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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Gedankengeschöpfe verfallen konnte. Die Nachbildung lässt
ein Urbild, das Symbol das gleichzeitige oder frühere Vor-
handensein der entsprechenden Wirklichkeit voraussetzen. Wir
wüssten gewiss mehr von dem Ahnencult in alten Königs-
geschlechtern, wenn nicht in fast allen griechischen Staaten das
Königthum frühzeitig verdrängt und seine Spuren verwischt
worden wären. Einzig Sparta mag uns eine Vorstellung geben
von dem, was einst an allen Sitzen königlicher Herrschaft her-
kömmlich sein mochte. Starb dort ein König, so wurde seine
Leichenfeier mit ausschweifendem Prunke begangen, sein Leich-
nam (den man, selbst wenn der Tod in der Fremde eingetreten
war, einbalsamirte und nach Sparta brachte) bei den Todten
seines Geschlechts beigesetzt, und Ehren dem Verstorbenen
erwiesen, nach Xenophons Worten, nicht wie einem Menschen,
sondern als einem Heros 1). Hier haben wir, in einem unfrag-
lich aus hoher Vorzeit fortgepflanzten Brauch, die Grundlage
für die Heroisirung der Todten fürstlicher Familien. Auch die

1) Die feierliche Ansage des Todesfalles, das katamiainesthai der dazu
Berufenen, die Versammlung von Spartiaten, Periöken und Heloten (vgl.
Tyrtacus fr. 7) mit ihren Weibern zu Tausenden, die gewaltige Leichen-
klage und die Lobpreisung des Todten, die Trauer (10 Tage lang kein
Marktverkehr u. s. w.): dies Alles schildert Herodot 6, 58. Er vergleicht
diese so grossartige Leichenfeier mit dem, bei Bestattung eines asiatischen
(persischen) Königs üblichen Prunk. Oukh os anthropous all os eroas tous
Lakedaimonion basileis protetimekasin (die lykurgischen nomoi durch diese
Leichenfeier): Xen. resp. Lac. 15, 9. König Agis I. etukhe semnoteras e
kat anthropon taphes. Xen. Hell. 3, 3, 1. -- Eine besondere Vornahme
beim Begräbniss eines spartanischen Königs erwähnt Apollodor fr. 36. --
Einbalsamirung der Leichen der in der Fremde gestorbenen Könige:
Xen. Hell. 5, 3, 19; Diodor. 15, 93, 6; Nepos Ages. 8; Plut. Ages. 40. --
Grabstätte der (noch im Tode weit von einander getrennten) Königshäuser
der Agiaden und Eurypontiden: Paus. 3, 12, 8; 14, 2 (vgl. Bursian, Geogr.
2, 126). -- Uebrigens lässt auch bei Leichenfeiern für die heraklidischen
Könige in Korinth in alter Zeit Betheiligung des ganzen Volkes ver-
muthen, was von dem Zwang für die, Korinth unterworfenen Megarer,
zur Leichenfeier für einen König aus dem Geschlechte der Bakchiaden
nach Korinth zu kommen, erzählt wird. Schol. Pind. N. 7, 155 (vgl.
Bekk. Anecd. 281, 27 ff. Zenob. 5, 8; Diogenian. 6, 34). -- Auf Kreta
ton basileon kedeuomenon proegeito purrikhizon o stratos (wie an Patroklos'
Leichenfeier, Il. 23, 131 ff.): Aristoteles in Schol. Vict. Il. Ps 130.

Gedankengeschöpfe verfallen konnte. Die Nachbildung lässt
ein Urbild, das Symbol das gleichzeitige oder frühere Vor-
handensein der entsprechenden Wirklichkeit voraussetzen. Wir
wüssten gewiss mehr von dem Ahnencult in alten Königs-
geschlechtern, wenn nicht in fast allen griechischen Staaten das
Königthum frühzeitig verdrängt und seine Spuren verwischt
worden wären. Einzig Sparta mag uns eine Vorstellung geben
von dem, was einst an allen Sitzen königlicher Herrschaft her-
kömmlich sein mochte. Starb dort ein König, so wurde seine
Leichenfeier mit ausschweifendem Prunke begangen, sein Leich-
nam (den man, selbst wenn der Tod in der Fremde eingetreten
war, einbalsamirte und nach Sparta brachte) bei den Todten
seines Geschlechts beigesetzt, und Ehren dem Verstorbenen
erwiesen, nach Xenophons Worten, nicht wie einem Menschen,
sondern als einem Heros 1). Hier haben wir, in einem unfrag-
lich aus hoher Vorzeit fortgepflanzten Brauch, die Grundlage
für die Heroisirung der Todten fürstlicher Familien. Auch die

