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Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894.

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von ihnen nicht etwa Hülfe im täglichen Leben des Einzelnen
oder des Staates; nur an der Stätte ihrer Niederfahrt waren
sie wirksam, und auch da nur, indem sie die Zukunft enthüllten.
Unter den berühmtesten Orakelgöttern 1) liess schon Kroesos,
nachher Mardonios den Amphiaraos an seiner alten Orakel-
stätte bei Theben, den Trophonios bei Lebadea befragen.
Von Amphiaraos glaubte man, er verkündige durch Traum-
gesichte die Zukunft denen, die sich, nach dargebrachten Opfern,
in seinem Tempel zum Schlafe niederlegten. Um Trophonios
zu befragen, fuhr man durch einen engen Schlund in seine
Höhle ein. Drinnen erwartete man, den Trophonios in Person
zu erblicken oder doch seine Weisungen zu hören 2). Er

Anrufung anderer katakhthonioi man auf die Erde schlägt: Il. 9, 568; vgl.
Paus. 8, 15, 3.
1) Viel ältere Wirksamkeit des Traumorakels des Trophonios setzt
die Geschichte von dessen Befragung durch die Boiotoi alontes upo Thrakon
bei Photius (Suid.) s. lusioi teletai voraus.
2) Trophonios selbst ist es, den man in der Höhle bei Lebadea zu
sehen erwartete. Der Hinabfahrende ist deomenos suggenesthai to dai-
monio (Max. Tyr. diss. 14, 2, p. 249 R.); man erforscht aus Opferzeichen,
ei de ton kationta eumenes kai ileos dexetai (Trophonios): Paus. 9, 39, 6.
Saon, der Entdecker des Orakels und Stifter des Cultes hat, in das man-
teion eingedrungen, offenbar dort den Trophonios in Person angetroffen:
ten ierourgian -- didakhthenai para tou Trophoniou phasi (Paus. 9, 40, 2).
Er wohnt, wird gesehen in der Orakelhöhle: Origen. c. Cels. 3, 34 p. 293/4
(Lomm.); 7, 35 p. 53; Aristid. I p. 78 Dind. Selbst der ungesalzene
rationalisirende Bericht über Trophonios in Schol. Ar. Nub. 508 p. 105b,
15 (Dübn.), Schol. Luc. d. mort. 3., Cosm. ad Greg. Naz. (Eudoc. Viol.
p. 682, 8) setzt noch körperliche Anwesenheit eines egkatoikesan daimonion
in der Trophonioshöhle voraus; ebenso lässt dies als die verbreitete An-
sicht erkennen Lucian dial. mort. 3, 2 durch die seltsame spöttische Fiction,
dass to theion emitomon des Trophonios, der selbst im Hades (zu dem nach
Lucian Necyom. 22 die Trophonioshöhle nur ein Eingang ist) ist, khra en
Boiotia. Man dachte also drunten dem Trophonios in seiner göttlichen Ge-
stalt zu begegnen, ganz so wie es mit naiver Deutlichkeit in einem ähnlichen
Fall Ampelius, l. mem. 8, 3 ausspricht: ibi (Argis in Epiro) Jovis templum
hyphonis
(unheilbar entstellt; Trophonii, ganz verkehrt, Duker), unde est ad
inferos descensus ad tollendas sortes: in quo loco dicuntur ii qui descenderunt
Jovem ipsum videre.
Oder man liess den Tr. in der Höhle in Schlangen-
gestalt wohnen, wie sie den Erdgöttern gewöhnlich ist. Nicht nur sind
ihm Schlangen ebenso wie dem Asklepios heilig (Paus. 9, 39, 3), wohnen

