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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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Es fehlt ihm freilich eine wesentliche Eigenschaft solcher Erd-
geister: die Gebundenheit an die bestimmte Stätte. Eine unter-
nehmende Priesterschaft hatte seinen Dienst weit verbreitet und
damit den Asklepios selbst an vielen Orten heimisch gemacht.

Ihm, dem Zeus Asklepios, auf's Innigste verwandt, aber
ihrem ursprünglichen Charakter treuer geblieben sind jene böoti-
schen Erdgeister, von denen unsere Betrachtung ausging. Tro-
phonios, aber auch Amphiaraos, könnte man einen am Boden
und in seiner alten Höhlenbehausung haften gebliebenen As-
klepios nennen 1). Auch sie, Amphiaraos und Trophonios, sind
zu sterblichen Menschen der Vorzeit geworden in der Phantasie
einer Zeit, welche die wahre Art solcher Höhlengeister nicht
mehr fasste; aber man hat nie von ihren "Gräbern" geredet,
weil die Zeit, die sie heroisirte, noch nichts wusste von mensch-
lichen Helden, die, gestorben und begraben, dennoch lebendig
und wirksam geblieben wären. Der Glaube aber an die ununter-
brochene Wirksamkeit war es, der jene seltsamen Höhlengötter
im Gedächtniss der Menschen erhielt. Sie gelten der epischen
und vom Epos inspirirten Sage als menschliche Wesen, nicht
gestorben, sondern ohne Trennung von Leib und Seele in die

opfer, das ihm (von Sokrates vor seinem Abscheiden in die Unterwelt)
dargebracht wird, wie sonst den Heroen. So sind auch eroa in Athen
von Asklepiospriestern begangen worden (C. I. Att. 2, 453 b): vgl. Köhler,
Mitth. d. arch. Inst. 2, 245 f. (Opfergrube, bothros für chthonischen Dienst
im Asklepieion zu Athen? s. Köhler, ebend. 254).
1) Verwandtschaft des Amphiaraos mit Asklepios zeigt sich auch
darin, dass man Iaso, eine der um Asklepios gruppirten allegorischen
Gestalten, wie gewöhnlich zur Tochter des Asklepios (u. A. Etym. M.
434, 17: Iaso mit Sylburg), so auch wohl zur Tochter des Amphiaraos
machte: Schol. Arist. Plut. 701. Hesych. s. v. (Ihr Bild in seinem
Tempel zu Oropos: Paus. 1, 24, 3.) So ist auch Alkandros, der Sohn
des Trophonios (Charax. Schol. Ar. Nub. 508) wohl nicht verschieden
von Alkon, dem Asklepiadischen Dämon, dessen Priester Sophokles war.
Die Bilder des Trophonios hatten den Typus der Asklepiosstatuen: Paus. 9,
39, 3. 4. Troph., Sohn des Valens = Ischys und der Koronis, Bruder des
Asklepios: Cic. n. d. 3, § 56 nach den theologi. Mit Grund, eben der
innerlichen Verwandtschaft wegen, nennt neben einander Trophonios, Am-
phiaraos, Amphilochos und die Asklepiaden Aristides orat. I p. 78
Dindf.

Es fehlt ihm freilich eine wesentliche Eigenschaft solcher Erd-
geister: die Gebundenheit an die bestimmte Stätte. Eine unter-
nehmende Priesterschaft hatte seinen Dienst weit verbreitet und
damit den Asklepios selbst an vielen Orten heimisch gemacht.

Ihm, dem Zeus Asklepios, auf’s Innigste verwandt, aber
ihrem ursprünglichen Charakter treuer geblieben sind jene böoti-
schen Erdgeister, von denen unsere Betrachtung ausging. Tro-
phonios, aber auch Amphiaraos, könnte man einen am Boden
und in seiner alten Höhlenbehausung haften gebliebenen As-
klepios nennen 1). Auch sie, Amphiaraos und Trophonios, sind
zu sterblichen Menschen der Vorzeit geworden in der Phantasie
einer Zeit, welche die wahre Art solcher Höhlengeister nicht
mehr fasste; aber man hat nie von ihren „Gräbern“ geredet,
weil die Zeit, die sie heroisirte, noch nichts wusste von mensch-
lichen Helden, die, gestorben und begraben, dennoch lebendig
und wirksam geblieben wären. Der Glaube aber an die ununter-
brochene Wirksamkeit war es, der jene seltsamen Höhlengötter
im Gedächtniss der Menschen erhielt. Sie gelten der epischen
und vom Epos inspirirten Sage als menschliche Wesen, nicht
gestorben, sondern ohne Trennung von Leib und Seele in die

