste, sondern aus bekannten Anfängen zu thatsächlich vor- liegenden Entwicklungsstufen fortschreiten könnte, war freilich nicht zu führen. Die ganze Entwicklung müsste ja schon abgeschlossen sein, wo unsere Kenntniss erst anfängt: denn Homer zeigt sowohl die polis sammt ihren Unterabtheilungen (krin andras kata phula kata phretras, Agamem- non) als die Götterreligion völlig gereift und ausgebildet. Es thut der Anerkennung der fruchtbaren Gedanken des Buches keinen Eintrag, wenn Angehörigen adlicher Geschlechter (die z. Th., wie die atheni- 1] Εὐπατρίδαι, οἱ — μετέχοντες τοῦ βασιλικοῦ γένους. Etym. M. 395, 50. — So die Bakchiaden in Korinth Nachkommen des königlichen Geschlechts aus dem Hause des Bakchis. Die Βασιλίδαι, oligarchisch regierende Adels- familien in Ephesos (Aelian fr. 48), Erythrae (Aristot. Polit. 1305 b, 19), vielleicht auch in Chios (s. Gilbert, Gr. Alt. 2, 153) haben wohl auch ihren Stammbaum auf die alten Könige in jenen ionischen Städten zurück- geführt. Ehren der ἐκ τοῦ γένους des Androklos Stammenden zu Ephesos: Strabo 14, 633. — Der Aegide Admetos, Priester des Apollon Karneios auf Thera, stammt Λακεδαίμονος ἐκ βασιλήων. Kaibel, epigr. 191. 192. 2) Hier wäre des geist- und gedankenreichen Buches von Fustel
de Coulanges, La cité antique, zu gedenken, in welchem der Versuch gemacht wird, den Ahnencult, la religion du foyer et des ancêtres, als die Wurzel aller höheren Religionsformen (bei den Griechen: nur dieser Theil des Buches geht uns hier an) nachzuweisen und zu zeigen, wie aus den Ahnencultgenossenschaften, von der Familie angefangen, in weiter und weiter gedehnten Kreisen sich umfassendere Gemeinschaften und aus diesen zuletzt die πόλις entwickelt habe, als höchster und weitester Staatsverband und Cultverein zugleich. Der Beweis seiner Vorstellung liegt dem Ver- fasser jenes Buches wohl eigentlich in der schlichten Folgerichtigkeit, mit der sich die Einrichtungen und, soweit sie bekannt ist, die Entwicklung des Privatrechts und auch des öffentlichen Rechts aus den von ihm zu- nächst als Postulate aufgestellten Anfangssätzen ableiten liessen. Ein wirklich historischer Beweis, der nicht von den Folgen auf die Ursachen schliessen müsste, sondern aus bekannten Anfängen zu thatsächlich vor- liegenden Entwicklungsstufen fortschreiten könnte, war freilich nicht zu führen. Die ganze Entwicklung müsste ja schon abgeschlossen sein, wo unsere Kenntniss erst anfängt: denn Homer zeigt sowohl die πόλις sammt ihren Unterabtheilungen (κρῖν̕ ἄνδρας κατἀ φῦλα κατἀ φρήτρας, Ἀγάμεμ- νον) als die Götterreligion völlig gereift und ausgebildet. Es thut der Anerkennung der fruchtbaren Gedanken des Buches keinen Eintrag, wenn <TEI> <text> <body> <div n="1"> <div n="2"> <p><pb facs="#f0172" n="156"/> Angehörigen adlicher Geschlechter (die z. Th., wie die atheni-<lb/> schen Eupatriden, ihre Stammbäume auf alte Könige zurück-<lb/> führten <note place="foot" n="1]">Εὐπατρίδαι, οἱ — μετέχοντες τοῦ βασιλικοῦ γένους. Etym. M. 395, 50.<lb/> — So die Bakchiaden in Korinth Nachkommen des königlichen Geschlechts<lb/> aus dem Hause des Bakchis. Die Βασιλίδαι, oligarchisch regierende Adels-<lb/> familien in Ephesos (Aelian <hi rendition="#i">fr.</hi> 48), Erythrae (Aristot. <hi rendition="#i">Polit.</hi> 1305 b, 19),<lb/> vielleicht auch in Chios (s. Gilbert, <hi rendition="#i">Gr. Alt.</hi> 2, 153) haben wohl auch<lb/> ihren Stammbaum auf die alten Könige in jenen ionischen Städten zurück-<lb/> geführt. Ehren der ἐκ τοῦ γένους des Androklos Stammenden zu Ephesos:<lb/> Strabo 14, 633. — Der Aegide Admetos, Priester des Apollon Karneios<lb/> auf Thera, stammt Λακεδαίμονος ἐκ βασιλήων. Kaibel, <hi rendition="#i">epigr.</hi> 191. 192.</note>) werden einen Ahnencult aus alter Zeit erhalten<lb/> haben. Wie von allem nichtstaatlichen Culte, erfahren wir von<lb/> dem Culte der alten durch Verwandtschaft und Verschwägerung<lb/> verknüpften Geschlechtsverbände (γένη, πάτραι) wenig. Aber,<lb/> wie aus ihrem Zusammenwachsen die Dorfgemeinde und end-<lb/> lich der Organismus der griechischen Polis entstanden ist, so<lb/> hat auch der Cult, den sie den Ahnen ihrer Geschlechtsgemein-<lb/> schaft widmeten, für die mannichfachen Verbände, in welche<lb/> der voll entwickelte Staat zerfiel, ein Vorbild abgegeben <note xml:id="seg2pn_42_1" next="#seg2pn_42_2" place="foot" n="2)">Hier wäre des geist- und gedankenreichen Buches von <hi rendition="#g">Fustel<lb/> de Coulanges</hi>, <hi rendition="#i">La