Da dieses eine Nationalschrift über die Gartenkunst ist, so will ich dieselbe hier etwas ausführlich durchgehen. Herr Hirschfeld ma- chet zuerst einige allgemeine Bemerkungen. Er öffnet Aussichten in die Gärten der Alten und Neuen, untersucht den alten und neuen Gartengeschmack, betrachtet die Gartenkunst als schöne Kunst, und handelt zuletzt von der Bestimmung und Würde der Gärten. Er untersucht hierinnen vornehmlich den Ursprung der Gärten, und nimmt den Grundsatz an, daß der Geschmack an den Gärten sich desto mehr ausgebreitet, je mehr sich die heroischen Zeiten verloren. Könnte man nicht noch hinzu- setzen: und je mehr der Reichthum der Nation wuchs, und mit ihm der Luxus sich nahete, weil unter allen schönen Künsten unstreitig die Gartenkunst den größten Reichthum for- dert, da die Anlagen und Ausführungen der Gärten die größten Summen verlangen? Hr. Hirschfeld sucht zugleich zu erörtern, warum sie unter den schönen Künsten am spätesten ent- standen? "Es fehlten, sagt er t), der Gar- tenkunst die mächtigen Triebfedern, die für einige andere schöne Künste so wirksam wa- ren. Diese erhoben sich mit den großen republi- canischen Bestrebungen des Geistes, mit dem Kampf nach Freyheit, nach Herrschaft, nach
Ruhm
t) S. Theorie der Gartenkunst von C. C. Hirsch- feld, 1 Band Leipzig 1779. 4to S. 5.
Da dieſes eine Nationalſchrift uͤber die Gartenkunſt iſt, ſo will ich dieſelbe hier etwas ausfuͤhrlich durchgehen. Herr Hirſchfeld ma- chet zuerſt einige allgemeine Bemerkungen. Er oͤffnet Ausſichten in die Gaͤrten der Alten und Neuen, unterſucht den alten und neuen Gartengeſchmack, betrachtet die Gartenkunſt als ſchoͤne Kunſt, und handelt zuletzt von der Beſtimmung und Wuͤrde der Gaͤrten. Er unterſucht hierinnen vornehmlich den Urſprung der Gaͤrten, und nimmt den Grundſatz an, daß der Geſchmack an den Gaͤrten ſich deſto mehr ausgebreitet, je mehr ſich die heroiſchen Zeiten verloren. Koͤnnte man nicht noch hinzu- ſetzen: und je mehr der Reichthum der Nation wuchs, und mit ihm der Luxus ſich nahete, weil unter allen ſchoͤnen Kuͤnſten unſtreitig die Gartenkunſt den groͤßten Reichthum for- dert, da die Anlagen und Ausfuͤhrungen der Gaͤrten die groͤßten Summen verlangen? Hr. Hirſchfeld ſucht zugleich zu eroͤrtern, warum ſie unter den ſchoͤnen Kuͤnſten am ſpaͤteſten ent- ſtanden? „Es fehlten, ſagt er t), der Gar- tenkunſt die maͤchtigen Triebfedern, die fuͤr einige andere ſchoͤne Kuͤnſte ſo wirkſam wa- ren. Dieſe erhoben ſich mit den großen republi- caniſchen Beſtrebungen des Geiſtes, mit dem Kampf nach Freyheit, nach Herrſchaft, nach
Ruhm
t) S. Theorie der Gartenkunſt von C. C. Hirſch- feld, 1 Band Leipzig 1779. 4to S. 5.
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Da dieſes eine Nationalſchrift uͤber die
Gartenkunſt iſt, ſo will ich dieſelbe hier etwas
ausfuͤhrlich durchgehen. Herr Hirſchfeld ma-
chet zuerſt einige allgemeine Bemerkungen.
Er oͤffnet Ausſichten in die Gaͤrten der Alten
und Neuen, unterſucht den alten und neuen
Gartengeſchmack, betrachtet die Gartenkunſt
als ſchoͤne Kunſt, und handelt zuletzt von der
Beſtimmung und Wuͤrde der Gaͤrten. Er
unterſucht hierinnen vornehmlich den Urſprung
der Gaͤrten, und nimmt den Grundſatz an,
daß der Geſchmack an den Gaͤrten ſich deſto
mehr ausgebreitet, je mehr ſich die heroiſchen
Zeiten verloren. Koͤnnte man nicht noch hinzu-
ſetzen: und je mehr der Reichthum der Nation
wuchs, und mit ihm der Luxus ſich nahete,
weil unter allen ſchoͤnen Kuͤnſten unſtreitig
die Gartenkunſt den groͤßten Reichthum for-
dert, da die Anlagen und Ausfuͤhrungen der
Gaͤrten die groͤßten Summen verlangen? Hr.
Hirſchfeld ſucht zugleich zu eroͤrtern, warum ſie
unter den ſchoͤnen Kuͤnſten am ſpaͤteſten ent-
ſtanden? „Es fehlten, ſagt er t), der Gar-
tenkunſt die maͤchtigen Triebfedern, die fuͤr
einige andere ſchoͤne Kuͤnſte ſo wirkſam wa-
ren. Dieſe erhoben ſich mit den großen republi-
caniſchen Beſtrebungen des Geiſtes, mit dem
Kampf nach Freyheit, nach Herrſchaft, nach
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t) S. Theorie der Gartenkunſt von C. C. Hirſch-
feld, 1 Band Leipzig 1779. 4to S. 5.
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Rössig, Carl Gottlob: Versuch einer pragmatischen Geschichte der Ökonomie- Polizey- und Cameralwissenschaften. Deutschland. Bd. 2,1. Leipzig, 1782, S. 132. In: Deutsches Textarchiv <https://www.deutschestextarchiv.de/roessig_oekonomie02_1782/142>, abgerufen am 12.12.2024.
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