opfer, das ihm (von Sokrates vor seinem Abscheiden in die Unterwelt)
dargebracht wird, wie sonst den Heroen. So sind auch ἡρῷα in Athen
von Asklepiospriestern begangen worden (C. I. Att. 2, 453 b): vgl. Köhler,
Mitth. d. arch. Inst. 2, 245 f. (Opfergrube, βόϑρος für chthonischen Dienst
im Asklepieion zu Athen? s. Köhler, ebend. 254).
1) Verwandtschaft des Amphiaraos mit Asklepios zeigt sich auch
darin, dass man Iaso, eine der um Asklepios gruppirten allegorischen
Gestalten, wie gewöhnlich zur Tochter des Asklepios (u. A. Etym. M.
434, 17: Ἰασώ mit Sylburg), so auch wohl zur Tochter des Amphiaraos
machte: Schol. Arist. Plut. 701. Hesych. s. v. (Ihr Bild in seinem
Tempel zu Oropos: Paus. 1, 24, 3.) So ist auch Ἄλκανδρος, der Sohn
des Trophonios (Charax. Schol. Ar. Nub. 508) wohl nicht verschieden
von Ἄλκων, dem Asklepiadischen Dämon, dessen Priester Sophokles war.
Die Bilder des Trophonios hatten den Typus der Asklepiosstatuen: Paus. 9,
39, 3. 4. Troph., Sohn des Valens = Ischys und der Koronis, Bruder des
Asklepios: Cic. n. d. 3, § 56 nach den theologi. Mit Grund, eben der
innerlichen Verwandtschaft wegen, nennt neben einander Trophonios, Am-
phiaraos, Amphilochos und die Asklepiaden Aristides orat. I p. 78
Dindf.
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[134/0150] Es fehlt ihm freilich eine wesentliche Eigenschaft solcher Erd- geister: die Gebundenheit an die bestimmte Stätte. Eine unter- nehmende Priesterschaft hatte seinen Dienst weit verbreitet und damit den Asklepios selbst an vielen Orten heimisch gemacht. Ihm, dem Zeus Asklepios, auf’s Innigste verwandt, aber ihrem ursprünglichen Charakter treuer geblieben sind jene böoti- schen Erdgeister, von denen unsere Betrachtung ausging. Tro- phonios, aber auch Amphiaraos, könnte man einen am Boden und in seiner alten Höhlenbehausung haften gebliebenen As- klepios nennen 1). Auch sie, Amphiaraos und Trophonios, sind zu sterblichen Menschen der Vorzeit geworden in der Phantasie einer Zeit, welche die wahre Art solcher Höhlengeister nicht mehr fasste; aber man hat nie von ihren „Gräbern“ geredet, weil die Zeit, die sie heroisirte, noch nichts wusste von mensch- lichen Helden, die, gestorben und begraben, dennoch lebendig und wirksam geblieben wären. Der Glaube aber an die ununter- brochene Wirksamkeit war es, der jene seltsamen Höhlengötter im Gedächtniss der Menschen erhielt. Sie gelten der epischen und vom Epos inspirirten Sage als menschliche Wesen, nicht gestorben, sondern ohne Trennung von Leib und Seele in die 2) 1) Verwandtschaft des Amphiaraos mit Asklepios zeigt sich auch darin, dass man Iaso, eine der um Asklepios gruppirten allegorischen Gestalten, wie gewöhnlich zur Tochter des Asklepios (u. A. Etym. M. 434, 17: Ἰασώ mit Sylburg), so auch wohl zur Tochter des Amphiaraos machte: Schol. Arist. Plut. 701. Hesych. s. v. (Ihr Bild in seinem Tempel zu Oropos: Paus. 1, 24, 3.) So ist auch Ἄλκανδρος, der Sohn des Trophonios (Charax. Schol. Ar. Nub. 508) wohl nicht verschieden von Ἄλκων, dem Asklepiadischen Dämon, dessen Priester Sophokles war. Die Bilder des Trophonios hatten den Typus der Asklepiosstatuen: Paus. 9, 39, 3. 4. Troph., Sohn des Valens = Ischys und der Koronis, Bruder des Asklepios: Cic. n. d. 3, § 56 nach den theologi. Mit Grund, eben der innerlichen Verwandtschaft wegen, nennt neben einander Trophonios, Am- phiaraos, Amphilochos und die Asklepiaden Aristides orat. I p. 78 Dindf. 2) opfer, das ihm (von Sokrates vor seinem Abscheiden in die Unterwelt) dargebracht wird, wie sonst den Heroen. So sind auch ἡρῷα in Athen von Asklepiospriestern begangen worden (C. I. Att. 2, 453 b): vgl. Köhler, Mitth. d. arch. Inst. 2, 245 f. (Opfergrube, βόϑρος für chthonischen Dienst im Asklepieion zu Athen? s. Köhler, ebend. 254).

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 134. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/150>, abgerufen am 24.11.2024.