von ihnen nicht etwa Hülfe im täglichen Leben des Einzelnen
oder des Staates; nur an der Stätte ihrer Niederfahrt waren
sie wirksam, und auch da nur, indem sie die Zukunft enthüllten.
Unter den berühmtesten Orakelgöttern 1) liess schon Kroesos,
nachher Mardonios den Amphiaraos an seiner alten Orakel-
stätte bei Theben, den Trophonios bei Lebadea befragen.
Von Amphiaraos glaubte man, er verkündige durch Traum-
gesichte die Zukunft denen, die sich, nach dargebrachten Opfern,
in seinem Tempel zum Schlafe niederlegten. Um Trophonios
zu befragen, fuhr man durch einen engen Schlund in seine
Höhle ein. Drinnen erwartete man, den Trophonios in Person
zu erblicken oder doch seine Weisungen zu hören 2). Er

Anrufung anderer καταχϑόνιοι man auf die Erde schlägt: Il. 9, 568; vgl.
Paus. 8, 15, 3.
1) Viel ältere Wirksamkeit des Traumorakels des Trophonios setzt
die Geschichte von dessen Befragung durch die Βοιωτοὶ ἁλόντες ὑπὸ Θρᾳκῶν
bei Photius (Suid.) s. λύσιοι τελεταί voraus.
2) Trophonios selbst ist es, den man in der Höhle bei Lebadea zu
sehen erwartete. Der Hinabfahrende ist δεόμενος συγγενέσϑαι τῷ δαι-
μονίῳ (Max. Tyr. diss. 14, 2, p. 249 R.); man erforscht aus Opferzeichen,
εἰ δὴ τὸν κατιόντα εὐμενὴς καὶ ἵλεως δέξεται (Trophonios): Paus. 9, 39, 6.
Saon, der Entdecker des Orakels und Stifter des Cultes hat, in das μαν-
τεῖον eingedrungen, offenbar dort den Trophonios in Person angetroffen:
τὴν ἱερουργίαν — διδαχϑῆναι παρὰ τοῦ Τροφωνίου φασί (Paus. 9, 40, 2).
Er wohnt, wird gesehen in der Orakelhöhle: Origen. c. Cels. 3, 34 p. 293/4
(Lomm.); 7, 35 p. 53; Aristid. I p. 78 Dind. Selbst der ungesalzene
rationalisirende Bericht über Trophonios in Schol. Ar. Nub. 508 p. 105b,
15 (Dübn.), Schol. Luc. d. mort. 3., Cosm. ad Greg. Naz. (Eudoc. Viol.
p. 682, 8) setzt noch körperliche Anwesenheit eines ἐγκατοικῆσαν δαιμόνιον
in der Trophonioshöhle voraus; ebenso lässt dies als die verbreitete An-
sicht erkennen Lucian dial. mort. 3, 2 durch die seltsame spöttische Fiction,
dass τὸ ϑεῖον ἡμίτομον des Trophonios, der selbst im Hades (zu dem nach
Lucian Necyom. 22 die Trophonioshöhle nur ein Eingang ist) ist, χρᾷ ἐν
Βοιωτίᾳ. Man dachte also drunten dem Trophonios in seiner göttlichen Ge-
stalt zu begegnen, ganz so wie es mit naiver Deutlichkeit in einem ähnlichen
Fall Ampelius, l. mem. 8, 3 ausspricht: ibi (Argis in Epiro) Jovis templum
hyphonis
(unheilbar entstellt; Trophonii, ganz verkehrt, Duker), unde est ad
inferos descensus ad tollendas sortes: in quo loco dicuntur ii qui descenderunt
Jovem ipsum videre.
Oder man liess den Tr. in der Höhle in Schlangen-
gestalt wohnen, wie sie den Erdgöttern gewöhnlich ist. Nicht nur sind
ihm Schlangen ebenso wie dem Asklepios heilig (Paus. 9, 39, 3), wohnen
