ihren untersten Enden ins Wasser. Das Pfropfen selbst geschahe im Frühlinge, ehe noch der Saft in starker Bewegung ist, oder wenn die Rinde losgehet, sonst ersäuft der allzusehr sich bewegende Saft das Reiß. Man that es am glücklichsten zehn bis zwölf Tage vor dem Triebe des Safts. Kurz vor dem Pfro- pfen schnitt man die Reißer zu, und je kürzer es vorher geschahe, desto besser gediehen sie, am besten die, die vor dem wirklichen Aufse- tzen zugeschnitten wurden. Man schnitt es, wie andere Pfropfreiser, die in den Spalt kom- men sollen, zu, nämlich keilförmig, auf der einen Seite zwey Zoll weit herab, daß das Mark heraussiehet, aber unverletzt bleibt, und auf der andern Seite die Rinde ist. Der Schnitt wurde so glatt und eben, als möglich, gemacht. Die Alten pfropften so lange, als die Reißer, ohne zu treiben, sich aufhalten ließen, vom ersten November bis zum ersten Junii.
Man grub den Stock, den man pfropfte, aus, und räumte ihn, schnitt die Thau- und Wasserwurzeln ab, sägte oder schnitt von dem Kopfe an der Stange oder dem Wurzelstam- me, wo er recht rund ist, ab, und machte es oben glatt und eben; spaltete hierauf, jedoch ohne Verletzung des Marks, mit einer Hape oben in der Mitte dieser Stange, zwey Zoll tief hinab, bis an den nächsten Knoten, steck- te das Reiß in den Spalt, so weit der Schnitt des Reißes gehet, hinein, so, daß Rinde und
Mark
ihren unterſten Enden ins Waſſer. Das Pfropfen ſelbſt geſchahe im Fruͤhlinge, ehe noch der Saft in ſtarker Bewegung iſt, oder wenn die Rinde losgehet, ſonſt erſaͤuft der allzuſehr ſich bewegende Saft das Reiß. Man that es am gluͤcklichſten zehn bis zwoͤlf Tage vor dem Triebe des Safts. Kurz vor dem Pfro- pfen ſchnitt man die Reißer zu, und je kuͤrzer es vorher geſchahe, deſto beſſer gediehen ſie, am beſten die, die vor dem wirklichen Aufſe- tzen zugeſchnitten wurden. Man ſchnitt es, wie andere Pfropfreiſer, die in den Spalt kom- men ſollen, zu, naͤmlich keilfoͤrmig, auf der einen Seite zwey Zoll weit herab, daß das Mark herausſiehet, aber unverletzt bleibt, und auf der andern Seite die Rinde iſt. Der Schnitt wurde ſo glatt und eben, als moͤglich, gemacht. Die Alten pfropften ſo lange, als die Reißer, ohne zu treiben, ſich aufhalten ließen, vom erſten November bis zum erſten Junii.
Man grub den Stock, den man pfropfte, aus, und raͤumte ihn, ſchnitt die Thau- und Waſſerwurzeln ab, ſaͤgte oder ſchnitt von dem Kopfe an der Stange oder dem Wurzelſtam- me, wo er recht rund iſt, ab, und machte es oben glatt und eben; ſpaltete hierauf, jedoch ohne Verletzung des Marks, mit einer Hape oben in der Mitte dieſer Stange, zwey Zoll tief hinab, bis an den naͤchſten Knoten, ſteck- te das Reiß in den Spalt, ſo weit der Schnitt des Reißes gehet, hinein, ſo, daß Rinde und
Mark
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ihren unterſten Enden ins Waſſer. Das
Pfropfen ſelbſt geſchahe im Fruͤhlinge, ehe noch
der Saft in ſtarker Bewegung iſt, oder wenn
die Rinde losgehet, ſonſt erſaͤuft der allzuſehr
ſich bewegende Saft das Reiß. Man that
es am gluͤcklichſten zehn bis zwoͤlf Tage vor
dem Triebe des Safts. Kurz vor dem Pfro-
pfen ſchnitt man die Reißer zu, und je kuͤrzer
es vorher geſchahe, deſto beſſer gediehen ſie,
am beſten die, die vor dem wirklichen Aufſe-
tzen zugeſchnitten wurden. Man ſchnitt es,
wie andere Pfropfreiſer, die in den Spalt kom-
men ſollen, zu, naͤmlich keilfoͤrmig, auf der
einen Seite zwey Zoll weit herab, daß das
Mark herausſiehet, aber unverletzt bleibt, und
auf der andern Seite die Rinde iſt. Der
Schnitt wurde ſo glatt und eben, als moͤglich,
gemacht. Die Alten pfropften ſo lange, als die
Reißer, ohne zu treiben, ſich aufhalten ließen,
vom erſten November bis zum erſten Junii.
Man grub den Stock, den man pfropfte,
aus, und raͤumte ihn, ſchnitt die Thau- und
Waſſerwurzeln ab, ſaͤgte oder ſchnitt von dem
Kopfe an der Stange oder dem Wurzelſtam-
me, wo er recht rund iſt, ab, und machte es
oben glatt und eben; ſpaltete hierauf, jedoch
ohne Verletzung des Marks, mit einer Hape
oben in der Mitte dieſer Stange, zwey Zoll
tief hinab, bis an den naͤchſten Knoten, ſteck-
te das Reiß in den Spalt, ſo weit der Schnitt
des Reißes gehet, hinein, ſo, daß Rinde und
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 178. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/188>, abgerufen am 24.11.2024.
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