cité antique</hi>, zu gedenken, in welchem der Versuch<lb/> gemacht wird, den Ahnencult, <hi rendition="#i">la religion du foyer et des ancêtres</hi>, als die<lb/> Wurzel aller höheren Religionsformen (bei den Griechen: nur dieser Theil<lb/> des Buches geht uns hier an) nachzuweisen und zu zeigen, wie aus den<lb/> Ahnencultgenossenschaften, von der Familie angefangen, in weiter und<lb/> weiter gedehnten Kreisen sich umfassendere Gemeinschaften und aus diesen<lb/> zuletzt die πόλις entwickelt habe, als höchster und weitester Staatsverband<lb/> und Cultverein zugleich. Der Beweis seiner Vorstellung liegt dem Ver-<lb/> fasser jenes Buches wohl eigentlich in der schlichten Folgerichtigkeit, mit<lb/> der sich die Einrichtungen und, soweit sie bekannt ist, die Entwicklung<lb/> des Privatrechts und auch des öffentlichen Rechts aus den von ihm zu-<lb/> nächst als Postulate aufgestellten Anfangssätzen ableiten liessen. Ein<lb/> wirklich historischer Beweis, der nicht von den Folgen auf die Ursachen<lb/> schliessen müsste, sondern aus bekannten Anfängen zu thatsächlich vor-<lb/> liegenden Entwicklungsstufen fortschreiten könnte, war freilich nicht zu<lb/> führen. Die ganze Entwicklung müsste ja schon abgeschlossen sein, wo<lb/> unsere Kenntniss erst anfängt: denn Homer zeigt sowohl die πόλις sammt<lb/> ihren Unterabtheilungen (κρῖν̕ ἄνδρας κατἀ φῦλα κατἀ φρήτρας, Ἀγάμεμ-<lb/> νον) als die Götterreligion völlig gereift und ausgebildet. Es thut der<lb/> Anerkennung der fruchtbaren Gedanken des Buches keinen Eintrag, wenn</note>.</p> </div><lb/> </div> </body> </text> </TEI> [156/0172]
Angehörigen adlicher Geschlechter (die z. Th., wie die atheni-
schen Eupatriden, ihre Stammbäume auf alte Könige zurück-
führten 1]) werden einen Ahnencult aus alter Zeit erhalten
haben. Wie von allem nichtstaatlichen Culte, erfahren wir von
dem Culte der alten durch Verwandtschaft und Verschwägerung
verknüpften Geschlechtsverbände (γένη, πάτραι) wenig. Aber,
wie aus ihrem Zusammenwachsen die Dorfgemeinde und end-
lich der Organismus der griechischen Polis entstanden ist, so
hat auch der Cult, den sie den Ahnen ihrer Geschlechtsgemein-
schaft widmeten, für die mannichfachen Verbände, in welche
der voll entwickelte Staat zerfiel, ein Vorbild abgegeben 2).
1] Εὐπατρίδαι, οἱ — μετέχοντες τοῦ βασιλικοῦ γένους. Etym. M. 395, 50.
— So die Bakchiaden in Korinth Nachkommen des königlichen Geschlechts
aus dem Hause des Bakchis. Die Βασιλίδαι, oligarchisch regierende Adels-
familien in Ephesos (Aelian fr. 48), Erythrae (Aristot. Polit. 1305 b, 19),
vielleicht auch in Chios (s. Gilbert, Gr. Alt. 2, 153) haben wohl auch
ihren Stammbaum auf die alten Könige in jenen ionischen Städten zurück-
geführt. Ehren der ἐκ τοῦ γένους des Androklos Stammenden zu Ephesos:
Strabo 14, 633. — Der Aegide Admetos, Priester des Apollon Karneios
auf Thera, stammt Λακεδαίμονος ἐκ βασιλήων. Kaibel, epigr. 191. 192.
2) Hier wäre des geist- und gedankenreichen Buches von Fustel
de Coulanges, La cité antique, zu gedenken, in welchem der Versuch
gemacht wird, den Ahnencult, la religion du foyer et des ancêtres, als die
Wurzel aller höheren Religionsformen (bei den Griechen: nur dieser Theil
des Buches geht uns hier an) nachzuweisen und zu zeigen, wie aus den
Ahnencultgenossenschaften, von der Familie angefangen, in weiter und
weiter gedehnten Kreisen sich umfassendere Gemeinschaften und aus diesen
zuletzt die πόλις entwickelt habe, als höchster und weitester Staatsverband
und Cultverein zugleich. Der Beweis seiner Vorstellung liegt dem Ver-
fasser jenes Buches wohl eigentlich in der schlichten Folgerichtigkeit, mit
der sich die Einrichtungen und, soweit sie bekannt ist, die Entwicklung
des Privatrechts und auch des öffentlichen Rechts aus den von ihm zu-
nächst als Postulate aufgestellten Anfangssätzen ableiten liessen. Ein
wirklich historischer Beweis, der nicht von den Folgen auf die Ursachen
schliessen müsste, sondern aus bekannten Anfängen zu thatsächlich vor-
liegenden Entwicklungsstufen fortschreiten könnte, war freilich nicht zu
führen. Die ganze Entwicklung müsste ja schon abgeschlossen sein, wo
unsere Kenntniss erst anfängt: denn Homer zeigt sowohl die πόλις sammt
ihren Unterabtheilungen (κρῖν̕ ἄνδρας κατἀ φῦλα κατἀ φρήτρας, Ἀγάμεμ-
νον) als die Götterreligion völlig gereift und ausgebildet. Es thut der
Anerkennung der fruchtbaren Gedanken des Buches keinen Eintrag, wenn
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