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[112/0128] von ihnen nicht etwa Hülfe im täglichen Leben des Einzelnen oder des Staates; nur an der Stätte ihrer Niederfahrt waren sie wirksam, und auch da nur, indem sie die Zukunft enthüllten. Unter den berühmtesten Orakelgöttern 1) liess schon Kroesos, nachher Mardonios den Amphiaraos an seiner alten Orakel- stätte bei Theben, den Trophonios bei Lebadea befragen. Von Amphiaraos glaubte man, er verkündige durch Traum- gesichte die Zukunft denen, die sich, nach dargebrachten Opfern, in seinem Tempel zum Schlafe niederlegten. Um Trophonios zu befragen, fuhr man durch einen engen Schlund in seine Höhle ein. Drinnen erwartete man, den Trophonios in Person zu erblicken oder doch seine Weisungen zu hören 2). Er 2) 1) Viel ältere Wirksamkeit des Traumorakels des Trophonios setzt die Geschichte von dessen Befragung durch die Βοιωτοὶ ἁλόντες ὑπὸ Θρᾳκῶν bei Photius (Suid.) s. λύσιοι τελεταί voraus. 2) Trophonios selbst ist es, den man in der Höhle bei Lebadea zu sehen erwartete. Der Hinabfahrende ist δεόμενος συγγενέσϑαι τῷ δαι- μονίῳ (Max. Tyr. diss. 14, 2, p. 249 R.); man erforscht aus Opferzeichen, εἰ δὴ τὸν κατιόντα εὐμενὴς καὶ ἵλεως δέξεται (Trophonios): Paus. 9, 39, 6. Saon, der Entdecker des Orakels und Stifter des Cultes hat, in das μαν- τεῖον eingedrungen, offenbar dort den Trophonios in Person angetroffen: τὴν ἱερουργίαν — διδαχϑῆναι παρὰ τοῦ Τροφωνίου φασί (Paus. 9, 40, 2). Er wohnt, wird gesehen in der Orakelhöhle: Origen. c. Cels. 3, 34 p. 293/4 (Lomm.); 7, 35 p. 53; Aristid. I p. 78 Dind. Selbst der ungesalzene rationalisirende Bericht über Trophonios in Schol. Ar. Nub. 508 p. 105b, 15 (Dübn.), Schol. Luc. d. mort. 3., Cosm. ad Greg. Naz. (Eudoc. Viol. p. 682, 8) setzt noch körperliche Anwesenheit eines ἐγκατοικῆσαν δαιμόνιον in der Trophonioshöhle voraus; ebenso lässt dies als die verbreitete An- sicht erkennen Lucian dial. mort. 3, 2 durch die seltsame spöttische Fiction, dass τὸ ϑεῖον ἡμίτομον des Trophonios, der selbst im Hades (zu dem nach Lucian Necyom. 22 die Trophonioshöhle nur ein Eingang ist) ist, χρᾷ ἐν Βοιωτίᾳ. Man dachte also drunten dem Trophonios in seiner göttlichen Ge- stalt zu begegnen, ganz so wie es mit naiver Deutlichkeit in einem ähnlichen Fall Ampelius, l. mem. 8, 3 ausspricht: ibi (Argis in Epiro) Jovis templum hyphonis (unheilbar entstellt; Trophonii, ganz verkehrt, Duker), unde est ad inferos descensus ad tollendas sortes: in quo loco dicuntur ii qui descenderunt Jovem ipsum videre. Oder man liess den Tr. in der Höhle in Schlangen- gestalt wohnen, wie sie den Erdgöttern gewöhnlich ist. Nicht nur sind ihm Schlangen ebenso wie dem Asklepios heilig (Paus. 9, 39, 3), wohnen 2) Anrufung anderer καταχϑόνιοι man auf die Erde schlägt: Il. 9, 568; vgl. Paus. 8, 15, 3.

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Zitationshilfe: Rohde, Erwin: Psyche. Seelencult und Unsterblichkeitsglaube der Griechen. Freiburg u. a., 1894, S. 112. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/rohde_psyche_1894/128>, abgerufen am 22.11.2024.