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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782.

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niß des Laurenbergs w) und Colers x), an 14
Arten Pflanzen zu erziehen. Sie wachsen
entweder von sich selbst, oder kommen von
Thränen der Pflanzen, welches aber nicht viel
geschiehet; in beyden scheint vielmehr ein
durch Zufall ausgestreuter Saame die Ursache.
Sie kannten ferner das Pflanzenziehen aus
Blumen und Blättern, aus Saamen, aus
den jungen Schössen der Wurzeln, sonderlich
bey Kirschen, Pflaumen und Rosen, aus den
Stücken von Wurzeln, wie z. B. bey Hopfen,
Süßholz, Saurach, Alant, Merrettig,
Schwertel, Calmus; aus abgerissenen Zwei-
gen, als bey den Weyden, Oelbäumen, Fei-
gen, Erlen, Maulbeeren. Man pflanzte
fort durch Einsenken, Anhenken, durch gebohr-
te Löcher in einen Weidenstamm, durch Im-
pfen oder Pfropfen, durch Aeugeln, durch Pfro-
pfen zwischen Rinde und Stamm, und durch
Ablaktation. Sie beobachteten hierbey aller-
hand Künsteleyen, z. B. sie erwarteten sehr
wohlschmeckendes Obst, wenn man bey dem
Pfropfen etwas gekaueten Zimmet oder Wür-
ze in die Ritze steckte, zwischen die zwey ein-
gesteckten Reiser. So glaubten sie es auch
durch ein wenig hineingethanes Blut schön-
roth färben zu können. Sie kannten Mittel,
alten und verdorreten Bäumen, an denen die

Herz-
w) Horticultura lib. 10.
x) l. c. p. 126.

niß des Laurenbergs w) und Colers x), an 14
Arten Pflanzen zu erziehen. Sie wachſen
entweder von ſich ſelbſt, oder kommen von
Thraͤnen der Pflanzen, welches aber nicht viel
geſchiehet; in beyden ſcheint vielmehr ein
durch Zufall ausgeſtreuter Saame die Urſache.
Sie kannten ferner das Pflanzenziehen aus
Blumen und Blaͤttern, aus Saamen, aus
den jungen Schoͤſſen der Wurzeln, ſonderlich
bey Kirſchen, Pflaumen und Roſen, aus den
Stuͤcken von Wurzeln, wie z. B. bey Hopfen,
Suͤßholz, Saurach, Alant, Merrettig,
Schwertel, Calmus; aus abgeriſſenen Zwei-
gen, als bey den Weyden, Oelbaͤumen, Fei-
gen, Erlen, Maulbeeren. Man pflanzte
fort durch Einſenken, Anhenken, durch gebohr-
te Loͤcher in einen Weidenſtamm, durch Im-
pfen oder Pfropfen, durch Aeugeln, durch Pfro-
pfen zwiſchen Rinde und Stamm, und durch
Ablaktation. Sie beobachteten hierbey aller-
hand Kuͤnſteleyen, z. B. ſie erwarteten ſehr
wohlſchmeckendes Obſt, wenn man bey dem
Pfropfen etwas gekaueten Zimmet oder Wuͤr-
ze in die Ritze ſteckte, zwiſchen die zwey ein-
geſteckten Reiſer. So glaubten ſie es auch
durch ein wenig hineingethanes Blut ſchoͤn-
roth faͤrben zu koͤnnen. Sie kannten Mittel,
alten und verdorreten Baͤumen, an denen die

Herz-
w) Horticultura lib. 10.
x) l. c. p. 126.
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[22/0032] niß des Laurenbergs w) und Colers x), an 14 Arten Pflanzen zu erziehen. Sie wachſen entweder von ſich ſelbſt, oder kommen von Thraͤnen der Pflanzen, welches aber nicht viel geſchiehet; in beyden ſcheint vielmehr ein durch Zufall ausgeſtreuter Saame die Urſache. Sie kannten ferner das Pflanzenziehen aus Blumen und Blaͤttern, aus Saamen, aus den jungen Schoͤſſen der Wurzeln, ſonderlich bey Kirſchen, Pflaumen und Roſen, aus den Stuͤcken von Wurzeln, wie z. B. bey Hopfen, Suͤßholz, Saurach, Alant, Merrettig, Schwertel, Calmus; aus abgeriſſenen Zwei- gen, als bey den Weyden, Oelbaͤumen, Fei- gen, Erlen, Maulbeeren. Man pflanzte fort durch Einſenken, Anhenken, durch gebohr- te Loͤcher in einen Weidenſtamm, durch Im- pfen oder Pfropfen, durch Aeugeln, durch Pfro- pfen zwiſchen Rinde und Stamm, und durch Ablaktation. Sie beobachteten hierbey aller- hand Kuͤnſteleyen, z. B. ſie erwarteten ſehr wohlſchmeckendes Obſt, wenn man bey dem Pfropfen etwas gekaueten Zimmet oder Wuͤr- ze in die Ritze ſteckte, zwiſchen die zwey ein- geſteckten Reiſer. So glaubten ſie es auch durch ein wenig hineingethanes Blut ſchoͤn- roth faͤrben zu koͤnnen. Sie kannten Mittel, alten und verdorreten Baͤumen, an denen die Herz- w) Horticultura lib. 10. x) l. c. p. 126.

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Zitationshilfe: Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 22. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/32>, abgerufen am 21.11.2024.