1) Die feierliche Ansage des Todesfalles, das καταμιαίνεσϑαι der dazu
Berufenen, die Versammlung von Spartiaten, Periöken und Heloten (vgl.
Tyrtacus fr. 7) mit ihren Weibern zu Tausenden, die gewaltige Leichen-
klage und die Lobpreisung des Todten, die Trauer (10 Tage lang kein
Marktverkehr u. s. w.): dies Alles schildert Herodot 6, 58. Er vergleicht
diese so grossartige Leichenfeier mit dem, bei Bestattung eines asiatischen
(persischen) Königs üblichen Prunk. Οὐχ ὡς ἀνϑρώπους ἀλλ̛ ὡς ἥρωας τοὺς
Λακεδαιμονίων βασιλεῖς προτετιμήκασιν (die lykurgischen νόμοι durch diese
Leichenfeier): Xen. resp. Lac. 15, 9. König Agis I. ἔτυχε σεμνοτέρας ἢ
κατ̕ ἄνϑρωπον ταφῆς. Xen. Hell. 3, 3, 1. — Eine besondere Vornahme
beim Begräbniss eines spartanischen Königs erwähnt Apollodor fr. 36. —
Einbalsamirung der Leichen der in der Fremde gestorbenen Könige:
Xen. Hell. 5, 3, 19; Diodor. 15, 93, 6; Nepos Ages. 8; Plut. Ages. 40. —
Grabstätte der (noch im Tode weit von einander getrennten) Königshäuser
der Agiaden und Eurypontiden: Paus. 3, 12, 8; 14, 2 (vgl. Bursian, Geogr.
2, 126). — Uebrigens lässt auch bei Leichenfeiern für die heraklidischen
Könige in Korinth in alter Zeit Betheiligung des ganzen Volkes ver-
muthen, was von dem Zwang für die, Korinth unterworfenen Megarer,
zur Leichenfeier für einen König aus dem Geschlechte der Bakchiaden
nach Korinth zu kommen, erzählt wird. Schol. Pind. N. 7, 155 (vgl.
Bekk. Anecd. 281, 27 ff. Zenob. 5, 8; Diogenian. 6, 34). — Auf Kreta
τῶν βασιλέων κηδευομένων προηγεῖτο πυρριχίζων ὁ στρατός (wie an Patroklos’
Leichenfeier, Il. 23, 131 ff.): Aristoteles in Schol. Vict. Il. Ψ 130.
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[155/0171] Gedankengeschöpfe verfallen konnte. Die Nachbildung lässt ein Urbild, das Symbol das gleichzeitige oder frühere Vor- handensein der entsprechenden Wirklichkeit voraussetzen. Wir wüssten gewiss mehr von dem Ahnencult in alten Königs- geschlechtern, wenn nicht in fast allen griechischen Staaten das Königthum frühzeitig verdrängt und seine Spuren verwischt worden wären. Einzig Sparta mag uns eine Vorstellung geben von dem, was einst an allen Sitzen königlicher Herrschaft her- kömmlich sein mochte. Starb dort ein König, so wurde seine Leichenfeier mit ausschweifendem Prunke begangen, sein Leich- nam (den man, selbst wenn der Tod in der Fremde eingetreten war, einbalsamirte und nach Sparta brachte) bei den Todten seines Geschlechts beigesetzt, und Ehren dem Verstorbenen erwiesen, nach Xenophons Worten, nicht wie einem Menschen, sondern als einem Heros 1). Hier haben wir, in einem unfrag- lich aus hoher Vorzeit fortgepflanzten Brauch, die Grundlage für die Heroisirung der Todten fürstlicher Familien. Auch die 1) Die feierliche Ansage des Todesfalles, das καταμιαίνεσϑαι der dazu Berufenen, die Versammlung von Spartiaten, Periöken und Heloten (vgl. Tyrtacus fr. 7) mit ihren Weibern zu Tausenden, die gewaltige Leichen- klage und die Lobpreisung des Todten, die Trauer (10 Tage lang kein Marktverkehr u. s. w.): dies Alles schildert Herodot 6, 58. Er vergleicht diese so grossartige Leichenfeier mit dem, bei Bestattung eines asiatischen (persischen) Königs üblichen Prunk. Οὐχ ὡς ἀνϑρώπους ἀλλ̛ ὡς ἥρωας τοὺς Λακεδαιμονίων βασιλεῖς προτετιμήκασιν (die lykurgischen νόμοι durch diese Leichenfeier): Xen. resp. Lac. 15, 9. König Agis I. ἔτυχε σεμνοτέρας ἢ κατ̕ ἄνϑρωπον ταφῆς. Xen. Hell. 3, 3, 1. — Eine besondere Vornahme beim Begräbniss eines spartanischen Königs erwähnt Apollodor fr. 36. — Einbalsamirung der Leichen der in der Fremde gestorbenen Könige: Xen. Hell. 5, 3, 19; Diodor. 15, 93, 6; Nepos Ages. 8; Plut. Ages. 40. — Grabstätte der (noch im Tode weit von einander getrennten) Königshäuser der Agiaden und Eurypontiden: Paus. 3, 12, 8; 14, 2 (vgl. Bursian, Geogr. 2, 126). — Uebrigens lässt auch bei Leichenfeiern für die heraklidischen Könige in Korinth in alter Zeit Betheiligung des ganzen Volkes ver- muthen, was von dem Zwang für die, Korinth unterworfenen Megarer, zur Leichenfeier für einen König aus dem Geschlechte der Bakchiaden nach Korinth zu kommen, erzählt wird. Schol. Pind. N. 7, 155 (vgl. Bekk. Anecd. 281, 27 ff. Zenob. 5, 8; Diogenian. 6, 34). — Auf Kreta τῶν βασιλέων κηδευομένων προηγεῖτο πυρριχίζων ὁ στρατός (wie an Patroklos’ Leichenfeier, Il. 23, 131 ff.): Aristoteles in Schol. Vict. Il. Ψ 130.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 155. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/171>, abgerufen am 24.11.2024.